Expo Real der gespaltenen Entwicklungen


Mahlen die Krisenfolgen wie Gottesmühlen?

Die Expo Real ist zu Ende. Die Messe meldet stolz eine Steigerung der Besucher und Ausstellerzahlen. 1.700 Aussteller und 38.000 Besucher (+1.000 ggü. Vorjahr) zählte die Messe München. Der Trend zu Gemeinschaftsständen setzt sich fort. „Angesichts der Finanz- und Schuldenkrise in Europa und den daraus resultierenden Herausforderungen und Marktveränderungen für die Immobilienbranche, nutzen Unternehmen die EXPO REAL, um sich auszutauschen und zu vernetzen“, erklärt Eugen Egetenmeir, GF der Messe München, den Zuwachs.

Am Mittwochmittag ging die EXPO REAL 2012 in München zu Ende. Seit Beginn der Messe vor 15 Jahren dürften die Rahmenbedingungen aus Sicht des Interesses an Sachwertinvestitionen nicht mehr so gut gewesen sein. Die Expo Real selber trotzte den volkswirtschaftlichen Krisen mit neuem Aussteller-Hoch. Es gibt in Deutschland keine Immobilienkrise. Es gibt keine Immobilienblase. Engpässe auf der Banken-Finanzierungsseite verzahnen sich mit neuen Finanzierungsangeboten. Solvency II ergänzt sich mit Basel III. Es sind sehr viel Liquidität und Eigenkapital im Markt, die Anlage suchen. Das sind die positiven Botschaften, die der neue Vorstandsvorsitzende der Deutsche Hypo, Thomas Bürkle, mit erklärtem Optimismus zusammenfasste. Der eigenen Bank gehe es gut. 3 Mrd. Neugeschäft sind zufriedenstellend. Die Hannoveraner sind einer des noch verbliebenen halben Dutzend Immobilienfinanzierer oberhalb des Sparkassen- und Volksbankensegmentes.

Unbestritten hat aber die Makro-Sicht der Entwicklungen an der Finanzierungsfront auch eine Kehrseite. Noch können wir die Ergebnisse unser Expo-Gespräche nicht abschließend würdigen. Das Bild ist gespalten. Gewinner und Verlierer differenzieren sich aus. Nicht alle dürften sich in der Selbsteinschätzung auf der richtigen Seite des Grabens sehen. Mikroökonomische und makroökonomische Betrachtung standen sich selten so konträr gegenüber. Regulierung und Bankensektor werden zum Engpass der Branche. Den Banken selber geht es dank verdoppelter oder verdreifachter Margen bei Neugeschäft und Prolongation gut. Eigenkapitalstarke Investoren und Finanzierer drängen auf den Markt und gleichen verringertes Fremdkapitalangebot weitgehend aus – so die offizielle Sprachregelung. Für den Platow-Rechenschieber bleibt allerdings nach der Überschlagsrechnung einer Halbierung der Zahl der Finanzierungsanbieter, die ihrerseits ihre Bilanzsummen drastisch eindampfen müssen, eine spürbare Finanzierungslücke. 50 Mrd. frisches Eigenkapital bräuchten allein die 9 systemrelevanten deutschen Banken, rechnete Alexander Hesse von Lone Star im Vorgespräch des von uns moderierten Expo-Forums vor. Die gibt es nicht. Also müssen die Bilanzen schrumpfen. Die Eigenkapitalfrage wird zum entscheidenden Problem der kommenden Jahre. Mit der Geschwindigkeit von Gottes Mühlen holen jetzt nach fast 5 Jahren die Krisenfolgen im Gefolge des Zusammenbruchs des Freilassens der Finanzmärkte mit Niedrigstzinsen viele Branchenteilnehmer ein. Die Regulierung schlägt mit der Genauigkeit eines Bombenteppichs auf alle denkbaren Schuldquellen ein und trifft öffentlichkeitswirksam diejenigen, die mit der Finanzkrise am wenigsten zu tun hatten, Offene und Geschlossene Immobilienfonds, die ihrerseits wichtigste Nachfrager der deutschen Gewerbeimmobilienmärkte sind.

Vordergründig schien die Stimmung gut. Die Immobilienmärkte überspielen in Deutschland die Folgen der Krise bzw. der vorhergehenden Auszeit des gesunden Menschenverstandes. Andererseits macht Savills-Chef Marcus Lemli klar, dass es in der heutigen Investment-Immobilienwelt eigentlich kein (Euro-) Europa mehr gibt, sondern nur noch Deutschland. Das Investitions- und Vermietungszahlenwerk der deutschen Immobilienmärkte spiegelt aus unserer Sicht die Perspektiven und Risiken nur unzureichend wieder. Wie nach dem erklärten Siegeszug der Globalisierung, Virtualisierung und Vernetzung der Immobilienbranche es heute möglich sein soll, dass sich Deutschland schadlos abkoppelt, bleibt für Platow offen. Konsequenz ist die anhaltende Core-Fixierung der Investoren, die aber keine Projekte findet, bzw. zu Preisen führt, die über eine „Core-Blase“ durchaus nachdenken lassen. Wir haben Ihnen das in unserem neuen Platow Spezial ausführlich zusammengefasst. Zwar ist genügend Eigenkapital im Markt, um dafür zu sorgen, dass gute Projekte realisiert werden, jedoch muss es sich auf das breite Immobiliengeschäft auswirken, wenn nur noch die Hälfte der Banken aktiv ist, die Neugeschäft und Bilanzsumme halbieren. Erstes Opfer dürfte der immobilienwirtschaftliche Mittelstand in Projektentwicklung und Publikumsgeschäft sein. Der Blick auf die Expo Real Beilagen von Publikums- und Fachmedien macht die Konsequenzen des Wandels schnell offensichtlich.

Hinsichtlich der fällig werden Kredite und CMBS gaben Fachleute eher Entwarnung – zumindest für Deutschland. Allerdings rechnet Tuuli Krane von Fitch vor, dass vom vielleicht symptomatischen CMBS Markt nur gut 40% in Deutschland plangemäß laufen. Gut 7% dürften ausfallen. Für den Rest sollte neu erwachtes Relationship Banking (Verschiebe-) Lösungen bereit halten. Die CMBS machen etwa 30 Mrd. von den ungefähr 120 Mrd. Boomfinanzierungen aus. Abschließende Lösungen durch Verwertungen werden selten durchgesetzt. Die professionelle Betreuung von Portfolien oder Immobilien kann Wertpotentiale heben und zudem gute Geschäftsperspektiven für spezialisierte Dienstleister aufzeigen, wie Christian Daumann, CR Investment Management, und Christian Schulz-Wulkow, Ernst & Young, in der Platow-Diskussion betonten.

Von den 38.000 Teilnehmern entfallen 18.900 auf Fachbesucher (2011: 19.000) und 19.100 auf die Repräsentanten der ausstellenden Unternehmen (2011: 18.000). Die Top Ten unter den insgesamt 71 Besucherländern sind – in der Reihenfolge – Deutschland, Großbritannien, Österreich, Niederlande, Polen, Frankreich, Schweiz, Tschechische Republik, Russische Föderation und die USA.

Die nächste EXPO REAL findet vom 7. bis 9. Oktober 2013 in München statt. (AE/WR)