Schiffsfinanzierer drohen Verwertung der Fondsobjekte an

Das verflixte dritte Jahr

 Obwohl die Branche steigende Raten verkündet, war die Stimmung auf dem 14. Hansa-Forum nur vordergründig heiter. Viele Marktteilnehmer kämpfen ums Überleben. Zwar bestätigen Experten den Anstieg der Charterraten und auch, dass die Weltwirtschaft dank der asiatischen Lokomotive schneller anziehe, als das noch vor einigen Monaten erwartet war. Dennoch sei das Licht am Ende des Tunnels trübe. Statt einer Erholung könnte es sich auch um einen entgegenkommenden Zug handeln, befürchten Kritiker. Allen voran Jürgen Dobert, der das Hansa-Forum zusammen mit Lutz Beukert moderierte.

Deutschlands führender Schiffsjournalist jagte gleich zu Beginn der Veranstaltung den Beteiligten einen gehörigen Schrecken ein. Sein Eingangsstatement war klar: Die Lage am Schiffsmarkt, so Dobert, sei paradox. Auf der einen Seite ist zu hören, dass einige Teilmärkte sich bereits wieder im Aufschwung befinden, andererseits aber herrscht am deutschen Schiffsmarkt immer noch der Ausnahmezustand

Ein Großteil der deutschen Trampreeder, Fondshäuser und Schifffondsgesellschaften seien von der Finanz- und Schifffahrtskrise schwer getroffen. Viele müssten um ihre Existenz fürchten. Über die Gründe war man sich einig: Die Auswirkungen der Krise, das riskante Spekulieren auf steigende Märkte, die sich daraus ergebende Marktüberbauung und die Überschätzung der eigenen Möglichkeiten durch Abgabe von Bürgschaften, Garantieversprechen in Milliardenhöhe für eine schwindelerregende Neubaupipeline, die bisher nicht eingelöst wurden.

André Tonn, Geschäftsführer der Oltmann Gruppe aus Leer, sprach deutliche Worte. Immer noch drohen große Überkapazitäten, vor allem bei den Großcontainerschiffen und Bulkern. Bei den Massengutfrachtern stehen noch rund 4.000 Schiffe in den Orderbüchern, das ist mehr als die Hälfte der derzeitigen Flotte mit 7.910 Schiffen. Davon datieren 750 Bulker-Neubestellungen aus diesem Jahr. Auftraggeber waren vor allem Chinesen, die damit ihren Rohstoffzugang zu Afrika logistisch bewältigen und von den momentan noch niedrigen Baupreisen profitieren wollen.

Erholen sich die Märkte weiter, stehen die maritime Branche und vor allem die Schiffsfonds trotzdem vor einem tiefgreifenden, strukturellen Wandel. Im Fokus dabei sind die schiffsfinanzierenden Banken. Sie haben bislang – von einigen Ausnahmen abgesehen – besonnen und kooperativ reagiert. Das lag in ihrem eigenen Interesse, denn bislang waren die Raten mager. Doch nun ziehen die Märkte an, die Preise steigen. Und das ändert die Situation. Viele Banken – allen voran die HSH Nordbank, die nur wenige Tage vor dem Branchentreff zugeben musste, bis zu 100 Millionen Euro für externe Berater zur Strategieerarbeitung ausgegeben zu haben – stehen extrem unter Druck. Sie wollen ihre Bilanzen bereinigen und werden daher zunehmend auf den Verkauf von Schiffen drängen, sobald ihr Verkaufserlös höher liegt als der noch ausstehende Kredit. Zudem drücken auch noch Basel III und neue EU-Vorschriften empfindlich auf das Eigenkapitalvolumen der Institute.

Immerhin sind nach einer Roland-Berger-Studie 23,7 Milliarden Euro im Sanierungsbereich angesiedelt. Das entspricht fast einem Drittel des gesamten Kreditportfolios, das für Schiffe ausgereicht wurde. Zwei Jahre, so die auf dem Podium anwesenden Bankenvertreter der HSH-Nordbank, der Commerzbank, der Nord LB, der Deutschen Schiffsbank und der KFW, seien Tilgungsaussetzungen kein Problem gewesen. Doch nachdem 2009/2010 aus Bankensicht recht ruhig war, gehen viele Restrukturierungen ins dritte Jahr, so Björn Nullmeyer von der Bremer Landesbank. Damit beginnen die Probleme. Nach Ablauf des dritten Jahres geht es in die Default-Abteilung der Bank, und dann kostet es richtig, so Nullmeyer. Mögliche Maßnahmen sind dann Verkauf oder Zwangsvollstreckung, Kreditverkauf an Hedgefonds, aber auch weitere Nachschüsse von Kommanditisten.

Die nächsten zwölf Monate werden also bei vielen Schiffsfonds über Leben und Tod entscheiden – und damit über Anlegergeld. Ein vernünftiges und besonnenes Agieren aller Beteiligten muss daher nun oberstes Gebot sein, auch wenn dabei althergebrachte Regeln, wie beispielsweise der bankenübliche Übergang in die Default Abteilung nach drei Jahren, auf ihre Sinnhaftigkeit hinterfragt werden müssen. Steht doch nicht weniger als die gesamte maritime Wirtschaft in Deutschland auf dem Spiel.