2017 war wieder ein gutes Wohntransaktionsjahr

In den Jahresresümees der Branche, wird Wohnen wieder einer der Highflyer sein. Das zeigen auch die aktuellen Zahlen von JLL. Auch wenn die Störgefühle nach einem Ende des Booms über die Feiertage nicht leiser geworden sind, zeigt 2017, dass mit 15,7 Mrd. Euro Wohnimmobilientransaktionen das drittbeste Ergebnis der letzten 10 Jahre dafür spricht, dass 2018 der Boom nicht abrupt enden wird. Schließlich beginnt das Jahr wieder fulminant mit der Übernahme der Buwog durch die Vonovia, die sicherlich in diesem Jahr über die Bühne gehen wird.

 

Damit sei der Vorjahreswert um fast 15% übertroffen worden, so JLL. Der 5-Jahresschnitt egalisiert und das 10-Jahresmittel um 40% getoppt wurde. Allerdings bleibt die Frage nach der Aussagefähigkeit bei der Betrachtung der 5- und 10-Jahresprognosen angesichts eines mittlerweile 10jährigen Booms. Interessanter wäre da sicherlich der Vergleich mit den Zahlen vor der Finanzkrise. Dabei wechselten etwa 129.200 Wohnungen die Eigentümer. Die Investoren waren in der zweiten Jahreshälfte mit 5 Mrd. Euro Transaktionsvolumen im dritten und mit 4,8 Mrd. Euro im Schlussquartal wesentlich aktiver als in den ersten sechs Monaten (5,9 Mrd. Euro).

2017 entfielen 83% des Umsatzes auf Portfolios mit weniger als 2.000 Einheiten, d.h. das Marktgeschehen wurde maßgeblich durch kleinere Transaktionen geprägt. Zehn Transaktionen mit über 2.000 Wohnungen machten mit 2,7 Mrd. Euro 17% des Gesamtvolumens aus. In Folge der immer kleineren Losgrößen hat die durchschnittliche Transaktionsgröße gegenüber dem Vorjahr weiter abgenommen. Im Mittel wurden knapp 300 Wohneinheiten pro Transaktion gehandelt. Das ist nur noch die Hälfte des Mittels der letzten fünf Jahre.

 

Dr. Konstantin Kortmann, Head of Residential Investment JLL Germany: „Ursache für diese schon seit geraumer Zeit zu beobachtende Entwicklung sind weiter angepasste Bestands-Strategien. Portfoliobereinigungen, Portfoliofokussierungen und Spezialisierungen, Forward Deals, aber auch der verstärkte Erwerb von gemischt genutzten Objekten sind aktuell prägend für die Aktivitäten der Marktteilnehmer.“ Der Wohninvestmentexperte weiter: „Die Portfoliobereinigung wird maßgeblich von den großen börsennotierten Wohnungsunternehmen durchgeführt, die ihr Gesamtportfolio entsprechend ihrer Gesamt-Anlage-Strategie und ihrer Infrastruktur für die Bewirtschaftung ausrichten. Käufergruppen dieser Portfolios und Objekte waren in großem Maßstab spezialisierte Asset- und Fondsmanager, die diese Portfolios hinsichtlich ihres Ertrages weiter optimieren. Diese Optimierungsverkäufe summierten sich 2017 auf ca. 1,7 Mrd. Euro.“

 

Bereits seit einigen Jahren ist der Vorab-Erwerb von Projektentwicklungen eine Möglichkeit insbesondere für deutsche Spezialfonds, in Alternativen zu Gebäuden mit laufenden Mieterträgen zu investieren. „Insgesamt wurden 2017 Forward-Deals in einer Größenordnung von 4,1 Mrd. Euro getätigt. Das ist ein Viertel mehr als noch 2016 und mehr als doppelt so viel wie im 5-jährigen Mittel“, so Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. Und weiter: „Die Fonds nutzen Kapital von langfristig orientierten Anlegern aus dem Bereich der Versorgungs- und Pensionskassen, um als Käufer von Projektentwicklungen aufzutreten. Nicht zu unterschätzen sind aktuell auch kommunale Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften als Käufer von neuen Wohnungsbauprojekten. Deutschlandweit erwarb diese Käuferklasse Wohnprojekte im Wert von mehr als einer halben Milliarde Euro in den Großräumen Berlin, Frankfurt/Rhein-Main und Köln.“ Last but not least nimmt auch das Interesse an gemischt genutzten Quartieren mit einer Risikoverteilung auf mehrere Nutzungsklassen zu. Das beinhaltet u.a. die Entwicklung von Wohnhochhäusern mit Hotel-, Einzelhandels- und Büroeinheiten, aber auch ganzen Stadtquartieren. Konstantin Kortmann: „Dieser Trend, dass gemischt genutzte Objekte mit einem signifikanten Wohnanteil von Investoren auch zur Diversifizierung ihrer Strategie genutzt werden, ist relativ neu. Inwieweit sich hier möglicherweise ein globaler Trend der Urbanisierung abzeichnet oder lediglich der schlichte Mangel an Objekten mit einer einzigen Nutzungsart, wird sich in den kommenden zwei bis drei Jahren zeigen. In ostasiatischen Innenstädten zum Beispiel werden gemischt genutzte Objekte auf jeden Fall schon heute als etablierte Anlage wahrgenommen.“

 

Die verschiedenen Strategien führen im Ergebnis dazu, dass sowohl bei Bestandsobjekten als auch bei Projektentwicklungen die Preise weiter gestiegen sind. So müssen für Bestandsportfolios im Mittel etwa 100.000 Euro/Wohneinheit bezahlt werden – das sind ohne Qualitätsbereinigung 20% mehr als 2016. Der Anstieg bei Projektentwicklungen ist mit 12% auf 260.000 Euro/Wohneinheit etwas weniger stark, allerdings mit einer höheren Basis und einer besseren Vergleichbarkeit der Objekte. Angesichts der beobachteten Tendenz der Bewohner von Ballungsräumen, ins günstigere Umland auszuweichen, erwarten die Käufer bei den bereits hohen Mietniveaus in den deutschen Großstädten in Verbindung mit dem ausgeprägten Mieterschutz, dass die Mietpreisdynamik bei Neubauprojekten etwas nachlässt und die Preise langsamer steigen. Insbesondere die nachhaltige Erzielbarkeit der Anfangsmieten in der Zweit- oder Drittvermietung wird kritisch hinterfragt.

 

Hinsichtlich des Auf- und Abbaus von Wohnimmobilienvermögen lieferten sich 2017 deutsche Spezialfonds und große Aktiengesellschaften bzw. Wohn-REITs ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Letztere entschieden dieses Rennen für sich mit etwa 2,6 Mrd. Euro Netto-Vermögenszuwachs, 100 Mio. mehr als die Spezialfonds. Die größte Wertschöpfung betrieben die Projektentwickler, indem sie netto etwa 6,4 Mrd. Euro bei Projektentwicklungen einnahmen.

 

Regional ergibt sich dasselbe Bild wie in den Jahren zuvor: Berlin steht einsam an der Spitze mit einem Transaktionsvolumen von 3,6 Mrd. Euro und damit einem Anteil von fast einem Viertel des gesamten deutschlandweiten Volumens. Verglichen mit dem Vorjahr konnte dabei ein Zuwachs von 25 % erreicht werden. Hamburg (1 Mrd. Euro, + 56%), Düsseldorf (820 Mio. Euro, +112%) und das Ruhrgebiet (650 Mio. Euro, +21%) folgen auf den Plätzen. Den mit 15 % größten Anteil internationalen Kapitals von Transaktionen mit regionalem Schwerpunkt kann Hamburg aufweisen. Auf gesamtdeutscher Ebene kommt etwa ein Viertel des investierten Kapitals aus dem Ausland und bewegt sich damit auf ähnlichem Niveau wie im Vorjahr. Top-Investoren waren israelische Investoren mit 1,4 Mrd. Euro Investitionsvolumen, gefolgt von Kapitalgebern aus der Schweiz (840 Mio. Euro) und Frankreich (700 Mio. Euro).

 

Was sich bereits Ende des vergangenen Jahres andeutete, könnte sich im laufenden Jahr verstärken: die Expansion großer Wohnungsinvestoren in andere europäische Länder. So hatte etwa Vonovia bekannt gegeben, den österreichischen Wohnungskonzern Buwog übernehmen zu wollen. Mit einem Gesamtportfolio von etwa 50.000 Wohnungen in Deutschland und Österreich ist diese Übernahme etwa 5,2 Mrd. Euro schwer, mit einem deutschen Anteil von ca. 2,9 Mrd. Euro. Nach der conwert-Übernahme Anfang 2017 bereits die zweite Transaktion der Vonovia auf dem österreichischen Markt. Andere Konzerne wie Patrizia mit einigen ihrer Fonds investieren bereits seit einigen Jahren u.a. in Skandinavien oder Spanien. Konstantin Kortmann: „Für den Transaktionsmarkt hierzulande bedeuten solche Entwicklungen, dass auch deutsche Wohnungsinvestoren zunehmend mit den Usancen und Preisniveaus im Ausland vertraut werden. Die umgekehrt weiter stattfindende Expansion ausländischer Kapitalgeber nach Deutschland, der anhaltende Boom bei den Projektentwicklungen und Preissteigerungen bei Bestandsportfolios könnten dazu führen, dass 2018 wiederholt ein Transaktionsvolumen um die 14 -15 Mrd. Euro erreicht werden kann.“