Online-Handel lässt Mieter zögerlicher werden

 

DÜSSELDORF: Auch im Vermietungsmarkt für Handelsimmobilien in den 1A-Lagen wachsen die Bäume – ungeachtet der günstigen Konjunktur in Deutschland – nicht in den Himmel. Erhöhten sich die Mieten im vergangenen Jahr in den von Jones Lang LaSalle untersuchten 185 bedeutendsten Städten noch um 1,7%, so hat sich der Mittelwert im 1. Halbjahr 2015 auf ein Plus von 0,4% verlangsamt, weil in einigen kleineren Städten die Spitzenmieten gesunken sind.

Beim Blick auf das 1. Halbjahr 2016 ist Dirk Wichner, Head of Retail Leasing Germany bei Jones Lang LaSalle (JLL) überzeugt, dass die Spitzenmieten in den 1A-Lagen stabil bleiben werden. Allerdings wird sich der Markt erneut zweigeteilt zeigen: In den 1A-Lagen der 10 größten deutschen Städte interessieren sich viele Einzelhändler für die wenigen Stores in Bestlage. Doch außerhalb der Bestlagen lässt die Nachfrage spürbar nach, so dass das zunehmende Flächenangebot die Mietpreissteigerungen mehr und mehr ausbremst.

Insgesamt zeigte der Vermietungsmarkt im 3. Quartal 2015 mit 312 Abschlüssen und einer vermittelten Fläche von 124 000 qm aus Sicht des Immobiliendienstleisters zwar ein solides Ergebnis, blieb aber in den ersten 9 Monaten mit 375 300 qm vermittelter Fläche um etwa 11 % unter dem Vorjahresergebnis zu diesem Zeitpunkt zurück. In den Top-Lagen der Top-10-Städte fehlten im 3. Quartal die „Großanmietungen“, so dass in den Großstädten nur noch auf 36 000 qm vermittelt wurden und ihr Anteil von 40% im Vorjahresquartal auf knapp ein Viertel zurückging. Dabei sank auch der Anteil der vermittelten Flächen mit mehr als 1 000 qm auf 22%, nach 50% im 1. und sogar 65% im 2. Quartal. Im Umkehrschluss stieg die Nachfrage nach Flächen mit 100 bis 500 qm von 20% im 2. Quartal auf 30% im 3. Quartal.

Konsumklima auf einem enorm hohen Niveau

Für Wichner ist die Zurückhaltung der Mieter „trotz sehr guter konjunktureller Vorgaben und einer lebendigen Binnennachfrage“ jedoch verständlich. Das Konsumklima auf einem enorm hohem Niveau und die gute Kauflaune der Verbraucher werde sich zwar sicher positiv auf das Weihnachtsgeschäft auswirken, doch der Wettbewerb durch den Online-Handel und die tiefgreifenden strukturellen Veränderungen lassen die Einzelhändler aus seiner Sicht zögern, sich in der gegenwärtigen Situation für 10 Jahre an Standorte zu binden. Die Mieter überlegen sich diesen Schritt laut Wichner sehr sorgfältig und prüfen alle Alternativen am Markt sehr intensiv.

Am offensivsten waren in diesem Jahr noch die Anbieter von junger Mode, die ein Drittel des gesamten Modesegments ausmachten. Und auch die Gastronomie – vor allem die Burger-Ketten – waren mit einem Anteil von 20% am innerstädtischen Vermietungsmarkt gut vertreten.

Dass Berlin mit einer vermittelten Fläche von 30 500 qm in den ersten 9 Monaten 2015 erneut die Liste anführte – auch wenn das 29% weniger waren als im Vorjahreszeitraum – spiegelt sich auch in der stark gestiegenen Spitzenmiete wider. Mit 320 Euro je qm gut geschnittener Ladenfläche am Tauentzien hat sich die Hauptstadt laut JLL inzwischen hinter dem bundesweiten Spitzenreiter München mit 360 Euro je qm Monatsmiete auf dem 2. Platz etabliert.

Gut geschnittene, kleine Flächen auf der Frankfurter Zeil verteuerten sich in diesem Jahr von 300 auf 310 Euro je qm. Für die Düsseldorfer Königsallee ermittelte der Immobiliendienstleister ein Plus von 2% auf 290 Euro je qm und für die Spitalerstraße in Hamburg einen Anstieg auf 280 Euro, gefolgt von der Kölner Schildergasse mit 255 Euro und der Stuttgarter Königstraße mit 250 Euro. Recht lebhaft war auch der Vermietungsmarkt in Hamburg mit 18 900 qm vermittelter Fläche auf dem 2. Platz – auch wenn die Hansestadt ein schwaches 3. Quartal verzeichnete und ihr Vorsprung auf Köln geschrumpft ist. Mit 16 900 qm und einem Plus von 18% konnte sich die Domstadt gut behaupten. Frankfurt und München lagen mit 14 700 bzw. 14 600 qm fast gleichauf. Für Frankfurt bedeutete der Wert jedoch einen Rückgang um 37%, da die Stadt 2014 von vielen Fertigstellungen profitiert hatte. Für München, wo Flächen sehr knapp sind, bedeutete das Ergebnis dagegen ein Plus von 3%.