Fonds-Check: Fonds will Gelegenheiten antizyklisch nutzen

 Hesse Newman kauft gebrauchte Schiffe mit zehn Prozent Rendite

 Schiffsfonds sind die Sorgenkinder im ohnehin arg angeschlagenen Markt geschlossener Fonds. Die Fondszeitung hat kürzlich ermittelt, dass 70 Beteiligungen frisches Kapital benötigen oder insolvenzgefährdet sind. Derzeit 16 Initiatoren verhandeln mit Banken und Anlegern, um eine Pleite abzuwenden. Darüber hinaus bereiten die Neubestellungen schlaflose Nächte, denn das Geschäft mit neuen Fonds liegt nahezu komplett am Boden. Mit gebrauchten Schiffen versuchen die Anbieter, diese Lücke zu schließen. Hesse Newman sammelt Kapital für seinen Fonds „Shipping Opprtunity“ ein. Die Gelegenheit für Zweitmarktfonds ist grundsätzlich günstig. Die Kurse für Second-Hand-Fonds sind um rund 30 Prozent niedriger als noch vor einem Jahr.

 

Markt: Das Geschäft mit geschlossenen Fonds ist so zyklisch wie alles am Kapitalanlagemarkt. So wie Aktionäre zu Höchstkursen einsteigen, kaufen Investoren auch gebrauchte Schiffsfonds vor allem dann, wenn sie teuer sind. So wechselten im Januar 2008 Anteile an einem MPC-Schiff zum Kurs von 246,70 Prozent des Nominalwertes den Besitzer. Der Durchschnittskurs aller damals 26 gehandelten Anteile von Norddeutsche Vermögen lag bei 130 Prozent. Und heute? Im Juli lag mit der Caribbean Sun von Lloyd Fonds nur ein Schiffskurs über 100 Prozent, die inzwischen 97 gehandelten Anteile der Norddeutschen Vermögen kosteten im Schnitt nur noch 86 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung spiegelt der DZX wider, ein Index, der die 50 meist gehandelten Fonds darstellt. Seit seinem Höchststand mit knapp 1.300 Punkten Anfang 2008 ist er nahezu kontinuierlich auf aktuell 900 Punkte abgesackt.

 

Objekte: Rund die Hälfte des Kapitals will Hesse Newman in Containerschiffe investieren, den Rest auf Bulker, Tanker und sonstige Schiffe verteilen. Insgesamt soll das Portfolio bei einem Volumen von 13,7 Millionen Euro 100 Schiffe umfassen. Vor allem bei Containerschiffen bis zu 2.500 TEU senden die Reedereien nach Angaben der Deutschen Zweitmarkt AG positive Signale. Dort sei ein spürbar steigendes Transportaufkommen zu verzeichnen. Verantwortlich dafür sei vor allem die Verschrottung alter Schiffe. In diesem Jahr sind rund 150 Schiffe mit insgesamt 275.000 TEU zur Verschrottung verkauft worden.

 

Kalkulation: Hesse Newman will ausschließlich Schiffsanteile kaufen, die eine jährliche Rendite von zehn Prozent erzielen. Das ist ein hoch gestecktes Ziel. Der Initiator erklärt jedoch dazu, dass der Fonds bereits eine Reihe von Gebraucht-Schiffen sogar zu besseren Konditionen eingekauft hat. Offenbar kaufen Anleger nicht nur zyklisch, sondern trennen sich auch wieder nach diesem Schema von ihren Investments. Die Prognoserechnung sieht Ausschüttungen von 7,5 Prozent jährlich vor. Insgesamt sollen Fondszeichner bei einer Laufzeit von zehn Jahren Rückflüsse von 175 Prozent erwirtschaften und damit ein Plus von 72 Prozent. Der „Shipping Opportunity“ ist als reiner Eigenkapitalfonds konzipiert. Die Zielbeteiligungen allerdings sind in der Regel fremd finanziert, unter Umständen auch mit Darlehen in Schweizer Franken oder japanischen Yen.

 

Weiche Kosten: Ein Pluspunkt des Fonds. Bei einem Agio von drei Prozent kann Hesse Newman 91 Prozent des Einsatzes für den Erwerb der Schiffsbeteiligungen verwenden. Vergütungen und Provisionen summieren sich auf 10,2 Prozent. Das ist günstig. Läuft es besser als kalkuliert, verdient de Initiator mit. Übersteigen die Erträge 7,5 Prozent, behält der Anbieter ein Viertel der Überschüsse, werden neun Prozent für die Anleger erreicht, die Hälfte. Damit können Anleger gut leben.

 

Anbieter: Hesse Newman ist ein junges Emissionshaus mit alter Historie. Es ging aus der Privatbank hervor, die 1777 in Hamburg gegründet wurde. Hauptgesellschafter der Hesse Newman Capital AG ist mit 75 Prozent der Aktien die SBW Schweizer Beteiligungs-Werte AG, ein Unternehmen der Mutschler-Gruppe. Vorstandsmitglieder sind Marc Drießen, vorher HGA Capital und Dr. Peters, und Marcus Simon, zuvor bei Lloyd Fonds und cash.life. Neu im Vorstand der Hesse Newman Zweitmarkt AG ist Guido Komatsu, ein erfahrener Experte für den Zweitmarkt.

 

Steuern: Die Tonnagesteuer gilt auch für Zweitmarktfonds, so dass die Ausschüttungen nahezu steuerfrei fließen.

 

Meiner Meinung nach… Wer heutzutage einen normalen Schiffsfonds verkaufen will, benötigt besondere Argumente: Einen lang laufenden Chartervertrag mit einem über alle Zweifel erhabenen Charterer. Einen besonders günstigen Kaufpreis. Eine außergewöhnliche Story, zum Beispiel über einen chancenreichen Nischenmarkt. Das jedoch sind eher die Ausnahmen. Zweitmarktfonds mit ihrer Vielzahl von Schifftypen, Charterern und Laufzeiten verteilen das Risiko. Außerdem erscheint die aktuelle Gelegenheit mit den gesunkenen Kursen günstig. Die niedrigen Weichkosten erhöhen die Chance auf einen Investitionserfolg. Entscheidend ist, dass es ausreichend Angebote gibt, die die Investitionskriterien erfüllen. Hesse Newman betont in diesem Zusammenhang, dass der Handel nicht nur auf den offiziellen Plattformen stattfindet, sondern vor allem auf individuelle Vermittlung von Finanzdienstleistern.



Über den Autor

Markus Gotzi

Chefredakteur „Der Fondsbrief“
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Er ist Träger des Deutschen Journalistenpreises und des Deutschen Preises für Immobilienjournalismus. Viele Jahre lang verfasste der Diplom-Journalist Artikel zu allen Themen rund um die Immobilie und andere Sachwerte in der Financial Times Deutschland. Zudem war Markus Gotzi vier Jahre als Redakteur für das Wirtschaftsmagazin Capital tätig.

Aktuell publiziert er unter anderem in überregionalen Blättern wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und in Branchenmagazinen wie dem Immobilien-Manager. Zudem ist Markus Gotzi Chefredakteur des Fachmediums »Der Fondsbrief«, dem bundesweit auflagenstärksten Newsletter mit Schwerpunkt geschlossene Beteiligungsmodelle und Sachwertinvestitionen.