Investmentmarkt: Die Strategie des Abwartens scheint vorbei

Shopping Center A10

Shopping Center A10

Mit einem Paukenschlag hat die Deutsche EuroShop AG (DES) das Jahr 2010 auf dem deutschen Investmentmarkt für Handelsimmobilien eröffnet: 265 Mio. Euro gibt der Hamburger Investor für den  Kauf des A10 Center in Wildau bei Berlin und dessen Erweiterung um eine 11 000 qm große Triangel aus. Für die langfristige Fremdfinanzierung von 150 Mio. Euro konnte die DG HYP Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank AG gewonnen werden. Das zeigt, dass auch größere Darlehen für gute Deals zu haben sind. Das gibt Hoffnung für das Investmentjahr 2010.

Lange Zeit hatte sich der Hamburger Shopping-Center-Spezialist in Zurückhaltung geübt und mit Ausdauer auf das geeignete Objekt zu realistischen Preisen gewartet, denn der Investmentmarkt litt lange Zeit auch darunter, dass Käufer und Verkäufer unterschiedliche Vorstellungen über die Höhe des Preises hatten. Mit dem A 10 (Foto) hat sich die Gelegenheit offensichtlich gefunden, das 17. Shopping-Center zu erwerben. Für den Neubau, die Vermietung und das Langzeit-Management holte sich der DES-Vorstand die ECE ins Boot. (HIR Nr. 62 vom 8.1.2010).

Nachdem seit Ausbruch der Krise im Winter 2008/09 der Investmentmarkt zum Erliegen gekommen war, beobachtet Marcus Lemli, Leiter Leasing & Capital Markets Jones Lang LaSalle Deutschland seit dem 3. Quartal 2009, „dass sich die Schere zwischen Käufern und Verkäufern wieder schließt: Beide Parteien nähern sich hinsichtlich der Preisfindung an“. Die Belebung im 2. Halbjahr 2009 bestätigt diesen Eindruck. Und auch der Kauf des A 10 belegt die Einschätzung für den stark betroffenen großvolumigen Shopping-Center-Markt. Bei den Spitzenrenditen von Core-Produkten sieht Lemli inzwischen die Trendumkehr erreicht.

Notverkäufe werden 2010 nicht erwartet

Mit Blick auf das Jahr 2010 schätzen Experten, dass sich der deutsche Investmentmarkt nach der Flaute wieder deutlich beleben wird, zumal das Niveau im 1. Halbjahr 2009 so niedrig war, dass es kaum noch unterboten werden konnte. Seit dem 2. Halbjahr hat eine deutliche Belebung eingesetzt – auch wenn es im 4. Quartal nicht mehr für eine Jahresend-Rally gereicht hat, wie Jones Lang LaSalle feststellt. Nicht alle Verhandlungen konnten noch bis Ende Dezember als Transaktionen abgeschlossen werden. Die dürften dann im 1. Quartal 2010 auf den Markt kommen.

„Stabile Renditen, ein geringer Bieterwettbewerb und die zunehmende Verhandlungsbereitschaft der Verkäufer stellen die Strategie des Abwartens zunehmend in Frage“, stellt Jörg Ritter, Leiter Einzelhandelsinvestment Deutschland bei Kemper’s Jones Lang LaSalle fest. Mit Notverkäufen rechnet er 2010 zwar nicht, doch rückt die Phase immer näher, in der viele der während der Boomphase aufgenommenen Finanzierungen auslaufen. Das könnte noch Bewegung in den Markt bringen.

Erkennbares Zeichen für die positive Wende war im Sommer 2009 gleichfalls der Verkauf eines Shopping-Centers: Der Erwerb von „Die Mitte“ am Berliner Alexanderplatz durch Commerz Real.

Gleichwohl: Mit einem Volumen von 2,92 Mrd. Euro lag der deutsche Investmentmarkt für Handelsimmobilien im „Jahr der Krise“ 2009 um mehr als 50% unter dem Niveau von 2008, als Handelsimmobilien im Wert von 6,05 Mrd. Euro gehandelt worden waren. Doch die Tatsache, dass 60% des Transaktionsvolumens ins zweite Halbjahr 2009 fällt, lässt aus Sicht der JLL-Experten auch für 2010 auf weitere Besserung hoffen. „Im dritten und umsatzstärksten Quartal lag das Transaktionsvolumen erstmals seit vier Quartalen bei über einer Mrd. Euro“, so Ritter.

Im 4. Quartal war das Transaktionsvolumen mit 713 Mio. Euro zwar deutlich niedriger, doch wurden nach Ritters Beobachtung in dieser Zeit einige Transaktionen angeschoben – wie auch das A10 – die im ersten Quartal 2010 wirksam werden und die einen guten Start ins neue Jahr versprechen. „Deutschland hat sich in einem schwierigen Marktumfeld 2009 als aktivster Retail-Investmentmarkt in Kontinentaleuropa positioniert“, resümiert Ritter zufrieden, „und wir sind zuversichtlich, im laufenden Jahr an diese Vorgabe anknüpfen zu können“.

Innerhalb des deutschen Gewerbeimmobilienmarktes mit einem Gesamtvolumen von 10,34 Mrd. Euro entfiel auf Handelsimmobilien im Jahr 2009 ein Anteil von 28%. Retail Assets bilden damit die zweitstärkste Klasse hinter Büroimmobilien. Besonders gefragt waren im Vorjahr laut Kemper’s Jones Lang LaSalle Geschäftshäuser in innerstädtischen Top-Lagen, die als sehr sichere Anlage gelten und deshalb dem aktuellen Sicherheitsbedürfnis der Investoren wohl am meisten Rechnung tragen. Die konstante Mietpreisentwicklung sorgt für stabile Wertentwicklung. In diesem Segment konnte das Transaktionsvolumen mit 993 Mio. Euro gegenüber 2008 (508 Mio. Euro) sogar fast verdoppelt werden, obwohl das Angebot laut Kemper’s JLL eher gering war.

Im Segment Shopping-Center, das bei Investoren – vor allem Fonds – in der Regel sehr gefragt ist, weil große Summen investiert werden können und die große Zahl von bonitätsstarken Handelsfilialisten als Mieter mit lang laufenden Mietverträgen eine große Risikostreuung darstellen, erwies sich 2009 auch die restriktive Kreditvergabe bei Volumina über 50 Mio. Euro als Hemmnis. Dennoch wurde laut Kemper’s Jones Lang LaSalle ein Transaktionsvolumen von 819 Mio. Euro (2008: 1,11 Mrd. Euro) erreicht. Dass der A10-Deal immerhin mit 150 Mio. Euro fremd finanziert wurde zeigt, dass die Banken unter bestimmten Bedingungen auch bereit sind, wieder größere Transaktionen zu finanzieren.

Halbiert hat sich dagegen das Transaktionsvolumen bei größeren Fachmarktzentren, wie Kemper’s JLL feststellt. Der Grund: Es gab nicht genügend geeignete Objekte. Nach 1,05 Mrd. Euro (2008) summierte sich das Volumen auf etwa 475 Mio. Euro. Der Bereich Supermärkte und Discounter hat zum 4. Quartal noch stark zugelegt und schloss mit einem Volumen von 340 Mio. Euro (2008: 548 Mio. Euro).

Nachdem der Verkauf der Karstadt-Immobilien an das Highstreet-Konsortium 2008 noch dafür sorgte, dass das Segment Warenhäuser im Handelsimmobilien-Investment-Markt mit 2,2 Mrd. Euro ein erhebliches Gewicht hatte, ist dieser Markt 2009 auf nur noch 205 Mio. Euro zurück gefallen. Nach der Insolvenz von Woolworth und der Liquidation von Hertie sind nur einzelne Objekte verkauft worden und die Insolvenz bietet dem Käufer eine günstige Verhandlungsbasis.

Besonders aktiv waren 2009 offene Publikumsfonds, die immerhin 775 Mio. Euro in Handelsimmobilien investierten. Mit weitem Abstand folgten Asset-/Fonds-Manager mit 360 Mio. Euro vor Geschlossenen Fonds (255 Mio. Euro), Privatinvestoren/Family Offices (249 Mio. Euro), Unternehmen (239 Mio. Euro) und Projektentwickler mit 231 Mio. Euro. Mit einem Anteil von 90% waren inländische Investoren unter sich. Im Vorjahr waren die Ausländer noch mit 60% in der Überzahl. Dabei gilt unter Investoren vor allem die Devise: „Qualität geht“. Doch seit dem 3. Quartal 2009 ist bei angelsächsisch geprägten Investoren auch schon wieder ein Interesse an opportunistischen und Value Added Investments erkennbar.

Vermietungsmarkt 2010: Verhaltener Optimismus

Der Vermietungsmarkt, der im 2. Halbjahr 2008 laut Marc Alfken, Leiter Einzelhandelsvermietung Deutschland bei Kemper’s JLL bei den Abschlüssen krisenbedingt einen deutlichen Rückgang erlebte, hat sich 2009 wieder normalisiert und stabilisiert. Die Abschlüsse neuer Mietverträge verteilen sich gleichmäßig auf beide Halbjahre. Alfken ist für 2010 verhalten optimistisch und erwartet für das 1. Quartal „bestenfalls eine stabile Entwicklung“, da nach wie vor viel Fläche auf dem Markt ist und der Einzelhandel nach einem nur in Teilbereichen erfolgreichen Weihnachtsgeschäft verunsichert sei. 2009 ging der Einzelhandelsumsatz nach Einschätzung des Handelsverbands HDE um etwa 2% zurück. Da jedoch noch unklar ist, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt und ob die Krise 2010, wie von Experten befürchtet, zu steigender Arbeitslosigkeit führt, bleibt abzuwarten, ob sich das Konsumklima eintrübt und der Einzelhandel mit weiter sinkenden Umsätzen rechnen muss.