Hamburg auf der MIPIM

Jürgen Hoffmann

„Eine lebenswerte Metropole am Wasser und ein solider Markt für Investments“. Unter dieser Headline präsentiert sich Hamburg auf der diesjährigen MIPIM in Cannes. Für den Gemeinschaftsstand der Stadt haben sich 18 private Unternehmen und Verbände – darunter aurelis Real Estate, Quantum und LIP Ludger Inholte Projektentwicklung – sowie sechs Institutionen  zusammengeschlossen. „Private Public Partnership im besten Sinn“, frohlockt Jutta Ludwig, Geschäftsführerin der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung. Ihrer Meinung nach profitiere die Metropolregion von der Krise der Volkswirtschaften rund um das Mittelmeer, weil sich das Augenmerk vieler Investoren dadurch auf „solide“ Märkte richte, „für die weiterhin gute Renditen erwartet werden“. So weit, so gut.

 

Unabhängig schöner Prospekte und glatter Reden dürfte rund um den Hamburg-Messestand aber auch Klartext geredet werden: Hamburg wächst, es gibt zu wenig Wohnungen, aber zu viele Büros, die Internationale Bauausstellung (IBA) findet im Arbeiterstadtteil Wilhelmsburg statt und die HafenCity soll als nachhaltiges Stadtentwicklungsprojekt Vorbildfunktion haben.

 

Der Reihe nach: Immer mehr Menschen ziehen nach Hamburg. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, hat sich der Senat der Stadt vorgenommen, jährlich rund 6.000 neue Wohnungen zu bauen. Doch die von der SPD geplante Deckelung der Mietanhebungen bei Neuvermietungen auf maximal zehn Prozent über den ortsüblichen Vergleichspreisen und bei bestehenden Verträgen aus maximal 15 Prozent binnen vier Jahren könnte dieses Ansinnen untergraben: Marc Stilke, CEO des Immobilienportals ImmobilienScout24, sieht in solchen Begrenzungen „einen gefährlichen Eingriff in kommunale Immobilienmärkte, der private Investoren abschreckt“. Auch der Immobilienverband Deutschland Region Nord (IVD-Nord) malt als Folge der Deckelung einen Rückgang der Neubauaktivitäten an die Wand.

Büros gibt es in Hamburg dagegen en masse. Die Leerstandsquote beträgt derzeit 8,2 Prozent. Im vergangenen Jahr wurden 435.000 Quadratmeter an Bürofläche neu vermietet – 19 Prozent weniger als 2011. Die Spitzenmiete für erstklassige Objekte erhöhte sich von 24,00 Euro auf 24,50 Euro je Quadratmeter. Durch die Inbetriebnahme der neuen U-Bahnlinie in die HafenCity, in der tausende Büros leer stehen, und die IBA, die den Blick vieler Touristen und Investoren auf bisher vernachlässigte Stadtteile lenken wird, erhoffen sich die Immobilienwirtschaft und der Senat zusätzliche Impulse. Kritiker der IBA sehen die Gefahr, dass viele alteingesessene Bewohner des teilweise von Armut geprägten Stadtteils vertrieben werden. Ein Beleg: Bauvereine, Genossenschaften und die städtische SAGA-GWG haben die Mieten bereits um teilweise zwanzig Prozent innerhalb eines Jahres erhöht. Auch die Form der IBA-Förderung ist Anstoß für Kritik, da teilweise seit Jahrzehnten bestehende Projekte durch die Ausstellung in Bereiche gedrängt werden, die sie ohne die Förderung – also nach dem Ende der Bauausstellung – aller Voraussicht nach nicht halten können. In Wilhelmsburg engagierte Unternehmen werben trotzdem mit dem Schlagwort „Nachhaltigkeit“. Diesen Modebegriff trägt auch die HafenCity vor sich her. Mit einer extrem hohen Bebauungsdichte (bis zu 5,6 GFZ), der Nutzung eines Fernwärmenetzes mit Kraft-Wärme-Kopplung, einer geringen CO2-Emission (89 bis 175 g/kWh), der Verwendung langlebiger Materialien und umweltschonender Baustoffe soll das neue Quartier zukunftsweisende Standards setzen. Probleme bereiten aber weiterhin die Emissionen, die durch den Betrieb der Dieselmotoren der Kreuzfahrtschiffe erzeugt werden. Sie belasten die Lebensqualität in der Hafencity. Durch eine Landstromanlage könnte die Verschmutzung der Luft deutlich reduziert werden, allerdings schieben die städtischen Hamburger Projektentwicklung den Schwarzen Peter nach Brüssel: Dort müssten zunächst internationale Standards für Stromstärke und -spannung sowie für die Normung der Anschlüsse gesetzt werden.