Immobilienmarkt Österreich – Außer Wien spielt kaum ein Standort eine große Rolle

Andreas Wellstein, Immobilien Research DekaBank

 Angesichts der immer noch hohen Unsicherheit, beispielsweise infolge der Ukrainekrise, zeigen sich die österreichischen Unternehmen weiterhin zögerlich bei Investitionen. Rückenwind kommt vom gesunkenen Ölpreis, der zur Belebung des Konsums beiträgt. Weitere Impulse für den Export kommen von der Euroabwertung, wenngleich die Entwicklung in Osteuropa diesem Grenzen setzt. Nach einem verhaltenen Jahr 2014 stehen die Chancen gut, dass die österreichische Volkswirtschaft wieder Fahrt aufnimmt. Wir erwarten 2015 eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um 0,5% und 2016 um 1,3%. Die Arbeitslosigkeit ist im europäischen Vergleich außergewöhnlich niedrig.

Büromarkt Wien: Ein Hort der Stabilität

 Der Flächenumsatz am Wiener Büromarkt verringerte sich 2014 um 40% gegenüber dem Vorjahr und lag deutlich unter dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Die öffentliche Hand gehörte mit einem Anteil von 37% am Flächenumsatz zu den aktivsten Nachfragern. Zum Jahresende belief sich der Leerstand auf 6,7%. Die Donaumetropole weist im europäischen Vergleich einen der niedrigsten Werte auf. Beim Neubauvolumen wurde 2014 ein zyklisches Tief erreicht. Im laufenden Jahr wird die Fertigstellung deutlich ansteigen, der Vorvermietungsgrad ist allerdings sehr hoch. Der Bezug neuer Unternehmenszentralen (Erste Bank, ÖBB) setzt vor allem ältere Flächen frei, daher rechnen wir mit einem leichten Leerstandsanstieg. Die Spitzenmiete in Wien weist im europäischen Vergleich ein moderates Niveau und eine geringere Volatilität auf. Sie erhöhte sich im dritten Quartal 2014 um 2% auf 23 EUR/m²/Monat. Wir prognostizieren bis 2019 ein moderates Wachstum von knapp 2% pro Jahr.

Einzelhandel: 1a-Lagen in Wien prosperieren, Sättigung bei Shopping-Centern

 Der Einzelhandelsumsatz in Österreich verzeichnete 2014 ein Wachstum von 0,3% nach einer Schrumpfung von 0,3% im Vorjahr. Er dürfte im laufenden Jahr parallel zur konjunkturellen Erholung weiter anziehen. Die Nachfrage nach modernen Einzelhandelsflächen ist unverändert hoch, gefragt sind insbesondere zentrale Citylagen und etablierte Shopping-Center. Die Spitzenmiete in den 1a-Lagen von Wien hat in den vergangenen drei Jahren im Vergleich zu den Jahren davor ein überdurchschnittlich starkes Wachstum erlebt. Bedingt durch die hohe Nachfrage internationaler Marken bei begrenztem Angebot betrug der jährliche Mietanstieg 2012 bis 2014 im Durchschnitt 9,3%. Auf Fünfjahressicht dürfte der Mietanstieg bei knapp 3% pro Jahr liegen. Bei der Versorgung mit Shopping-Center-Flächen ist inzwischen eine Sättigung eingetreten, insbesondere im Großraum Wien. Umbau, Erweiterung und Neupositionierung bestehender Objekte rücken in den Vordergrund, wie die Beispiele „Auhof Center“ im Westen und „Huma Center“ im Südosten der Hauptstadt zeigen.

Bei Touristen beliebt: Tirol, Salzburg und Wien

 Für das Alpenland Österreich hat der Tourismus eine sehr große volkswirtschaftliche Bedeutung. Die direkten Wertschöpfungseffekte beliefen sich 2014 auf 16,9 Mrd. Euro, was einem BIP-Anteil von 5,1% entsprach. Die Übernachtungen verminderten sich geringfügig um 0,5% auf knapp 132 Mio. Unter den Bundesländern verzeichnete Tirol den höchsten Übernachtungsanteil (34%), gefolgt von Salzburg (19%) und Wien (10%). 2013 überholte Wien erstmals das Bundesland Kärnten, das bis dahin traditionell an dritter Stelle gelegen hatte. Unter den Landeshauptstädten behauptet Wien mit weitem Abstand den Spitzenplatz vor Salzburg und Innsbruck. Dank höherer Auslastung und gestiegener Zimmerpreise erhöhte sich der Zimmererlös (RevPAR) am Wiener Hotelmarkt 2014 um 4,6%. Die Perspektiven für den Wiener Hotelmarkt sind trotz der gut gefüllten Projektpipeline positiv. Der Städtetourismus sorgt für eine anhaltend hohe Nachfrage. Der Zuwachs bei den Übernachtungen sollte einen Abwärtsdruck auf die Zimmerpreise ausgleichen können, Marktbereinigungen sind jedoch nicht ausgeschlossen.

Logistikmarkt: International ohne Bedeutung

 Der Logistikmarkt ist vergleichsweise intransparent. Dies liegt hauptsächlich daran, dass er sehr stark von Eigennutzern dominiert wird. Es gibt kaum Standorte mit internationaler Bedeutung, die Funktion als Drehscheibe nach Osteuropa spielt keine größere Rolle. Für internationale Projektentwickler ist die Alpenrepublik kaum von Interesse. Die Nachfrage nach Logistikflächen war in den vergangenen Jahren vergleichsweise überschaubar, daher war auch das Neubauvolumen entsprechend gering. Die Mieten haben sich seit 2011 nicht verändert und dürften auch im laufenden Jahr stabil bleiben. Sie erreichen in Wien bis zu 4,75 Euro/qm pro Monat, für ausgewählte Objekte werden bis zu 6 Euro/qm pro Monat erzielt. Damit gehört Wien trotz des geringen internationalen Standards zu den teuersten Standorten in Europa.

Mehr internationales Interesse am Investmentmarkt und weiter steigende Preise

 Das Transaktionsvolumen gewerblicher Immobilien in Österreich belief sich 2014 auf rund 2,8 Mrd. Euro, ein Zuwachs von 60% gegenüber dem Vorjahr. Damit wurde der höchste Wert seit 2007 erreicht und der zehnjährige Durchschnitt um 40% übertroffen. Das Interesse ausländischer Anleger hat deutlich zugenommen. Deutsche Investoren zeichneten für 29% des Gesamtvolumens verantwortlich (Vorjahr: 20%), die übrigen Ausländer kamen auf 21% (Vorjahr: 5%). Die überwältigende Mehrheit der Transaktionen in allen Nutzungsarten entfällt traditionell auf Wien und Umgebung. Die Regionalzentren mit ihrer geringen Größe und Intransparenz spielen international gesehen keine Rolle. Die Spitzenrenditen gaben 2014 in allen Marktsegmenten nach. Wir rechnen mit weiteren Renditerückgängen im laufenden und kommenden Jahr.