Anleihen von Immobilienunternehmen – Sicherheit ohne Ratings

1. Die Finanzkrise hat Immobilien im Ansehen breiter institutioneller und privater Anlegerkreise stark ansteigen lassen. Davon haben vor allem auch solche geschlossene Fonds profitiert, die eine klare Anlagephilosophie haben. Doch nach wie vor weichen viele Initiatoren geschlossener Fonds der entscheidenden Frage aus: Ist die Rechtsform der Personengesellschaft für einen Publikumsfonds noch zeitgemäß, nachdem es keine Steuersparfonds mehr gibt? Man muss sie vom Ansatz her verneinen. Doch halten die meisten Initiatoren trotz mancher Identitätskrise (hierzu Loritz in Schmider/Wagner/Loritz, HdB, Fach 0308) daran fest, weil ihre Vertriebe die meisten Produkte des geregelten Kapitalmarkts wegen fehlender KWG-Zulassung nicht vermitteln dürfen. Manche Initiatoren hingegen haben die Zeichen der Zeit erkannt und wechseln in die Immobilienanleihe. Damit lösen sie für ihre Vertriebe zugleich ein weiteres Problem: Sie vermeiden das bei geschlossenen Fonds im Verhältnis zu Produkten des geregelten Kapitalmarkts signifikant höhere Haftungsrisiko. Der Anleihe gehört nach meiner Einschätzung ein gutes Stück Zukunft in der Szene der heutigen geschlossenen Fonds.

2. Anleihen sind einfach zu handhaben und zu erklären: Der Emissionär, also ein Unternehmen, begibt die Anleihe. Die Anleger = Zeichner stellen dem Unternehmen Kapital für Investitionen zur freien Verfügung, erhalten dafür eine i.d.R. feste Verzinsung und die Zusage der Rückzahlung von 100 % ihres Kapitals zum Ende der Laufzeit. Börsennotierte Anleihen sind (börsen)täglich veräußerbar. Steigt der Kurs, dann kann der Anleger mit Gewinn verkaufen, sinkt er, kann er beruhigt abwarten bis er am Fälligkeitstag sein Kapital  zu 100 % zurück bekommt.

3. Wie sicher sind Anleihen im Allgemeinen und (grundpfandmäßig besicherte) Immobilienanleihen im Besonderen für die Anleger? Hier herrschen in Bezug auf Immobilienanleihen Unsicherheiten und Vorurteile; denn immerhin haben z.B. die Anleiheinhaber der Lehman-Brothers-Anleihen in der Insolvenz dieser Bank ihr Geld verloren. Wo es um Sicherheit geht, wird manchmal allzu schnell nach einem Rating gerufen. Dabei haben gerade die 3 großen marktbeherrschenden Ratingagenturen Fitch, Moody´s und Standard and Poor´s in der Finanzkrise vielfach versagt. Bei Immobilienanleihen, so meine These, gelten in aller Regel Besonderheiten, die Ratings im herkömmlichen Sinn entbehrlich, oftmals nutzlos und manchmal irreführend erscheinen lassen.

Ratings sollen, stark vereinfacht ausgedrückt, die Bonität und Ausfallwahrscheinlichkeit des Schuldners ermitteln. Die Ratingagenturen haben zu diesem Zweck Schemata mit einer Vielzahl von Einzelkriterien entwickelt, von der Bewertung des Managements bis zu derjenigen der wichtigen Vertragspartner. Die Vielzahl der Kriterien macht Ratings intransparent: Provokativ muss man fragen: Was nützt die Ausfallwahrscheinlichkeit im Worst-case, also in der Insolvenz des Unternehmens? Im Grunde nichts.

4. Immobilienunternehmen haben gegenüber den meisten produzierenden Unternehmen und Dienstleistern aus Anlegersicht den Vorteil, dass sie das Geld in Assets investieren, aus denen unmittelbar der Cash Flow fließt. Diese Assets und damit die zentralen Unternehmensgegenstände sind relativ einfach von Sachverständigen bewertbar. Dazu gibt es anerkannte Methoden. Gerade Banken bewerten häufig unter Einsatz von Sachverständigen täglich viele Immobilien zum Zwecke der Kreditvergabe. Ratingagenturen hingegen können von ihrer Vorgehensweise her nur die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Unternehmens prüfen und bewerten und das beinhaltet oftmals auch spekulative Elemente. Ratingagenturen haben nicht das Know How eines Immobiliensachverständigen und wären mit Immobilienbewertungen überfordert. Wie sollten sie auch die lokalen Märkte hinreichend kennen? Bei Immobilien gilt der alte Satz „all business is local“ in besonderer Weise.

5. Bei Immobilienanleihen muss man allerdings unterscheiden. Setzt das Unternehmen für den Immobilienerwerb keine Bankkredite und kein sonstiges zu besicherndes Kapital ein, dann können die Anleihen mit erstrangigen Grundpfandrechten besichert werden. In diesem Fall ist für die Anleger unter Sicherheitsaspekten der Wert der Immobilie entscheidend. Hat ein Immobilienunternehmen keine Bankkredite aufgenommen, sondern finanziert die Objekte mit Eigenkapital und den ihm mittels Anleihen zufließenden Mitteln, dann wird es in der Regel nicht zur Insolvenz kommen. Die laufenden Kosten können, auch wenn Mieter ausfallen praktisch immer bezahlt werden. Man kann für einen Verkauf einen günstigen Zeitpunkt abwarten. Um all das festzustellen, braucht man keine Ratings; eine solche Anleihe ist im Grunde nicht „ratingfähig“. Sogar im Worst-case der Zwangs- oder Notverwertung ist entscheidend, wie werthaltig die Grundpfandrechte sind. Auch das kann ein Immobiliensachverständiger, nicht aber eine Ratingagentur zuverlässig ermitteln.

6. Ist eine Anleihe hinter Bankkrediten nur durch eine nachrangige Grundschuld auf den Immobilien abgesichert ist – was je nach Wert der Immobilie und der Höhe der vorrangigen Grundpfandrecht für den Anleger oft nur eine Scheinsicherheit darstellt – nutzt ein Rating ebenfalls nichts. Auch in diesem Fall kommt es auf den Wert der Immobilie an. In den Fällen schließlich, in denen keinerlei grundpfandmäßige Absicherung der Anleihen vorliegt, sollte man seriöser Weise nicht von einer Immobilienanleihe sprechen. Es handelt sich um eine herkömmliche Anleihe, bei der die Zeichner im Insolvenzfall zumeist leer ausgehen.

Mein Fazit ist eindeutig: Immobilienanleihen bieten Emissionären und Anlegern neue Chancen für vor allem sicherheitsorientierte Investments. Anleihen „passen“ in die heutige Zeit auch unter einem anderen Aspekt. Inzwischen haben einige Bundesländer
den Satz für die Grunderwerbsteuer erhöht und dies, obwohl schon generell die
Transaktionskosten für den Eigentumswechsel an der Immobilie hoch sind. Was also liegt näher als die Anleger über ein Anlagemedium wie eine Anleihe zu beteiligen,
die keine solchen Transaktionskosten auslöst! Selbstverständlich muss die
Sicherheit des Investments ermittelt werden. Aber Ratings im herkömmlichen Sinn
wären dazu der falsche Weg.