Karstadt-Sanierung geht in die entscheidende Phase

Die Gläubiger haben dem Insolvenzplan für Karstadt zugestimmt. Am 31. Mai verkündet das Amtsgericht Essen, ob es den Insolvenzplan bestätigt. Zuvor müssen aber noch Finanzbehörden und Kommunen auf Steuerforderungen verzichten. Insolvenzverwalter Görg beklagt die Besteuerung von Sanierungsgewinnen. Ernsthafte Gespräche mit einem Investor hat es auch schon gegeben.

Karstadt

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Zunächst sah bei der Karstadt-Gläubigerversammlung in der Essener Hauptverwaltung alles nach Routine aus. Von den über 40 000 Gläubigern haben 35 077 ihre Forderungen angemeldet. In Essen vertreten waren 23 830 Gläubiger mit Forderungsansprüchen über 2,45 Mrd. Euro, deren Ansprüche durch 154 Repräsentanten vertreten wurden, als am 12. April über den von Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg von Görg Rechtsanwälte vorgelegten Insolvenzplan abgestimmt wurde.

Dass die Gläubiger aus Arbeitnehmern, Geschäftsführern, Pensionssicherungsverein und Vermietern (Highstreet-Konsortium) nahezu geschlossen für die Annahme des Plans stimmten, belegt, dass auch sie zur Weiterführung und zum Verkauf der Karstadt Warenhaus GmbH keine Alternative sehen – obwohl die Planquote von 3% , die aus der freien Liquidität bedient werden soll, recht bescheiden ist. Damit verzichten die Gläubiger auf 97% ihrer Forderungen. Der Plan sieht aber im Rahmen eines  Bessserungsscheins I die Auszahlung von 90% der Beträge vor, die nach Ausschüttung der Planquote aus dem hinterlegten Betrag übrig bleiben.

Mit der Erfüllung des Besserungsscheins II haben sie zudem Aussicht auf 90% des Kaufpreises vorbehaltlich der Ablösung von Pfandrechten, die noch auf den Geschäftsanteilen der Karstadt Warenhaus GmbH, den Markenrechten von „Karstadt“ und anderen Markenrechten liegen. Die Alternative im Falle der Liquidation des Unternehmens wäre eine Quote von etwa 1%, wie Insolvenz-Spezialist Helmut Balthasar aus dem Team von Görg in deutlichen Worten vorrechnete. Im Zuge der zuvor ausgehandelten Restrukturierungsbeiträge verzichten die Arbeitnehmer in den nächsten 3 Jahren auf 150 Mio. Euro – das betrifft vor allem Urlaubs- und Weihnachtsgeld. 900 Arbeitsplätze sind durch die Schließung von 13 Karstadt-Häusern weggefallen. Die Objekte wurden an den Eigentümer, das Highstreet-Konsortium, zurückgegeben. Mit Highstreet wurden außerdem „dauerhafte und temporäre Mietreduzierungen“ vereinbart. Der Betrag liegt gleichfalls im dreistelligen Millionen-Bereich.

Dabei bedauert Balthasar, dass es nicht möglich war, das Instrumentarium der Insolvenz voll auszuspielen, da Highstreet nur einen Gesamtmietvertrag für alle Filialen hat und der Verwalter deshalb auf das Entgegenkommen des Eigners angewiesen war. Bei den Immobilien des Esch-Fonds (Karlsruhe, Potsdam, Leipzig und München-Oberpollinger) bestehen dagegen Einzelverträge, die neu verhandelt wurden. Auch mit den Logistik- und IT-Dienstleistern wurden Verträge neu verhandelt und Einsparungen im zweistelligen Millionenbereich erzielt.

Gleichzeitig wird mit den Finanzbehörden und Kommunen verhandelt. Denn da Karstadt aus dem Forderungsverzicht der Gläubiger „Sanierungsgewinne“ erzielt, werden für diese Buchgewinne Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer fällig, seit der Gesetzgeber 1997 das „Sanierungsprivileg“, das insolvente Unternehmen von der Steuer befreite, abgeschafft hat. Dadurch wird das Ziel des Insolvenzplanverfahrens jedoch konterkariert. Laut Görg sind die Finanzbehörden aber sehr kooperativ und zum Verzicht bereit. In den nächsten Tagen rechnet er mit einer Klärung. Zudem erwartet er in den nächsten Wochen eine Einigung mit den betroffenen Kommunen über einen Verzicht auf die entsprechende Gewerbesteuer. Am 31. Mai will das Amtsgericht Essen dann verkünden, ob der Insolvenzplan bestätigt oder versagt wird.

Voraussetzung für die Realisierung des Insolvenzplans ist indessen, wie Görg bereits früher angekündigt hat, dass bis 30. April eine Einigung mit einem Käufer erzielt wird. Der Verkaufsprozess hatte im Januar begonnen. Diese knappe Frist hat vor allem taktische Gründe, wie Balthasar erläuterte. Damit soll der Verkaufsprozess beschleunigt werden, da insbesondere angelsächsische Investoren die Angewohnheit haben, Verkaufsverhandlungen endlos hinaus zu zögern. Und Görg will Karstadt möglichst bald verkaufen. Zwar hat sich das Geschäft stabilisiert, sodass der Druck nicht so hoch ist, doch stellt Balthasar klar, dass Insolvenzverwalter nun einmal keine Kaufleute sind, die einen Warenhaus-Konzern dauerhaft führen können.

Doch die eng gesetzte Frist für  das „Signing eines Verkaufsvertrags“ (= Vorlage eines unterschriebenen Vertrags, dem alle Beteiligten wie Mitarbeiter, Banken etc. noch zustimmen müssen) birgt die Gefahr, dass ein erfolgversprechender Verkauf aus formalrechtlichen Gründen scheitern kann, wie Insolvenzverwalter Frank Kebekus, der die Interessen des Highstreet-Konsortiums vertritt, anmerkt.  Beispielsweise, weil eine im Vertrag ausgehandelte Bedingung nicht erfüllt werden kann, eine Nachbesserung aber einen neuen Vertrag erfordern würde, der auf Grund der Frist nicht mehr realisiert werden könnte. Deshalb hat Kebekus den Antrag gestellt, dass der Gläubigerausschuss, dem auch er angehört, mit dem Insolvenzverwalter die Frist notfalls verlängern kann. „Das gibt uns mehr Gestaltungsfreiheit“, begrüßt Görg den Vorschlag, der zuvor mit ihm abgesprochen war. Die Änderung wurde in den Plan aufgenommen.

Bei der Frage, wie viele Interessenten für Karstadt im Rennen sind, gab sich Görg jedoch  einsilbig. Nachdem der Verkauf von Quelle in letzter Minute gescheitert ist, weil die Valovis Bank nicht mitspielte,  will er sich auf keine klare Aussage festlegen. Doch ist zu hören, dass mit einem Investor intensive und konstruktive Gespräche geführt wurden und offenbar ein Angebot abgegeben wurde.