Investmentrekorde am Gewerbeimmobilienmarkt purzeln

 

Mehr als die 33-fache Jahresmiete zzgl. oft zweistellige Erwerbsnebenkosten zahlen Investoren für die besten Einzelhandelsimmobilien und inzwischen auch für Büros. Mit den Maßstäben früherer Hype-Phasen ist das aus „Der Immobilienbrief“-Sicht nur noch schwer vergleichbar. Große Objekte packen natürlich schnell viel Geld weg, das in kleineren Tranchen viel mehr Arbeit und deutlich geringere Provisionen bzw. Managementfees bedeuten würde. Gute Konjunktur lässt Excel-Mietprognosen tanzen. Fehlende Alternativinvestments könnten Synonym für Anlageverzweiflung sein. Die breite Asset Inflation in allen Immobiliensegmenten lässt aber die Inflationsstatistik der Geldpolitik kalt, die Draghi gerne für die Vergewaltigung des Zinsmarktes heranzieht. Die Immobilienfachleute bleiben aber in ihren Analysen trockener. Die vorläufigen Investmentzahlen der JLL Jahresberichterstattung werden in der Realität noch einmal überboten. BNP Paribas Real Estate hat ein bundesweites Investment von gut 58,2 Mrd. Euro (+11%) in Gewerbeimmobilien ermittelt. JLL kontert mit einem Transaktionsvolumen von rund 56,8 Mrd. Euro (+7% gg. Vorjahr), der den nur zwei Jahre alten Rekord aus dem Jahr 2015 nicht nur erreiche, sondern um 1,7 Mrd. Euro sogar überträfe. Wir haben Ihnen später noch mit einem kleinen Researcher-Potpourri einen Überblick über die einzelnen Segmente gegeben. Die qualitativen Begründungen hatten wir Ihnen schon in „Der Immobilienbrief“ Nr. 414 aus der Jahrespressekonferenz von JLL zusammengestellt.

 

Es ist müßig darüber zu diskutieren, ob es sich beim 2017er Ergebnis um das beste Jahresergebnis, wie JLL ermittelt oder um das zweitbeste Ergebnis nach 2007 wie BNP Paribas Real Estate errechnete, handelt. Das große Interesse an deutschen Immobilien hält also unverändert an. Ausschlaggebend für die Anleger seien die sehr guten Fundamentaldaten, berichten wenig überraschend die Researcher. Diese Entwicklungen kämen auf den Nutzermärkten an (vgl. u.g. Berichterstattung zur Bürovermietung). Unterstützend wirke das nach wie vor sehr günstige Finanzierungsumfeld, sodass auch die Renditen im Jahresverlauf noch weiter nachgegeben hätten. Erfreulich sei, dass sich das rege Marktgeschehen auf alle Assetklassen erstrecke, berichten, wie die Einzelberichterstattung auch deutlich macht, unisono die großen Maklerhäuser.

 

Mit einem Anteil von gut 41% (23,94 Mrd. Euro) am Gesamtumsatz haben sich in der BNPPRE-Statistik die Büroobjekte erwartungsgemäß wieder an die Spitze der Nutzungsarten gesetzt. Mit über 20,19 Mrd. Euro sei so viel in einzelne Bürohäuser investiert worden wie noch nie. Portfolios verloren auf Grund nicht ausreichenden Angebotes an Bedeutung. Auf Platz zwei mit 24% Anteil folgen mit 13,81 Mrd. Euro und einem Plus von 7% Einzelhandelsimmobilien. Eine neue Bestmarke haben Logistikimmobilien mit rund 9,18 Mrd. aufgestellt (vgl. auch u.g. Einzelberichterstattung).

 

Die knapp 38,86 Mrd. Euro, die in Einzelobjekte geflossen sind, stellen mit rund 1.700 erfasste Transaktionen einen neuen Rekord dar und liegen gut 7% über dem bisherigen Höchstwert von 2015. Vor allem großvolumige Büroobjekte hätten zu diesem Ergebnis überproportional beigetragen. Allein im dreistelligen Millionenbereich wurden 36 Verkäufe registriert. Insbesondere Frankfurt stand hier im Blickpunkt der Anleger und registrierte eine Reihe großer Deals, zu denen unter anderem der Tower 185, das JapanCenter oder Grand Central Frankfurt gehören.

 

Zwar liegen deutsche Käufer mit einem Anteil von 52% weiter knapp an der Spitze, ausländische Investoren konnten ihren Beitrag gegenüber dem Vorjahr aber deutlich auf jetzt 48% steigern. Am aktivsten waren erneut europäische Investoren, die auf 21% kommen. Auf nordamerikanische Anleger entfallen 11%, die sich damit nur hauchdünn vor Käufern aus Asien platzieren, die 10% beitrugen und ihr absolutes Volumen damit mehr als vervierfacht haben. Aber auch Käufer aus Nahost haben mit einem Anteil von 4% so viel in Deutschland investiert wie noch nie.

 

An den großen deutschen Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Stuttgart wurden insgesamt 30,94 Mrd. Euro (+5%) umgesetzt. An die Spitze gesetzt hat sich Berlin mit 7,92 Mrd. Euro (+46%). Damit kann die Hauptstadt das zweitbeste Ergebnis nach 2015 erzielen. Außerdem wurde hier mit dem Sony-Center, das für gut 1,1 Mrd. Euro veräußert wurde, der größte Einzeldeal des Jahres realisiert. Auf Rang zwei folgt Frankfurt mit 7,5 Mrd. Euro und einem Plus von 12%, womit der höchste Umsatz der vergangenen Dekade verzeichnet wird. Vervollständigt wird das Führungstrio erwartungsgemäß von München, wo mit 5,2 Mrd. Euro aber ein Rückgang um 18% zu beobachten war. Zu wenig Produkt kennzeichne auch den Hamburger Markt, meint BNPPRE, wo das Transaktionsvolumen um rund ein Viertel auf 3,56 Mrd. Euro zurückging, so dass sich die Hansestadt nur knapp vor Düsseldorf mit 3,23 Mrd. Euro (+38%) platziere. In Köln wurde mit 2,12 Mrd. Euro (+12%) zum zweiten Mal nach 2015 die 2-Mrd.-Euro-Schwelle durchbrochen und der bisherige Rekord nur hauchdünn verfehlt. Den größten Umsatzrückgang musste Stuttgart verkraften, wo der Umsatz mit etwa 1,41 Mrd. Euro um knapp ein Drittel nachgab.

 

In Berlin liegt die Netto-Spitzenrendite für Büros mit 2,90% erstmals unterhalb der bisherigen Schallmauer von 3,00%“, berichtet BNPPRE. Den zweiten Rang belege München mit 3,00%, das sich damit vor den Verfolgern Hamburg und Frankfurt platziere, die bei jeweils 3,15% notieren. In Stuttgart sind 3,40% anzusetzen. Weitere Rückgänge verzeichneten auch Düsseldorf mit 3,50% und Köln mit 3,55%. Damit hätten alle großen deutschen Standorte die 4-%-Marke mittlerweile deutlich unterschritten. Das deckt sich mit dem nebenstehenden JLL-Renditechart. Im Schnitt über alle sieben Hochburgen hinweg liege die Spitzenrendite für Büroimmobilien bei 3,27% und 29 Basispunkte unter dem Jahresendwert 2016, berichtet JLL. Berlin habe mit 2,90% die Schallmauer nach unten durchbrochen, bestätigt JLL die BNPPRE Recherche.