Gymnicher Gespräche – Institutionelle laufen Publikum den Rang ab

Wenig Euphorie in Bezug auf die Entwicklung des Marktes für Publikumsfonds entwickelten die Branchengesprächspartner der „Gymnicher Gespräche“, die „Der Fondsbrief“ zweimal im Jahr bei der Redaktion durchführt. Nach wie vor blockiert die Unklarheit über das Regulierungs-Procedere den Vertrieb. Finanzvertriebe verkaufen aus Produktmangel und Unsicherheit Direktinvestments oder unregulierte Produkte wie Genussscheine, die im Chancen-/Risikoraster oft weit jenseits gut prospektierter Geschlossener Beteiligungsmodelle angesiedelt sind.

Genehmigungsfristen von bislang über einem halben Jahr monieren einige Teilnehmer der Gymnicher Gesprächsrunde. Inzwischen gibt es anscheinend alphabetisch freigegeben eine Reihe von Kapitalverwaltungsgesellschaften, aber immer noch erst zwei genehmigte Publikumsfonds von Publity und INP. Für die Vertreter der Publikumslinien der Fondshäuser kommt ein weiteres Problem hinzu, wie Aquila-Geschäftsführer Axel Stiehler deutlich machte. Da das institutionelle Geschäft unglaubliche Zuflüsse und schnellen Erfolg habe, sei es schwer, die bereits eingekauften Vorrats-Assets für Publikumsfonds weiter reserviert zu halten. Zudem ergebe sich generell bei knappen Assets ein Wettbewerb im Einkauf. Im Dezember sei das erste Produkt eingereicht worden. Bislang seien aber immer noch viele Fragen offen. So soll z. B. der Werteverzehr einer Windkraftanlage in die Kennzahl der laufenden Kosten eingebracht werden, die eigentlich Aufschluss über die Verteilung zwischen Initiator und Anleger geben soll.

Das passt zu „Der Immobilienbrief“-Erfahrungen. Ein Blick in die Publity Prognose zeigt in der laufenden Kostenquote tatsächlich die laufende Mehrwertsteuer ohne Gegenrechnung der Einnahmen und die Anfangsinvestitionen zur Steigerung der Immobilienattraktivität zur Erhöhung des Vermietungsstandes auf. Das pusht die Kosten in völlig wesensfremde Höhen und geht an vielen Analysten mit einem schnellen Blick in die Quote völlig vorbei.

Teilnehmer der Runde waren diesmal auf Einladung von „Der Fondsbrief“-Chefredaktuer Markus Gotzi Frank Henes, im Vorstand der Commerz Real zuständig für unternehmerische Beteiligungen, Dr. Peters-Vertriebs-Chef Peter Lesniczak, Real I.S.-Geschäftsführer Andreas Heibrock, Aquila-GeschäftsführerAxel Stiehler, Signa-Property-Funds-Vertriebs-Vorstand Michael Wilke, Bouwfonds-Vertriebschef Roman Menzel, und der Autor.

Grundsätzlich zeigte die Runde die begonnene Regulierung als richtige Maßnahme für die Fondswirtschaft auch unter dem Aspekt einer Verkürzung des Marktes auf. Gleichzeitig besteht aus Makro-Sicht grundlegender Optimismus für Investments in Sachwerte. Allerdings steckt der Teufel im Detail. Schließlich betritt auch die BaFin bei aller anerkannter Professionalität Neuland. Schwierig zu verstehen ist sicherlich, dass drei identische Flugzeuge mit demselben Mieter in demselben Beteiligungsmodell zu einer Risikodiversifikation führen, während eine Mehrmieterimmobilie nicht diversifiziert ist.

In Bezug auf die KVG-Konstruktion vertritt Roman Menzel die Idee der Service-KVG, die sich um alle Formalia kümmere, während Bouwfonds sich auf alle Performance relevanten Sachverhalte konzentrieren könne. Frank Henes kündigte an, Commerz Real werde in Kürze ein erstes reguliertes Angebot für private Kapitalanleger bringen. Der Blick hinter die Kulissen macht das Anspruchsniveau der BaFin deutlich. „Die wollen wirklich alles wissen“, berichtet Signa-Vorstand Michael Wilke. Im Falle der Signa Funds AG, Tochter der österreichischen Signa Holding, betreffe das jede verbundene Gesellschaft bis zur letzten natürlichen Person. Dr. Peters ist in Bezug auf einen neuen Fonds zurückhaltend. „Bevor wir einen neuen Fonds auflegen, wollen wir zunächst alle Fragen geklärt haben“, sagte Peter Lesniczak.

Andreas Heibrock sieht eine aktuelle Vertriebschance durch Produktknappheit im Vertrieb. Problem sei die Überzeugung des Beraters. Der Kunde frage nicht nach Geschlossenen Modellen. Der Impuls müsse vom Berater kommen. Der sei aber verunsichert. Im Vertrieb sieht er die Notwendigkeit neuer Provisionsmodelle.

Ein wenig geteilt ist die Meinung zum Zusammenwachsen von institutionellem Geschäft und Publikumsgeschäft. Zwar würden die Welten sich näher kommen und die Institutionellen würden professionelle Maßstäbe für das Asset Management vorgeben, jedoch gebe es den Unterschied speziell im Vertrieb, dass institutionelle Anleger mit Geld anderer Leute risikogestreute Portfolios anlegen, die einzelne Abweichungen problemlos verkraften könnten, während der private Publikumsanleger sein eigenes Geld mit eher geringer Streuung investiere. Das stelle andere Anforderungen an Chance-/Risikoraster der Assets und auch an den Vertrieb.