Interview – „Im Hochpreissegment ist eine Grenze erreicht“

 

Im Gespräch mit Juliane Mann, Vorstand Vertrieb und Marketing Project Immobilien Wohnen AG

Juliane Mann

Juliane Mann

Der Immobilienbrief: Frau Mann, seit Anfang des Jahres herrscht Verwirrung bei den Prognosen zum Wohnungsmarkt. Vieles ist seitdem zu lesen. Was ist aus Ihrer Sicht denn nun die aktuelle Lage auf den Wohnungsmärkten?

 

Mann: Das Wachstum der Preise hält aus aktueller Beobachtung nicht über alle Preissegmente an. Wir beobachten, dass im Hochpreissegment in vielen Städten eine Grenze erreicht sein könnte. Was allerdings auch beobachtet wird, ist dass die Preise in den Segmenten unterhalb dem Hochpreissegment weiterhin stark steigen und sich – beispielsweise in München – diesem immer mehr annähern. Darüber hinaus steigen die Preise im Umland überproportional stark, hier findet also ein Ausweicheffekt statt.

 

Die aktuelle Lage auf den Wohnungsmärkten ist positiv. Die Verkaufszahlen im Gesamtmarkt sind stabil auf hohem Niveau, der Leerstand ist in den großen Städten auf einem sehr geringen, ungesunden Niveau. Um hier konkrete Zahlen zu nennen: 3% Leerstand gelten als gesund. In Berlin liegt die Leerstandsquote bei 1,2%, in Hamburg und Frankfurt bei rund 0,5% und in München sogar bei 0,2%. Die Mietpreise in allen gerade genannten Metropolen steigen sowohl im Neubau als auch im Bestand. Die aktuellen Fertigstellungszahlen decken auch künftig den Bedarf bei Weitem nicht ab.

 

Auch bei PROJECT macht sich die konstant starke Nachfrage bemerkbar. Zum 31. Mai hat PROJECT deutschlandweit einen Umsatz von rund 140 Mio. € realisiert und liegt damit mehr als 50% über dem Umsatz des Vorjahres.

 

DIB: Sie kommen in ihrer aktuellen Studie zu dem, wie Sie sagen, „überraschenden“ Ergebnis, dass die Wohnungskaufpreise gerade in Düsseldorf und Wien im Jahresvergleich nachgegeben haben. Wie kam es zu dem Ergebnis?

 

In den Städten Düsseldorf und Wien haben die Preise nicht nachgegeben. Die Betrachtung stützte sich auf die gesamten Metropolregionen. Im Fall Düsseldorf sind die Städte Monheim, Meerbusch und Neuss inbegriffen. Die Stadt Düsseldorf (ohne Umland) hat im Zeitraum März 2016-März 2017 eine Verkaufspreissteigerung von + 3,3%. Dass die Preise der Metropolregion gesunken sind, ist auf Projekte im Umland zurückzuführen. Hier sind einfach mehr Projekte auf den Markt gekommen, die zu günstigeren Preisen angeboten werden.

 

In Wien verhält es sich ähnlich. Die Preise in der Metropolregion, inklusive der Umlandbezirke Mödling, Baden, Tulln, Korneuburg, St. Pölten-Lan und Bruck an der Leitha, sind mit 0,1% geringfügig gesunken. Auch hier sind im Umland mehr Projekte auf den Markt gekommen, die zu günstigeren Preisen angeboten werden. Die Stadt Wien hingegen verzeichnet im Zeitraum März 16-März 17 eine Verkaufspreissteigerung von +1,3%. Dieser Wert ist im Vergleich zu anderen Städten gering, bei einem Volumen von 301 Projekten im März 2017 zeigt dies jedoch eine Stabilität des Wohnungsmarktes der österreichischen Hauptstadt.

 

DIB: Wie sieht die Entwicklung auf den anderen Märkten aus, an denen Sie investiert sind?

 

Berlin weist mit einer Verkaufspreissteigerung von 8,8% (Mrz 16-Mrz 17) ein sehr starkes Wachstum auf, dicht gefolgt von Hamburg mit 8,0%. Die Preissteigerung in Nürnberg ist mit 5,4% noch etwas moderater. Die höchsten Werte sind in Frankfurt mit einer Preissteigerung in Höhe von 13,5% zu beobachten.

 

Die durchschnittlichen Verkaufspreise bewegen sich im März 2017 zwischen 4.240 €/qm in Nürnberg und München mit 8.059 €/qm.

 

DIB: Neueste Studien zeigen, dass sich mittel- bis langfristig die angespannte Situation an den Wohnungsmärkten durch steigende Fertigstellungszahlen entspannen wird. Sehen Sie das ähnlich?

 

Wenn man die aktuellen Fertigstellungszahlen den vom IW Köln ermittelten Neubaubedarf entgegensetzt, reichen die aktuellen Fertigstellungszahlen in den A-Städten nicht aus, um den Bedarf zu decken.

 

Insgesamt lässt sich für alle Städte festhalten: ein Ende des Bevölkerungswachstums ist bis 2030 nicht abzusehen. Viele Bevölkerungsprognosen der Vergangenheit mussten revidiert werden, weil die Bevölkerung schneller wuchs als angenommen. Bei weiterem Zuzug in die Städte sinkt der Leerstand konsequent. Die Folge: Wohnraum wird knapper. Mehr Bevölkerung erfordert allerdings mehr Wohnraum, welcher aktuell nicht vorhanden ist. Gleichzeitig sinkt auch noch die Flächenverfügbarkeit in den Städten.

 

DIB: Wo sehen Sie weitere Wachstumsmärkte?

 

Durch steigendes Bevölkerungswachstum in den Randlagen der Big Seven. Durch den Bevölkerungsdruck muss die Bevölkerung ins Umland ausweichen was dort zu steigenden Preisen und einer erhöhten Bautätigkeit führt. Dies ist heute schon gut am Beispiel München zu erkennen: das Umland wächst, die Projekte verkaufen sich zügig. Des Weiteren ist ein Wachstum in den B-Städten zu erwarten.

 

DIB: Als Projektentwickler, der die Wohnungen im Einzelverkauf am Markt platziert und den Bau durch geschlossene Alternative Investmentfonds finanziert, sind Sie maßgeblich abhängig von der Entwicklung der Baukosten sowie der Wohnungskaufpreise. Wie sehen aktuell die Umsatzerwartungen durch Wohnungsverkäufe bei Ihnen aus?

 

Wir sind im ersten Halbjahr bereits auf Rekordkurs und zuversichtlich, dass wir das gute Ergebnis des letzten Jahres erneut übertreffen werden.