EXPO REAL 2014 – Qualität statt Quantiät

Die Expo Real ist zu Ende. Die Stimmung blieb gut. Während im letzten Jahr hauptsächlich Finanzierungsthemen im Fokus standen, sind in diesem Jahr Produkte gefragt. Die internationalen Investoren sind wieder mit Milliarden am Markt. Große Deals wie die Verkäufe des Messeturms oder der RWE Verwaltung gingen der Expo Real voran. Deutschland ist gefragter denn je. Das zeigte sich auch in der gestiegenen Teilnehmerzahl aus dem Ausland. (AE/WR)

 

36.900 Teilnehmer zählte die Messe München für die diesjährige Expo Real, die damit die größte Gewerbeimmobilienmesse Europas ist. 2,5% Besucher kamen mehr als im Vorjahr. Gefühlt waren die Hallen allerdings deutlich leerer. Das bestätigten durchweg alle Gesprächspartner. Im Gefolge der Lokführer-Streikankündigung fand zudem bereits ab Dienstagmittag ein Exodus statt. Dennoch betonten alle Gesprächspartner, dass die Terminkalender prall gefüllt waren. Sehr viel zielgerichteter als in den Jahren zuvor seien die Gespräche und Termine gewesen. Das „Fußvolk“ und die „give-away-Jäger“ waren deutlich in der Minderheit. Die Expo Real bleibe eine echte Arbeitsmesse. Der Trend zu immer mehr Gemeinschaftsständen von Metropolregionen weitete sich noch etwas mehr aus. Gleichzeitig kommen immer mehr ausländische Regionen aus den deutschen Nachbarländern während die Russen wieder weniger vertreten sind.

 

Von den 36.900 Teilnehmern (2013: 36.000) entfallen 18.600 auf Fachbesucher (2013: 18.600) und 18.300 auf die Repräsentanten der ausstellenden Unternehmen (2013: 17.400). Die Top Ten der Besucherländern sind neben Deutschland – in dieser Reihenfolge – Großbritannien, Niederlande, Österreich, Schweiz, Frankreich, Polen, Tschechische Republik, USA, Russische Föderation und Luxemburg. Die nächste EXPO REAL findet vom 5. bis 7. Oktober 2015 in München statt.

 

Insgesamt war es eine Expo Real des Optimismus. Deutsche Immobilien seien nach wie vor unterbewertet, war ein wichtiges Statement. 100%-Finanzierungen stünden kurz bevor. Die internationalen Adressen könnten sich auch fast wieder wie im letzten Boom finanzieren. Das hatten wir Ihnen übrigens nach unbestätigten Backgroundinformationen schon im Mai gemeldet.  Flüchtlingsministerin Barbara Hendricks ließ sich angeblich auf Wunsch des Bundeskanzleramtes mit kurzfristiger Absage auf der Expo Real nicht sehen (vgl. Editorial). Soviel zum Thema der aktuellen Bedeutung der Immobilienwirtschaft über die Melkkuh-Funktion hinaus. Insgesamt aber war die Messe ein Bild des gut gestimmten Professionalismus. Es gab wenig Golfbälle und Give aways. Für die nächsten Jahre sieht sich die Immobilienwirtschaft auf der Sonnenseite. Dabei spielt es eine untergeordnete Rolle, ob alle Investments langfristig Anlegersinn machen. Im Rahmen aktuellen Zinsumfeldes seien deutsche Immobilien eher noch unterbewertet, findet die Branche.

 

In den von „Der Immobilienbrief“-Herausgeber Werner Rohmert moderierten Runden der offiziellen Expo Foren bestätigten die Banker Jan Bettink, Vorstandsvorsitzender Berlin Hyp, und Sascha Klaus, Bereichsvorstand der Commerzbank AG und Vorstand der Hypothekenbank Frankfurt AG oder auch Georg Reutter, Vorstandsvorsitzender der DG Hyp, die Erwartung anhaltender Niedrigzinsen. In der immobilienwirtschaftlichen Interpretation auch von Deutsche Annington CFO Stefan Kirsten und Eduard Zehetner, Vorstandsvorsitzender Immofinanz Group, heiße das, dass allein auf Grund der Zinsdifferenz zu anderen vergleichbaren, vermeintlich risikolosen Anlagen in Deutschland Immobilien nach wie vor unterbewertet seien. Einigkeit bestand in der Interpretation der aktuellen Finanzierungssituation. Bei prosperierenden Immobilienmärkten, niedrigen Zinsen, guten Margen der Banken, guter Eigenkapitalbereitstellung und guter Finanzierungsbereitschaft der Banken sei die Finanzierungssituation für die Immobilienwirtschaft hervorragend.

 

BEOS Vorstand Professor Stefan Bone-Winkel, und Investa-Gründer Klaus Laminet, mit 42 Immobilien-Erfahrungsjahren noch vor Rohmert der Erfahrenste der Runde, sahen hier immobilienwirtschaftlich im Bereich der Core Immobilien an den typischen erstklassigen Standorten mit heutigen „Wandermietern“ der prominenten Beraterszene aber Gefahren der Kapitalanlage. Geld verdient werde beim Neubau und in der Sanierung. In der Besitzphase werde Geld verloren. Frank Zabel, GF Centrum Projektentwicklung stellte den Unterschied des „Einzelhandels-Core“ heraus. Steigende Mieten und langfristig einschätzbare Standorte, zeichnen den Handel aus. Risiko sei allerdings die jetzt bahnbrechende Entwicklung des Online-handels.

 

In Bezug auf Büros verwies Moderator und Core-Kritiker Werner Rohmert dabei auf den gerade letzte Woche verkauften Messeturm, der als Neubau Anfang der 90er Jahre zu knapp 40 Euro vermietet worden sei, während nach aktueller, aufwändiger Sanierung und Zertifizierung wohl eher eine Miete von näher bei 25 als bei 30 Euro Kalkulationsbasis gewesen sei. Die Eigentümer-Kaskade hatte auch noch 40% Inflation parallel zum nominalen Mieteinbruch zu verkraften. 4 bis 6 Jahresmieten Nachinvestment sind alle 20 Jahre fällig, ermittelte JLL am Frankfurter Hochhaus-Praxisbeispiel. Zwar müsse jede Immobilie regelmäßig saniert werden, aber in B-Lagen bei niedrigerem Mieteranspruchsniveau sei das deutlich günstiger und bei Cash-Mietrenditen von 7 bis 9% auch sehr viel einfacher darzustellen als bei Nettorenditen für Top Core mit einer „3“ oder „4“ am Anfang, rechnet zudem Bone-Winkel vor.

 

Uneinheitlich war die Betrachtung verbriefter Kredite. Kirsten, der für die Deutsche Annington, die an einem einzigen Tag fällige Grand-Verbriefung von sage und schreibe 4,3 Mrd. Euro vom Tisch bekommen hatte und damit ein Damoklesschwert von der Branche genommen hatte, tut sich nach seinen Erfahrungen schwer, Positives an Verbriefungen zu sehen. Bettink macht wiederum deutlich, dass der deutsche Pfandbrief absolut überhaupt nichts mit den in der Diskussion befindlichen internationalen Verbriefungen zu tun habe.

 

Positiv ist die Einschätzung der Immobilienmärkte. So bestätigte Sascha Klaus, dass in der Eurohypo-Nacharbeit in den letzten 24 Monaten rund 40 Mrd. Euro Commercial Real Estate Geschäft von der Bilanz genommen worden sei. Auch der Finanzierungsschwerpunkt der Jahre 2006 und 2007, der in Südeuropa lag, sei mit geringem Discount auf die Immobilien abgewickelt worden. Die Verluste resultieren aus den Abwicklungskosten.

 

Ruhrgebiet und Sachsen waren die weiteren Schwerpunkte der „Der Immobilienbrief“-Recherchen im direkten Podiumsgespräch mit den Oberbürgermeister(inne)n von Dortmund, Duisburg, Oberhausen und Mühlheim und den Landräten aus Recklinghausen, Unna und Wesel – das allein representierte 3 Millionen Menschen als Immobiliennutzer auf einem einzigen von „Der Immobilienbrief“ moderierten Podium – wurde die Turn Around Situation, gezielte Wirtschaftsförderung und das Vorhandensein exogenen Wachstumspotentials deutlich, das in den klassischen Metropolen eher begrenzt sei. Es machte aber gleichzeitig die Aufgabe der Wirtschaftsförderung der Metropoleruhr und des Regionalverbandes deutlich, einen gemeinsamen Auftritt im Wettbewerb der Metropolen zu gestalten. Im Gespräch mit Staatsminister Johannes Beermann, Chef der Sächsischen Staatskanzlei und designiertem Bundesbank-Vorstand stellten sich die sächsischen Investitonsstandorte in einer neuen demografischen und ökonomischen Wachstumssituation als Möglichkeit dar, deutlich höhere Renditen bei geringerem Risiko zu erzielen als in etablierten West-Standorten.

 

Fazit: Insgesamt wurde in Backgroundgesprächen der Expo Real deutlich, dass ein großer Unterschied zum letzten Boom bestehe. Zwar sei internationales Kapital wieder nahezu unbegrenzt verfügbar und es gäbe hohen Anlagedruck, allerdings stehe noch die Immobilie und eine qualifizierte Immobilien Due Diligence im Vordergrund. Der reine Excel-Einkauf sei noch nicht festzustellen. Das Geschäft bleibe sehr professionell. Übertreibungen seien im professionellen Geschäft noch nicht am Markt. Die Rahmenbedingungen seien stabiler. Es gebe vielleicht einzelne Preisübertreibungen, aber keine Blasen. Sicherlich sei nicht auszuschließen, das sich auch diesmal die Stimmung von einem auf den anderen Tag wandele, aber rechnen würde man damit auf absehbare Zeit nicht. Stark vertreten seien aktuell Investoren aus Nordamerika. □