Flußkreuzfahrt: Immun gegen die Krise?

Mehr als 500 Containerschiffe liegen auf Reede, noch nie wurden so viele alte Schiffe verschrottet wie in diesem Jahr. Das sind die Symptome der Krise der Seeschiffahrt und des einstigen Wachstumssegments Containerschiffe. Vor diesem Hintergrund wird fieberhaft nach attraktiven Marktnischen gesucht. Nordcapital ist erfolgreich mit Plattformversorgungsschiffen, die man vorher als Fonds nicht kannte. Die Hamburgische Seehandlung setzt auf die Flußkreuzfahrt, die man für krisenresistent hält. Derzeit bietet der Hamburger Initiator den Fonds Flussfahrt 09 an, der in zwei Flußkreuzfahrtschiffe investiert, die auf einer darauf spezialisierten niederländischen Werft gebaut werden. Im Jahr 2010 sollen die Schiffe, die MS „Saar“ und MS „Mosel“, abgeliefert werden. Es ist der zweite Flusskreuzfahrtsfonds des Initiators, der im letzten Jahr „Flussfahrt 08″ platziert hatte. 

Die weltweiten Umsätze in der Flußkreuzfahrt, dem wachstumsstärksten Segment im Tourismus, kletterten in den letzten zehn Jahren von 132,3 (1999) auf 442,9 Millionen Euro im letzten Jahr. Deutschland stellt den drittgrößten Markt für Kreuzfahrten dar. Im Jahr 2008 konnte die Zahl der Passagiere in Deutschland um 14,8 Prozent gesteigert werden. Von Krise also keine Spur? Gewiß, man rechnet auch hier mit leichten Eintrübungen, aber die jüngsten Zahlen signalisieren, daß zumindest der 2008er Umsatz wieder erreicht wird.

Allerdings: Für gewisse Irritationen sorgte die Reederei Peter Deilmann, die auch in der Hochseekreuzschifffahrt (das ZDF-Traumschiff „MS Deutschland“ ist allerdings das einzige aber prestigeträchtige Schiff in diesem Segment) tätig ist: Im Juni erklärte die Holsteiner Reederei, daß sie künftig keine Flusskreuzfahrten mehr anbieten werde. Wegen des massiven Umsatzrückgangs meldete das Unternehmen für die Sparte Flußkreuzfahrt Insolvenz an. Begründet wurde der Umsatzrückgang (um rund 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr) mit dem Rückgang der Passagierzahlen als Folge der weltweiten Wirtschaftskrise. Ursprünglich gehörten neun Flusskreuzfahrtschiffe zur Deilmann-Flotte.

Auch hier muß aber offensichtlich wie bei Opel und Arcandor die Wirtschaftkrise herhalten, um individuelle Managementfehler zu kaschieren. Hinzu kamen häufige Managerwechsel im Bereich Flußkreuzfahrt (und damit verbunden Strategieänderungen) nach dem Tod des Firmengründers Peter Deilmann im Jahr 2003. Vor allem waren einige Schiffe der Deilmann- Flotte zu alt, um den hohen Ansprüchen des Publikums an 5- Sterne- Schiffe gerecht zu werden. Die Aufrechterhaltung dieses Standards auf so alten Schiffen ist sehr personalkostenintensiv. Sie hatten außerdem teilweise Abmessungen (103 Meter Länge), die einer optimalen Auslastung entgegenstanden. Mit 110 Meter Länge sind 24 zusätzliche Betten unterzubringen.

„Dagegen setzen wir auf moderne Schiffe, die dem heutigen 4-Sterne-Plus-Standard entsprechen,“ meint Thomas Ritter, Geschäftsführer des Emissionshauses Hamburgische Seehandlung. Die Schiffe sind zudem (für fünfeinhalb bzw. sechs Jahre) an die Tourama Ltd. fest verchartet. Dieses Unternehmen zählt zur Schweizer Globus-Gruppe, die sich zu den weltweit größten Reiseveranstaltern (Jahresumsatz über vier Milliarden Euro) zählt. Zudem besteht eine Verlängerungs­ option, an die ein Optionsrecht bei der Veräußerung gekoppelt ist, die verfallen würde, wenn die Charter nicht verlängert wird.

Der Anleger erzielt gewerbliche Einkünfte, für Flußkreuzfahrtschiffe kann allerdings nicht die Tonnagesteuer genutzt werden, die nur für Seeschiffe gilt. Aber von 2009 bis 2019 – elf Jahre lang –  fällt keine Einkommensteuer an. Insgesamt werden bis 2027 Ausschüttungen von 265,16 Prozent prognostiziert, davon sind 60,61 steuerpflichtig.

Marktführer bei Flußkreuzfahrtschiffen, die eine echte Marktnische bilden, ist die Münchner Premicon AG, die seit 1999 insgesamt zwölf  Flusskreuzfahrt-Fonds platziert hat. Im Augenblick bietet der Marktführer keinen Flußkreuzfahrtfonds an, hat aber bei der Stralsunder Volkswerft GmbH den Bau von sechs Flusskreuzfahrtschiffen in Auftrag gegeben, davon drei fest und drei als Option. Darin kommt gewiß auch das Vertrauen in die Flußkreuzfahrt zum Ausdruck. „Die aktuelle Finanzkrise zeigt erneut, dass der Flusskreuzfahrtenmarkt deutlich weniger konjunkturabhängig ist als andere Schifffahrtssegmente“, meint Alexander Nothegger, Vorstand der Premicon AG. Dies liege vor allem an der soziodemographischen Zusammensetzung der Zielgruppe (ältere und betuchte Menschen.) Die Auslieferung der Schiffe ist für den Zeitraum zwischen 2010 und 2012 geplant. Die Schiffe sind Modifikationen des bei Premicon entwickelten „TwinCruiser“-Konzepts, bei dem Fahrgast- und Antriebseinheit getrennet sind. Vorteil: Deutlich geringere Vibrationen und Motorengeräusche für die Passagiere.

Dr. Leo Fischer