CIMMIT: 2010 als „Jahr des Übergangs“ – Eine neue Erkenntnis?

Den Reigen der diesjährigen Immobilienveranstaltungen eröffnete die immerhin schon 20ste Cimmit. Hoffnung und Optimismus dominieren. Wenn Sie fleißiger Leser der Immobilienpresse sind, könnten Sie eigentlich an dieser Stelle aufhören zu lesen. Die abgehandelten Themen geistern bereits seit Monaten durch die Presse. Das Programm ähnelte dem Krisenfahrplan. Schwerpunkte waren: Banken vergeben keine oder zumindest kaum Kredite.  Die Eigenkapitalanforderungen sind stark gestiegen. + + + Immobilienaktiengesellschaften haben den Betrieb quasi auf Eis gelegt. + + + Institutionelle Investoren suchen händeringend nach Investitionsmöglichkeiten. + + + Wer derzeit mit genug Eigenkapital ausgestattet ist, befindet sich auf der Sonnenseite des (Immobilien-) Lebens.

Der Wendepunkt der Volkswirtschaft ist inzwischen nach annähernd einhelliger Meinung der Ökonomen durchschritten. Prof. Dr. Jürgen Stark, Chefökonom der europäischen Zentralbank bezeichnete das Jahr 2010 als „Jahr des Übergangs“ – auch keine völlig neue Erkenntnis. Der Tiefpunkt der Krise sei überstanden. Dennoch sei 2010 mit Entlassungen zu rechnen. Diese würden jedoch hauptsächlich auf dem industriellen Sektor zu befürchten sein. Für Immobilien-Märkte, „die nicht überschossen haben“ sieht Stark eine positive Tendenz. Das dürfte allerdings nach Meinung des Autors eine Reihe ausgehungerter Immobilien- und Fondsunternehmen nicht mehr retten können. Prozentual dürften die Immobilien-Arbeitsmärkte die Industrie beneiden.

Trotz steigender Leerstände auf den Büroimmobilienmärkten würden lt. Stark die Preise guter Immobilien auf Grund des Anlagedrucks der institutionellen Investoren und offenen Fonds nicht nachgeben. Eigentlich ist das ein Widerspruch zu der These, dass steigende Risken zu fallenden Preisen führen müssten. Investoren sehen darin jedoch kein Problem. Der Tages-Investitionsdruck in gerade Verfügbares zählt. Das ist eine alte Erfahrung von „Der Immobilienbrief“. Die Kriterien für mögliche Investments haben sich im Gegensatz zu 2006/07 jedoch geändert. Laut Walter Klug von Morgan Stanley steht vor allem der direkte Cashflow im Vordergrund. Man investiere derzeit kaum in Projektentwicklungen. Stabilen Investments werde der Vorzug vor „Renditeinvestments“ gelassen.

(„Der Immobilienbrief“-Anmerkung: Mit Blick auf unsere Statements zum Frankfurter Büromarkt (s. u.) und annähernd 50% realem Wertverlust von Frankfurter 1a-Gewerbeimmobilien seit 1994 leben unsere alten Warnungen vor dem Zeitpunkt auf, an dem der Anlagedruck in Immobilien höher wird als die Nutzernachfrage. Es stellt sich z. B. für Corpus-Gründer Michael Zimmer klar heraus, dass die Renditen guter Büros die Risiken nicht spiegeln.)

Zurück zur Cimmit: Für Wolfgang Kubatzki von Feri wird in den nächsten Jahren vor allem das Thema „Nachhaltigkeit“ eine große Rolle in der Branche einnehmen, wobei Nachhaltigkeit vor allem das Merkmal „Green“ (Building) beschreibt. Mit Blick auf manche Nachhaltigkeitsapostel soll es durchaus Investoren geben haben, für die jeder lange Mietvertrag bereits das „Nachhaltigkeitskriterium“ erfüllt. Bernhard Schoofs, Vorstandsvorsitzender der Hahn AG, bezeichnete z. B. an anderer Stelle alle Immobilien, auch Fachmärkte, mit langfristig gesichertem Cash Flow als Core-Immobilien. Ein Gebäude ohne Zertifizierung werde sich lt. Kubatzki in den nächsten Jahren immer schwieriger am Markt positionieren lassen.

Als Verkäufer werden 2010, glaubt man Barbara Knoflach von der SEB Asset Management, vor allem Private Equity Fonds als Verkäufer auftreten. Das bestätigten Bankenvertreter. Eine Studie von Ernst & Young kommt zwar zu dem Schluss, dass Private Equity den Tiefpunkt überwunden hat und wieder als Nachfrager auf dem Immobilienmarkt auftritt, jedoch würden viele Gesellschaften vor Prolongierungsproblemen z. T. extrem geleveragter Investments stehen. Daher werde der Investitionssaldo negativ bleiben.

„Der Immobilienbrief“ Fazit: Realitätsverzerrung? Selektive Wahrnehmung? Was in den Hochphasen 2006/07 als Gruselszenario für die Jungstars der Immobilienwirtschaft, die 100% Fremdkapital und non recourse für selbstverständlich hielten, galt, wird heute als „perfekte Ausgangssituation“ apostrophiert. Nun sind die Immobilienmatadore anscheinend froh, dass non recourse kein Thema mehr ist und Leverages von über 70% nicht mehr möglich sind. Die Branche ist nun einmal wandlungsfähig. Das eröffnet immer wieder positive Perspektiven für die Immobilienwirtschaft. Wo viel Geld bewegt werden kann, egal mit welchem realistisch zu erwartenden Ausgang, lässt sich immer Geld verdienen. Das hat die Branche immer gezeigt. Die Immobilie ist nun einmal das ideale „Alpha-Täuscher“ Produkt, das hohe Renditen bei erst späten oder seltenen, dafür aber extrem hohen Risiken verspricht. „Vordenkern“ erschließen sich so schnelle Verdienstmöglichkeiten bei hinreichender Zeit zum pünktlichen Absprung. Ob allerdings die Abkehr vom zweijährigen Investment-Wahn, die Virtualisierung der Immobilie als Kapitalmarktprodukt und die Rückkehr zur Normalität als „Paradigmenwechsel“ bezeichnet werden sollte, wie Prof. Stark meint, scheint dann doch übertrieben. Die Befürchtungen unsererseits gehen sogar eher in die gegenteilige Richtung. Die Rückkehr zur Normalität könnte eher wieder befristet sein. Die volkswirtschaftlich unvermeidbaren anhaltenden Niedrigzinsen könnten zu einer erneuten Abkehr von der Normalität immobilienwirtschaftlichen Gedankengutes führen. Das befürchten wir eher als Paradigmenwechsel der generellen Abkehr von der Normalität.