Denkanstösse – Kommt jetzt Financial Repression für Immobilieneigentümer?

Michael Denk, Catella Real Estate AG KAG

Nachdem in der Wissenschaft Konsens besteht, dass Financial Repression die einzige Lösung zur langfristigen Beherrschung der Schuldenkrise ist, rückt parallel die Immobilie immer stärker ins Blickfeld der Politik. Financial Repression beinhaltet die langfristige Entwertung von Schulden durch negative Realverzinsung. Die möglichen Alternativen durch Schuldenschnitte oder sogar Zwangsanleihen/Zwangsabgaben bzw. harte Steuerhöherungen, die die Historie genauso kennt, wie Währungsreformen, sind mindestens ebenso unerquicklich. Unschön droht es auch für die Immobilie zu werden.

Michael Denk

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Jetzt trifft es auch die Immobilie. Auch die CDU mit ursprünglich marktwirtschaftlichem Hintergrund hat die Forderungen nach Mietpreisbremsen ins offizielle Programm aufgenommen. Dazu aber nur kurze Statements: Die z. T. drastischen Mieterhöhungen der vergangenen Jahre betreffen nur wenige, besonders attraktive Ballungsräume in Deutschland mit nur etwa 20% des deutschen Geschosswohnungsbaus. In den verbleibenden 80% sind die Entwicklungen noch sehr moderat. Zudem sind flächendeckende Gießkannenregelungen nicht zur Lösung regionaler Probleme geeignet. Regionale Probleme bedürfen regionaler Lösungen. In den betroffenen Regionen, die dringend Mietwohnungsneubau benötigen, bleibt der Neubau durch Mietbremsen unrentabel. Gießkannenförderungen führen dagegen in Regionen mit gutem Angebot zu Angebotsverwerfungen durch Neubau. Außerdem führen in einer Marktwirtschaft nicht systemadäquate Neuvermietungsbremsen automatisch zum Ausnutzen der Erhöhungspotenziale im Bestand, um spätere Erhöhungspotentiale nicht zu beschneiden.

Schwerwiegender ist das generelle Gedankengut der Financial Repression in seiner Anwendung auf die Immobilienwirtschaft. Grundsätzlich übersieht regulatorische Repression im Wohnungsbereich vor allem die Tatsache, dass gerade die Niedrigzinspolitik mit negativen Realzinsen zu Preissteigerungen geführt hat, da zum einen eine recht hohe Cash flow-Differenz entstanden ist und zum anderen viele Anleger ihr Geld in Sachwerten in Sicherheit bringen wollen. Mietsteigerungen resultieren aus knappem Angebot, auf das Regulierung wiederum kontraproduktiv wirkt. Insofern stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, auf die Konsequenzen regulatorischer Maßnahmen mit erneuten regulatorischen Maßnahmen in anderen Bereichen zu reagieren. Zum zweiten verkennt der regulatorische Eingriff die langfristig schwache Rendite insbesondere von Wohnimmobilien. Gerade im knappen unteren Segment schränken die überproportionalen Erhöhungen der Mietnebenkosten und die als „Menschenrecht“ anerkannten Kommunikationskosten das Mietzahlungsbudget immer weiter ein. Gerade auch die Investments der großen Heuschrecken 2005 bis 2007 zeigte, wie schwierig es ist, im einfachen Bestand überhaupt inflationsschützende Mietanpassungen durchzusetzen.

Was geschieht zurzeit unter regulatorischen Aspekten in Deutschland mit der Wohnimmobilie? Die regulatorische Beeinträchtigung der Wohnungsmärkte hat viele Ansatzpunkte. Mietsteigerungen sollen sowohl bei Neuvermietung als vor allem im Bestand begrenzt werden. Über die bekannten Genehmigungsverfahren hinaus findet erhebliche technische Regulierung der Wohnungswirtschaft durch Normen, Umwelttechnologien, energetische Sanierungsauflagen wie Heizungsaustausch oder auch Auflagen zur energetischen Fassadengestaltung statt. Das Gründerzeithaus mit 60 cm Massivwänden, Jugendstilfassade, kleiner Grundfläche und ebenfalls beheizter Nachbarbebauung wird dabei über denselben Kamm geschert, wie der 50er Jahre Nachkriegsbau. Interessanterweise stellen sich gerade Plattenbauten als besonders gut energetisch sanierbar heraus, wie vor kurzem GdW-Präsident Axel Gedaschko feststellte. Der dritte Ansatzpunkt der Regulierung ist die Besteuerung beim Ertrag, beim Erbe, bei der Transaktion und im Vermögen. Als letztes Mittel der staatlichen Ertragsoptimierung bleibt dann immer noch die Eintragung von Zwangssicherungshypotheken. Dies sahen wir im letzten Jahrhundert zumindest schon zweimal. Auch heute wird die Möglichkeit wieder vereinzelt auch in der wissenschaftlichen Diskussion erwähnt.

In Deutschland steht aktuell neben der Mietpreisbremse die deutliche Erhöhung der Grunderwerbssteuer auf Werte zwischen 3,5 bis 6% auf der politischen Agenda. Die Grunderwerbsteuer war von ursprünglich 5% aus rationalen Gründen, um Mobilität und Markt-Transaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen, auf 2% gesenkt worden. Es besteht Konsens, dass eine moderne Volkswirtschaft hohe Mobilität gerade der jüngeren Arbeitnehmer erfordert. Jede Maßnahme, die Mobilität einschränkt, wie insbesondere eben durch hohe Transaktionskosten bei Eigenheimen, ist volkswirtschaftlich kontraproduktiv. Ebenso wenig werden die fiskalischen Ziele erreicht. Bei hohen Steuern nimmt die Umgehungsnotwendigkeit zu. Bei großen Wohnungstransaktionen sind Share-Deals sowieso üblich. Große Portfolien sind bereits regelmäßig in eigenen Gesellschaften untergebracht. Wenn unter Beachtung einiger kleiner Einschränkungen lediglich ein Gesellschafterwechsel stattfindet, fällt keine Grunderwerbssteuer an. Insofern gilt faktisch für alle großen Wohnungsdeals sowieso eine Grunderwerbssteuerbefreiung. Betroffen ist also nahezu ausschließlich der private Wohnungsinvestor, dem keine Umgehungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Last but not least bedarf die Funktionsfähigkeit eines Marktes regelmäßiger hoher Umsätze, da nur so die Liquidität der Investitionen sichergestellt ist. Gerade die Transaktionsgeschwindigkeit wird jedoch durch Transaktionssteuern wie die Grunderwerbssteuer maßgeblich beeinflusst. In Phasen geringen Wertwachstums oder sogar negativer Wertentwicklung verhindern Transaktionskosten, die sich leicht auf 8 bis 11% summieren können, die Attraktivität des Investments und führen im circulus vitiosus zu weiteren Schwächephasen. Damit würde sich Deutschland noch mehr als politisch vertretbar ausdifferenzieren. Attraktive Regionen würden noch attraktiver. Benachteiligte Regionen werden mehr benachteiligt. Damit würde der große Wettbewerbsvorteil des breiten mittelständischen Mittelbaus, der sich auf die gesamte Fläche verteilt, immer mehr vermindern. Das würde auch durch die polyzentrische Struktur Deutschlands nur gering gemindert.

Umwelt- und Sanierungsauflagen im Bestand erhöhen die Renditerisiken für den Eigentümer, mindern die Attraktivität der Immobilie als Altersvorsorge, da in einer 20-Jahres-Perspektive nicht mehr Planungssicherheit herrscht, und sind darüber hinaus technisch in vielen Fällen zweifelhaft. Ökonomisch rechnen sich die meisten Maßnahmen in Regionen ohne Mieterhöhungsspielraum nicht. Die kurzfristigen Folgen dieser Maßnahmen werden aktuell noch durch die Folgen neuer Inflationsangst und günstiger Kredite für private Wohnungsinvestments überdeckt. Sobald die Zinsen anziehen oder die Preisdynamik nachlässt und in der Konsequenz die Finanzierungsbereitschaft zurückgeht, sind die meisten Maßnahmen nicht revidierbar und führen zu einer Investitionszurückhaltung im notwendigen Wohnungsbau.

Dabei punktet Deutschland im Vergleich zur Schweiz noch durch Liberalität. Die Schweiz profitiert zwar von der durchgehenden Attraktivität der Wohnungsmärkte, lässt sich aber zu Diskussionen verführen, die eigentlich nicht mehr in das europäische Zeitalter passen. Rational wird in der Schweiz zunächst diskutiert, die Eigenkapitalausstattung von Wohnungskäufern deutlich zu erhöhen. Derzeit erwarten Banken rd. 20% Eigenmittel. Gleichzeitig sollte in Normalfall die Gesamtbelastung auch bei einem 5%-Zinsniveau durch Wohneigentum nicht mehr als ein Drittel des monatlich verfügbaren Haushaltseinkommens ausmachen. Brisanter ist die Initiative „Ecopop“ gegen Masseneinwanderung. Sie befürwortet eine umfassende Kontingentierung des Wachstums der Wohnbevölkerung in der Schweiz im dreijährigen Durchschnitt durch Zuwanderung um höchsten 0,2%. Der aktuelle Einwanderungsüberschuss lag 2012 bei rd. 73.000 Personen. Die Ecopop-Initiative würde eine Begrenzung auf 16.000 Personen pro Jahr bedeuten. Im Moment ist noch unsicher, inwieweit es zu einer Volksabstimmung kommen kann. Bundesrat und Landesregierung sehen wirtschaftliche Konsequenzen durch die Umsetzung der Ecopop-Initiative, da sie eine Kündigung des Freizügigkeitsabkommens mit der EU bedeuten würde. Damit würden alle Verträge mit der EU hinfällig. Interessant ist aber unabhängig von der Umsetzung der Initiative der nationalistische Ansatz in der Abgrenzung zur EU. □