Editorial von Werner Rohmert – Über den EZB-Grisu und warum CONDOR irgendwie keinen Spass macht

Sehr geehrte Damen und Herren,

gestern bin ich aus Urlaubs-Südafrika zurückgekommen. Spaß machte es nicht. Geier und Drachen verhauten die Freude. Im Einflussbereich des freundlichen Trottel-Teams von CONDOR (amerikanischer Riesengeier) fühlt man sich schon am Flughafen wie zu Hause. Die bezahlten und seit Ewigkeiten bestätigten Plätze waren natürlich ebenso wie auf dem Hinflug vergeben. Zum zweiten Mal 12 Stunden Economy brutal war die Konsequenz. „Wir haben ein neues Buchungssystem. Das verkauft Sitze doppelt. Das haben wir jeden Tag“, meinten die CONDOR-Mitarbeiter. Das Formular füllten sie diesmal selber aus. Geht vermutlich direkt in den Papierkorb. Mal sehen, was die Kundenbetreuung zur Rückzahlung der Aufpreise sagt. Freiwillig zum Hinflug bisher nichts. Dafür geht es am Flughafen Frankfurt bei der Passkontrolle neu zu. Das geht jetzt per Computer – langsam. Der Fortschritt ist unaufhaltsam. Deutschland wird professioneller.

 

Südafrika-Fazit: Der Wechsel der Jahreszeit statt der Uhrzeit ist angenehm. Vor Ort in Südafrika trafen wir überwiegend Wiederholungstäter. Die gefühlte Sicherheit in den Touristenreservaten ist weit besser als die Statistik. Freundlichkeit ist sowieso Landes-Charakter. Auch Trinkgeld-Dienstleister waren nie (nordafrikanisch) fordernd. Über die teils atemberaubende Landschaft können Sie woanders besser nachlesen. Die Flugkosten rechnen sich bei währungsbedingter „Halb-Preis-Politik“ nach einer Woche. Nachteile sind die stark wachsende touristische Durchdringung und die Notwendigkeit langer Vorbereitung bei Buchung, Restaurant-Reservierung und Abschlagzeiten. Geklappt hat es aber trotzdem vor Ort fast immer auch ohne Vorbuchung. Für „U40“ bleibt noch das Problem, dass um 22.00h die Bordsteine außerhalb der Metropolen hochgeklappt werden. Vor 20 Jahren wäre ich wahnsinnig geworden. Aber was das Wichtigste ist: Der ZAR (Rand) macht wieder Urlaubsgefühle wie früher. Wir haben 50 Euro Spekulationsgeld für nächstes Jahr behalten, die man der Lire-, Peseta- und $-Sammlung (und natürlich den 1.000-DM Bargeld-Reserve-Scheinen) hinzufügen kann.

 

Drachen (ital. Draghi) machen Angst. Lustig ist, wenn der kleine Drache Grisu, der unbedingt Feuerwehrmann werden will, bei Aufregung Feuer speit. Sie erinnern sich an die Kinderstunde. Weniger lustig ist unser EZB-Grisu, der gestern wieder Feuer spie. Ich hätte im Studium bei damals 7 bis 10% Zinsen nie gedacht, dass man die gelehrten Zusammenhänge, dass ab etwa 2% Zinsen die Geldpolitik ihre expansive Wirkung vollständig verliert, einmal brauchen würde. Negativzinsen in normaler Wirtschaft hätten wir für idiotisch gehalten, wenn wir überhaupt darüber gesprochen hätten. Im Investment Banking und im Club Med Peripherieland-Studium hat man das wohl noch nicht einmal mehr gelernt. Den Beweis führt die Statistik. Im Wirtschaftsbau und bei Ausrüstungsinvestitionen passiert nämlich in Deutschland seit Jahren trotz Mini-Zinsen gar nichts. Das Geld versickert volkswirtschaftlich wertlos in Bestands-Inflation.

 

Versuchen wir es einmal bildlich. Wie geldpolitisch, intellektuell besessen muss man sein, bei längst vollem Tank immer mehr Benzin auf einem heißen, stotternden Konjunktur-Motor zu verschütten, um einer Handvoll beobachtender Pyromanen (gen. Finanzmärkte) Freude zu machen? Wie konnte die gutgemeinte EZB-Ausgestaltung so irre sein? Selbst die Finanzmärkte kapierten nach kurzem Freudenschrei, dass sie selbst in der Brandzone sitzen, wenn sich das verschüttete Benzin irgendwo entzündet. Das Ende des Euro als werthaltige Reservewährung und Bezugswährung wird so unvermeidlich. Das kostet Wettbewerbsfähigkeit. Wie technisch hilflos muss angelsächsisches „an Fällen lernen“ sein, um nicht zu verstehen, dass man eine kaputte Zündanlage oder Benzinpumpe nicht durch Draufschütten von Benzin heilt und dass ein (Konjunktur-) Motor nicht läuft, weil immer mehr Benzin da ist, sondern weil jemand (wirtschaftlich optimistisch) Gas gibt. Denken Sie daran: Bei unsachgemäßer Anwendung ist Benzin – übrigens ähnlich wie Vaterlandsliebe – kein Treibstoff, sondern Brandbeschleuniger.

 

MIPIM. Wie jedes Jahr sind wir auch dieses Jahr in Cannes. Unser Chefredakteur Andre Eberhard ist da. Ihn erreichen Sie unter +49 152 527 60 447. Ich mache zum ersten Mal nach 22 Jahren Bürodienst.