Flächenproduktivität gestiegen – Schlecker-Insolvenz ließ Verkaufsfläche schrumpfen

 

Jahrelang kannte die Flächenproduktivität in Deutschland nur eine Richtung: Bei mehr oder weniger stagnierenden Einzelhandelsumsätzen und deutlich wachsenden Verkaufsflächen konnte die Flächenproduktivität (= Umsatz je qm) nur sinken. Nach Beobachtung von GfK Geomarketing ist die Flächenproduktivität 2012 – erstmals nach Erreichen des Tiefpunkts mit 3 350 Euro je qm im Jahr 2009 – wieder auf einen Wert von knapp 3 500 Euro je qm gestiegen. Damit hat die Branche nach Feststellung der GfK-Standortexperten das Niveau des Jahres 2007 fast wieder erreicht.

Einer der wesentlicher Gründe für diese an sich positive Wende zum Besseren ist allerdings die Insolvenz der Drogeriemarkt-Kette Schlecker. Allein die Schlecker-Pleite habe auf einen Schlag rund 1,8 Mio. qm Verkaufsfläche freigesetzt, berichtet Manuel Jahn (Foto) , Einzelhandelsexperte bei GfK Geomarketing. Das sei mehr gewesen als bei jeder anderen Insolvenz oder Übernahme zuvor. Per Saldo ging die Verkaufsfläche im Jahr 2012 damit erstmals zurück; sie sank um etwa 200 000 qm, während sie laut Jahn in den Jahren zuvor durch Neuentwicklungen und Neueröffnungen jährlich um 500 000 bis 1 Mio. qm gewachsen war. Dass dieser Flächenrückgang bei gleichzeitig wachsendem Einzelhandelsumsatz – der Einzelhandelsverband Deutschland HDE geht von nominal +1,5% aus – zu einem Wachstum des Flächenumsatzes beiträgt, liegt dabei auf der Hand.

Wie Jahn weiter berichtet, wurden durch die Schlecker-Insolvenz rund 8 000 Filialen geschlossen. Aber nur bei einigen 100 Standorten sei die Zukunft gesichert, unter anderem durch die Übernahmen durch den Wettbewerber Rossmann und durch Mac Geiz. Zudem hat zuletzt ein österreichischer Interessent bekannt gegeben, dass er etwa 600 Standorte als Nahversorger für den ländlichen Raum aktivieren wird und dafür auch wieder Schlecker-Mitarbeiterinnen einstellen möchte. „Die Standorte und Ladenschnitte der meisten Filialen entsprechen nicht den heutigen Anforderungen im Einzelhandel“, so Jahn zusammenfassend.

Dass viele Filialen zu klein und mit Waren vollgestopft waren und deutlich weniger Ambiente boten als die aufgewerteten Märkte der Wettbewerber dm und Rossmann bei gleichzeitig nicht mehr wettbewerbsfähigem Preisniveau, war bekanntlich der Grund für den Niedergang von Deutschlands einstmals größter Drogerie-Kette. Viele der Filialen befanden sich zudem in B-Lagen.

Dagegen wurden viele hunderttausende von qm, die in den ehemaligen Kauf- und Warenhäusern nach diversen Insolvenzen in den vergangenen Jahren freigesetzt wurden wie beispielsweise im Rahmen der Hertie-Insolvenz durch Neuentwicklungen auf dem Areal oder durch Refurbisments laut Jahn wieder auf den Markt gebracht. Allerdings sind noch nicht alle leer stehenden Hertie-Filialen verlauft.

Aus Sicht von GfK-Geomarketing-Experten Jahn hat die Auswirkung der Schleckerpleite auf die Flächenproduktivität im deutschen Einzelhandel gezeigt, „welches Gewicht einzelne große Marktplayer auf die Gesamtmarktwerte haben“. Und wie schnell sich die Lage ändern kann – beispielsweise auch für Handelsriesen, die lange Zeit als „unsinkbar“ galten.

Im Falle Schlecker spielte, wie bereits erwähnt, die problematische Standortwahl in B-Lagen und die zu kleinen Flächen eine wesentliche Rolle für den Niedergang. Jahn ist deshalb überzeugt, dass die Schleckerpleite durch eine solide Standortwahl hätte verhindert werden können. Und auch durch die rechtzeitige Sanierung des Filialnetzes. Das gilt vor allem für Einzelhändler, deren Konzept lange erfolgreich war, die aber durch den Strukturwandel plötzlich ihre Marktposition einbüßen. Dann umzusteuern und ein neues tragfähiges Konzept zu finden, ist nicht einfach.

Der Onlinehandel und der Zustrom neuer internationaler Anbieter auf den deutschen Markt erzeugen hierzulande einen erheblichen Strukturwandel. Die jüngere Geschichte des deutschen Einzelhandels habe eindrucksvoll gezeigt, so Jahn, dass Fehlentscheidungen auch für richtig große Player im Einzelhandel fatale Folgen haben könnten. Vor diesem Hintergrund ist Jahn überzeugt, dass der Konkurrenzdruck durch den Onlinehandel und die „Global Player“ im Jahr 2013 weiter zunehmen wird – „und das vor dem Hintergrund einer weiterhin wirtschaftlich herausfordernden Situation“.