„Green Building“ – Megatrend oder Modethema?

Die SCOPE Investment Conference in der vergangenen Woche hatte „Green“ als ein Schwerpunktthema. Es bestand Konsens darin, dass Nachhaltigkeit als Grundeinstellung ein Langfristtrend bleiben werde. Das hat allerdings mit der Zertifizierungsdiskussion soviel zu tun hat wie religiöser Glaube mit der Amtskirche. Deutschland neigt wie immer zu weltmeisterlicher Überregulierung. Die Gefahren möglicher Überregulierungen, die nicht allein auf Deutschland beschränkt sind, wurden auch im Zusammenhang mit der aktuellen Version des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes bzw. AIFM und Solvency II deutlich. Zum Glück trägt aktuell die gute Stimmung die Immobilienmärkte über die behördlichen Marktsperren. Es besteht natürlich die Gefahr, dass die Umsetzung der Regulierungsmaßnahmen genau im nächsten Abschwung die Talfahrt beschleunigt. Regulierungswut, weltmeisterliche Umweltphantasien und Demografie werfen alleine schon Schatten auf die Märkte, insbesondere die Büromärkte, da sich hier Regulierungs-Investitionsbremsen mit Überangebot und frühzeitiger Demographiewirkung verbinden. DB Researcher Tobias Just sieht entsprechend bei Büroimmobilien Chancen und Risiken ungleichgewichtig verteilt. Die Risiken seien derzeit nicht adäquat eingepreist. Bei Büro lässt sich auch ohne Multiplikation mehrerer worst case Szenarien allein schon durch das Zusammenspiel wahrscheinlicher Entwicklungen eine gedämpfte Perspektive ableiten.

Für Thomas Beyerle, der nach fast zwei konzerntreuen Jahrzehnten bei Dr. Lübke, Degi und Aberdeen jetzt als Chefresearcher bei der IVG eingecheckt hat, stellte sich die Frage, inwieweit „Green“ und Nachhaltigkeit ein Megatrend oder ein Modethema ist. Unstrittig ist derzeit die Marketingwirkung zertifizierter Gebäude. Allerdings weist Beyerle darauf hin, dass es durchschnittlich alle 6 Monate ein neues Immobilienthema von bleibender Bedeutung gibt. Seit Ende der 90er Jahre hätten als Themen CREM Corporate Real Estate Management, Immobilienbewertung und Projektentwicklung, Facility Management/CREM, Verbriefung, Real Estate Banking/Financing, Reits, Asset-, Portfolio- und Risikomanagement, Kreditderivate, core-, core+-, value added- und opportunity-Strategien sowie „moderne“ Investitionsrechnung (DCF), nicht nominierte Bewertungsverfahren, strukturierte Finanzierung, Krisenbewältigung, NPL und Emerging Markets den Stab weitergereicht, der jetzt von Green Building übernommen worden ist. Für Betriebswirte mit normalem Studium der frühen 70er war allerdings der DCF der aktuellen Dekade schon kein wissenschaftliches Wunderwerk.

Interessant ist, dass lt. Beyerle Nachhaltigkeitsaspekte von Immobilien derzeit in die Wertermittlung keinen systematischen Eingang finden. Die ImmoWertV hält sich aus der Wertdiskussion „energetische Gebäudeeigenschaften“ und „Nachhaltigkeitskriterien“ völlig heraus und zeigt nur die Stellen auf, bei denen eine mögliche Wertrelevanz energetischer Eigenschaften Berücksichtigung finden kann. Die Royal Institution of Chartered Surveyors sieht in der VIP Nr. 13 keinen Endpunkt der Diskussion zu Nachhaltigkeit und Immobilienbewertung, sondern eine Aufforderung zur Fortführung der Debatte. Es wird nur beschrieben, wie der Gutachter verfahren sollte. Es werden aber keine Korrekturfaktoren abgeleitet. Das EU-Forschungsprojekt IMMOVALUE untersuchte den Einfluss von Energiezertifikaten auf den Marktwert von Immobilien. Es wurde festgestellt, dass die derzeitige Marktlage einen eher geringen bzw. marginalen Wertunterschied energetisch effizienter Immobilien im Vergleich zu ineffizienten Immobilien aufzeigt. Des Weiteren sei es für Bestandsimmobilien aktuell fraglich, ob energetische Maßnahmen technisch sinnvoll und wirtschaftlich tragfähig sind. Die anschließende Diskussion unter Moderation von Werner Rohmert zeigte die generelle Bedeutung des Themas unter institutionellen Investoren auf, jedoch wurde klar, dass im Bestand auch heute noch in nicht zertifizierte Gebäude investiert würde. Beim Neubau und bei notwendiger Sanierung ist allerdings energetische Optimierung heute ohne Alternative. Bei der Sanierung der vor wenigen Tagen bezogenen Türme der Deutschen Bank hätte die „Green“-Optimierung zwischen 5 und 8% zu den Kosten zusätzlich beigetragen.