Mangel an modernen Flächen begrenzt Expansion

In Europa ist der deutsche Handelsimmobilienmarkt so etwas wie der „primus inter pari“ der Spitzenreiter. Nicht nur ausländische Investoren wie nordamerikanische Pensionsfonds suchen hier nach renditestarken Anlagen. Auch internationale Modemarken und Filialist sind auf dem größten Markt Westeuropas auf der Suche nach neuen Verkaufsflächen. Dennoch brachte die Entwicklung auf dem hiesigen Vermietungsmarkt eine Überraschung.

Die Zahl der gemeldeten Vermietungen ist im vergangenen Jahr mit 2 041 gegenüber 2010 um 7,7% gesunken und ging damit auf das Niveau von 2009 zurück, wie der Immobiliendienstleister CBRE berichtet. Für Karsten Burbach, Head of Retail bei CBRE in Deutschland, ist das eine Überraschung, weil das Unternehmen auf Grund der eigenen Vermietungen eine solche Entwicklung nicht erwartet hatte. Die Gründe liegen aus Sicht der Experten bei genauerem Hinsehen durchaus auf der Hand: Zum einen kann der Einzelhandel nicht jede Miete nachhaltig erwirtschaften. D.h. die bedingt durch die hohe Nachfrage nach Verkaufsflächen stetig steigenden Mieten können nicht mehr bezahlt werden. Zum andern liegt die Ursache laut Burbach klar im Mangel an modernen und verfügbaren Flächen in deutschen Top-Lagen. In den 1990er-Jahrem wurde in Deutschland eher weniger in die Handelsimmobilien investiert.

Dieses limitierte Flächenangebot begrenzt aber auch die Expansionsmöglichkeiten vieler Einzelhändler in den unverändert stark gefragten 1A-Lagen. Ein Ausweichen auf die günstigeren 1B-Lagen und die 2er-Lagen mit weniger Passanten-Frequenz als in den 1A-Lagen kommt nach Burbachs Beobachtung für den Einzelhandel derzeit nicht in Frage. Angesichts der sich abschwächenden Konjunktur fehlt ihm der Mut, ein solches Wagnis einzugehen. So haben die 1B- und 2er-Lagen im Vorjahr – trotz der meist konstanten Mietpreise – deutlich an Bedeutung verloren.

Bleibt die Frage, welches die begehrtesten Städte und welches die begehrtesten Standorte waren? Mit 49% der 2011 gemeldeten Vertragsabschlüsse lagen die Shopping-Center laut CBRE an der Spitze der Neuvernietungen. Dazu trugen etwa die neuen Center-Entwicklungen Boulevard Berlin und Leipziger Platz bei. Diese Neuvermietungen in den Berliner Einkaufszentren trugen gleichzeitig dazu bei, dass die Bundeshauptstadt mit 180 Neuverträgen 2011 die deutsche Rangliste der begehrtesten Städte anführte. Sehr rege war auch die Neuvermietung in Dortmund, denn hier hatte die Thier Galerie für das lange erwartete Flächenangebot gesorgt. Gegenüber 2010 und 2009 konnte damit die Neuvermietung in Shopping-Centern deutlich erhöht werden. Der Anteil der Neuvermietungen in Centern lag 2010 bei 39% und 2009 bei 40%. Laut CBRE galten vor allem Nahversorgungszentren als Treiber der Entwicklung.

Mit einem Anteil von 22% (2010: 22%) folgt die begehrte 1A-Lage auf dem 2. Rang. Augenfällig ist, dass der Anteil 2009 mit 26% noch höher lag. In den Stadtteillagen erfasste der Immobiliendienstleister etwa 11% der Neuvermietungen. In den Jahren zuvor waren es noch 16% (2009) bzw. 12% (2010) gewesen.

Relativ gleichmäßig verteilt sich die Neuvermietung auf die 1B-Lage und auf die Lagen „out of town“. In 1B-Lagen wurden 5% der Neuvermietungen gezählt (2010: 8%), auf der grünen Wiese 6% (2010: 9%). In den 2er-Lagen war es nur ein Anteil von mageren 3% (2010: 7%). Summa summarum zeigt sich damit, dass neue Shopping-Center derzeit den Boden für die Expansion des Einzelhandels hierzulande ebnen.

Unter den begehrtesten Städten folgt München mit 129 Neuvermietungen hinter Berlin auf dem 2. Rang vor Frankfurt/M. (121), Hamburg (113), Dortmund (105), Köln (78), Düsseldorf (68), Dresden (39), Stuttgart (36) und Duisburg (28), wo wiederum die Königsgalerie neue Verkaufsfläche bietet.

Und welche Branchen sind besonders intensiv auf der Suche? Dass Bekleidung mit 223 Abschlüssen mit weitem Abstand an der Spitze steht, bestätigt das Bild, dass auch Wettbewerber Jones lang Lasalle stetig zeichnet. Mit weitem Abstand folgten Schuhe/Lederwaren (42) sowie Körper- und Gesundheitspflege (38). Haushaltswaren, Möbel und Einrichtung (37) folgen auf Rang 4. Interessant ist, dass Gastronomie mit 27 Abschlüssen bereits auf dem 5. Platz steht. Unter den Unternehmen identifizierte CBRE den Wohnaccessoires-Anbieter Das Depot (36) als aktivstes Konzept, vor Woolworth (33) und dm (33). Unter den Modeanbietern war Camp David (29) an der Spitze vor Gerry Weber (24) und Rewe mit 24 unter den Lebensmittelanbietern vor Edeka (20). Rossmann schloss 23 neue Mietverträge ab.

In diesem Jahr erwartet CBRE-Experte Burbach allein 15 neue ausländische Konzepte auf dem hiesigen Markt. Das dürfte die Vielfalt des Angebots aber auch den Druck auf die Mieten weiter erhöhen, so dass CBRE bei einem konstanten Vermietungsgeschehen auch für 2012 bei modernen Flächen in den vor allem gefragten 1A-Lagen mit einer moderaten Erhöhung des Mietpreisniveaus rechnet.