Mieten: Internationale Newcomer sorgen für Dynamik

Die Mieten in Deutschlands 1A-Lagen kannten in den vergangenen 10 Jahren – im Durchschnitt betrachtet – nur eine Richtung: Sie sind nach einer Erhebung des Osnabrücker Immobilien-Dienstleisters Lührmann seit 2001 um durchschnittlich 8,7% gestiegen. Eine Atempause legten sie nach Ausbruch der Finanzkrise allerdings 2009 ein. Diese Phase der Beruhigung nutzten viele Filialisten, ihre Mieten neu zu verhandeln oder günstige Standorte zu ergattern, die Wettbewerber aufgeben mussten. Insgesamt blieb die Nachfrage nach guten Lagen, das hatte eine Umfrage des Handelsimmobilien Reports Anfang 2010 ergeben, jedoch relativ stabil.

So konnte auch Lührmann für das Gesamtjahr 2010 in Deutschlands Top-Lagen weitgehend stabile Mieten registrieren. Und auch Rüdiger Thräne, Mitglied des Management Board bei Jones Lang LaSalle (JLL) bestätigt: „Die seit 2008 zu beobachtende Negativentwicklung ist damit vorerst gestoppt und der Markt geht wieder in eine stabile Seitwärtsbewegung über.“ Denn gestärkt wird die Nachfrage nach Verkaufsflächen in guten deutschen Innenstadtlagen auch durch das wachsende Interesse internationaler Filialisten, die im wachstumsstarken – und vor allem stabilen – hiesigen Markt verstärkt auf der Suche nach Flächen sind. Diesen Trend bestätigen auch Maklerunternehmen wie CB Richard Ellis (CBRE) und JLL.

Auf Grundlage einer Stichprobe aus 495 Vermietungen aller Maklerhäuser in den ersten 3 Quartalen 2010 mit einer vermittelten Verkaufsfläche von 255 000 qm hatte JLL ermittelt, dass „international tätige Handelskonzepte erstmals die Oberhand“ gewinnen. Mehr als die Hälfte der Mietverträge in 1A-Lagen (53%) waren demnach mit internationalen Playern abgeschlossen worden, die ihre Expansion in Deutschland vorantreiben wollen.

Laut Doris von Muschwitz, Leiterin Einzelhandelsvermietung Deutschland bei Jones Lang LaSalle zeigt der Markt für Einzelhandelsflächen vor allem deshalb diese Dynamik, weil insbesondere die internationalen Newcomer auf der Suche nach Topflächen sind: „Etliche namhafte internationale Konzepte, die zunächst mit einer Testfiliale an den Start gegangen sind, haben jetzt die Entscheidung für eine breiter angelegte Expansion gefällt.“ Und das Gewicht der internationalen Konzepte werde noch an Bedeutung gewinnen, ist sie überzeugt.

Vor diesem Hintergrund erwartet Lührmann in den kommenden Jahren denn auch wieder steigende Mieten. Besonders interessiert zeigten sich laut JLL Einzelhändler aus den Nachbarländern Frankreich, Holland, Italien und der Schweiz, aber auch aus den skandinavischen Ländern und Großbritannien. „Auf Grund der zunächst geringeren deutschen Marktkenntnis nutzen große Handelsunternehmen ihre Vorzeigestandorte in den deutschen Metropolen häufig als Sprungbrett für die Expansion in die Mittelstädte“, ergänzt Achim Weitkamp, geschäftsführender Gesellschafter bei Lührmann. So hat laut Lührmann etwa die erste deutsche H&M-Filiale 1980 zunächst in Hamburg eröffnet. Zara richtete seinen 1. Laden 1999 in Köln und den 2. in Hamburg ein.

Heute sind es Modeanbieter wie Forever 21, Gina Tricot, Urban Outfitters, Abercrombie & Fitch sowie All Saints, Apple, Hollister, TK Maxx oder Primark, die weltweit nach Flächen suchen. Und der Modehersteller Max Azria sucht über Karstadt mit seinen Mode-Marken den Einstieg auf dem deutschen Markt. Das Mode-Label Forever 21 habe in kurzer Zeit 4 000 – 6 000 qm große Läden in Dublin, Wien und Amsterdam gemietet und Läden in Deutschland würden folgen, teilt Lührmann mit.

Dass der Druck auf die Mieten in den Top-Lagen der deutschen Einzelhandels-Metropolen deshalb groß bleiben und den deutschen Mittelwert übersteigen wird, liegt auf der Hand. Die höchsten Mietsteigerungen verzeichnete Lührmann in Berlin (+76,5%), in Nürnberg (+52,5%) und in München (+39,1%). Dabei konzentriert sich das Interesse – auch der Einzelhandel ist Sicherheitsorientiert – auf die absoluten Top-Lagen. Die Branche sucht die besten Immobilien in den besten Lagen, wie Karsten Burbach, Head of Retail bei CB Richard Ellis Deutschland bestätigt. Das führe zu einer weiteren Polarisierung des Marktes: Weiterhin niedrige Leerstands-Raten in den zentralen Lagen, hohe Leerstände dagegen in B-Lagen.

Deutschlandweit, so stellte Lührmann auf Grundlage einer Untersuchung in den 253 relevanten deutschen Einkaufsstädten fest, sei die durchschnittliche Spitzenmiete eines ideal geschnittenen 80 bis 100 qm Geschäfts in Bestlage bis 2008 kontinuierlich um insgesamt 5,18 Euro pro qm gestiegen. Im Jahr 2009 zeigte sich dann die erwähnte krisenbedingte Schwächephase mit einem verhaltenen Rückgang um 0,46 Euro von 58,95 Euro pro qm auf 58,49 Euro je qm. Im Jahr 2010 sei die durchschnittliche innerstädtische Spitzenmiete mit bis zu 58,47 Euro je qm wieder nahezu stabil geblieben. JLL berechnete bei den Mieten für Flächen in den 185 wichtigsten deutschen Einkaufsstraßen allein im 2. Halbjahr 2010 ein kleines Plus von 0,3%.

Für die gesamte erste Dekade dieses Jahrtausends errechnet Lührmann einen Anstieg von insgesamt 4,70 Euro pro qm. Im kommenden Jahre sei in der innerstädtischen 1A-Lage auch wieder mit leicht steigenden Spitzenmieten zu rechnen. Darin sind sich die Maklerunternehmen alle einig.

Auch beim Blick über die Grenzen zeigt sich allmählich ein Bild der Stabilisierung: Laut Burbach war das Konsumklima europaweit im Jahr 2010 eher heterogen, doch sei im Vergleich zum Vorjahr inzwischen wieder eine Verbesserung zu erkennen. Nach einer Untersuchung von EcoWin habe sich die Stimmung unter den Einzelhändlern im September und Oktober wieder verbessert und sei erstmals seit Frühjahr 2008 positiv. Weltweit sind die Spitzenmieten für Einzelhandelsimmobilien zwischen dem 2. und 3. Quartal 2010 laut CBRE um 0,2% gestiegen.

Und während die Spitzenmieten in Europa im Jahresvergleich unter dem Eindruck der Krise in Spanien, Irland und Griechenland im Schnitt um 3% zurückgingen, entwickelten sich die Mieten im 3. Quartal nach Beobachtung von CB Richard Ellis wieder stabil. Auch hätten einige Städte im Jahresvergleich signifikante Wachstumsraten erzielen können, so das Unternehmen weiter. In Edinburgh brachten es gute Lagen auf ein Plus von 25% und in London auf 20%. Diese Vergleichszahlen zeigen aber auch, wie sehr der deutsche Markt derzeit zum stabilisierenden Faktor in Europa wird.

Weltweit war New York City für den Einzelhandel laut CBRE im 3. Quartal 2010 mit einem Spitzenwert von 14 215 Euro pro Jahr die teuerste Stadt, vor Sydney (9 622 Euro) Hongkong (8 792 Euro), London (7 036 Euro) und Tokio mit 6 349 Euro pro qm auf Rang 5. Und es gibt auch wieder Super-Deals, wie Lührmann-Geschäftsführer Weitkamp zu berichten weiß: Den weltweit größten Deal habe es in New York gegeben. Für unglaubliche 1,66 Mio. Euro Monatsmiete habe sich die japanische Unternehmensgruppe Fast Retailing für ihr Casualwear-Konzept Uniqlo rund 8 300 qm Gesamtfläche im Tishman Building auf der 5th Avenue 666 gesichert.