Hanseatisches Tauziehen – Initiative will Bau sämtlicher Flüchtlingsunterkünfte in Hamburg stoppen

Die so genannten „Initiativen für erfolgreiche Integration Hamburg“ wollen den Bau sämtlicher Flüchtlingsunterkünfte stoppen und den Senat zwingen, auf ihre Forderungen einzugehen. Andere Initiativen wollen lieber ohne Druck verhandeln

Mit gleich sechs Bürgerbegehren versuchen die Gegner großer Flüchtlingsheime die geplanten Großbauten zur Unterbringung Geflüchteter erst mal auf Eis zu legen. Ihre Forderung: Nicht mehr als 300 Menschen in einer Unterkunft und eine Luftlinie zwischen den einzelnen Heimen von mindestens einem Kilometer.

Sie gehen davon aus, dass Wohnblocks mit tausenden Menschen Integration unmöglich machen und dadurch nur die Brennpunkte von morgen entstehen. Immerhin sehen das viele Bürger so. Die aktivsten haben sich erst in 15 Bürgerinitiativen, dann in einem Dachverband zusammengeschlossen und binnen fünf Tagen 26.000 Unterschriften für eine Volksinitiative für gute Integration gesammelt. So erzählt es ihr Sprecher Klaus Schomacker in einem offenen Brief an Bürgermeister Olaf Scholz. „Man muss dazu nur über die Landesgrenzen Hamburgs schauen. In anderen Bundesländern hat man sich bewusst dafür entschieden, pro Standort nur sehr wenige Flüchtlinge unterzubringen. Sachsen empfiehlt höchstens 150 Flüchtlinge pro Unterkunft, Schleswig-Holstein plant mit maximal 100 Menschen“, so Schomacker.

Inzwischen hat der Mann Konkurrenz bekommen – in Form eines zweiten Dachverbands und in Person von Carsten Scheide, dem Sprecher der frisch gegründeten Initiative „Hamburg integriert“. Scheide beruft sich auf andere Quellen als Schomacker und hat nicht gegen größere Unterkünfte, weil es Studien gebe, die belegten, „dass eine gewisse Größe von Unterkünften für eine gelungene Integration nötig sein kann. Bei zu geringen Wohneinheiten kann es demzufolge passieren, dass die Leute sich ´verrammeln´, gar nicht mehr rausgehen“, so Scheide in einem aktuellen „Zeit-Online“-Interview. „Die Größe der Unterkünfte ist überhaupt nicht der springende Punkt – diese Debatte führt am Thema vorbei. Das Wort ´Großunterkunft´ ist zu einer bloßen Hülse verkommen. Womöglich bezeichnen die Blankeneser ihre mit 200 Flüchtlingen geplante Einrichtung auch schon als Großunterkunft. Dabei müssen wir uns vielmehr darüber Gedanken machen, wie wir Integration leisten. Durch bloße Unterbringung integriert man niemanden…“

Er schlägt vor, in jedem Stadtteil Integrationsbeiräte zu schaffen, in denen Experten und Ortsansässige zusammen arbeiten und die individuell bestmögliche Lösung finden. Die Stadt müsste mit ihnen so transparent wie möglich kooperieren, ihre Pläne erklären und  die konkrete Umsetzung veröffentlichen. Scheide: „Die ideale Unterkunft wird es in Hamburg nicht geben, weil wir nun mal die entsprechenden Flächen nicht haben. Diesen Wunschtraum dennoch in der öffentlichen Debatte zu thematisieren, führt zu Augenwischerei und einer unnötigen Zuspitzung der Debatte.“

Der andere Dachverband will nicht mehr debattieren, sondern mit Hilfe von Bürgerbegehren Tatsachen schaffen. Sie haben den Vorteil, dass auf Bezirksebene wenige tausende Stimmen ausreichen, bis eine Sperrklausel greift. Danach darf nichts mehr gegen das Interesse des Bürgerbegehrens entschieden werden. Sämtliche Bauarbeiten würden ruhen. So weit der Plan – wenn er denn funktioniert. Denn vermutlich sind die Begehren juristisch fragwürdig. Die Bezirke werden vermutlich in dieser Woche alle Bürgerbegehren ablehnen, woraufhin den erzürnten Bürgern nur noch der Gang vor Gericht bliebe.