Investments aus der zweiten Reihe

Dr. Claus Becher, Immobilienresearch der DekaBank

Seit der Finanzkrise konzentrieren sich viele Anleger auf Investitionen im Core-Segment: Class A-Assets in den zentralen Lagen der besten und liquidesten Märkte. Das Angebot für diese Objekte, die als wertstabil gelten, ist jedoch knapp. Offen bleibt die Frage, ob sie wirklich eine stabile Performance aufweisen bzw. um welche Art von Stabilität es sich handelt. Wir überprüfen dies für den US-Bürosektor und unterscheiden Objektqualitäten, Randlagen und zentrale Lagen sowie die Qualität und Liquidität von Märkten. Das Ergebnis: Trotz der unbestrittenen Vorzüge des Core-Segments hätten Investments in Märkten aus der zweiten Reihe in den vergangenen Jahren zum Teil eine stabilere und bisweilen sogar stärkere Performance aufgewiesen.

Mieten und Leerstände

Die Mieten im Class A-Bereich sind in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 1,2% und damit etwas stärker als die Durchschnittsmieten angestiegen. Allerdings war auch die Volatilität leicht höher. Stärker steigende Mieten –allerdings bei gleich bleibender Volatilität –  zeigten sich auch im Segment zwischen den zentralen Lagen (Primärmärkte) und den Randgebieten. Am stärksten zeigte sich die unterschiedliche Mietentwicklung, wenn man die Primärmärkte Chicago, Los Angeles, Manhattan, San Francisco, Washington D.C. betrachtete und mit den von uns als Sekundärmärkte eingestuften Städten Boston, Dallas, Houston, Miami, Seattle und mit den Tertiärmärkten verglich (52 weitere Märkte). Gerade die Primärmärkte zeigten sich dabei deutlich volatiler.

Bei den Leerständen zeigt sich im historischen Vergleich der Unterschied zwischen Class A gegenüber B/C-Objekten mit 12,2% zu 14,0% und den zentralen zu den dezentralen Lagen mit 12,3% zu 15,2%. Am stärksten unterscheiden sich Primär- (8,9%) von Sekundär- (14,7%) und Tertiär-Märkten (15,8%). Dabei werden die Sekundärmärkte besonders durch die Standorte mit traditionell hohem Leerstand (Dallas, Houston) belastet.

Tabelle: Mieten, Renditen und Cap Rates

Cap Rates

Die starke Nachfrage und das begrenzte Angebot lässt die Preise für Class A-Objekte in Core-Märkten wieder ansteigen. Auch wenn die begrenzte Zahl an Transaktionen Aussagen erschwert, lässt sich feststellen, dass Spitzenobjekte in Manhattan, Washington D.C. oder San Francisco nur noch knapp 100 Basispunkte über den Tiefstständen von 2007 gehandelt werden. Aktuell liegen die Spitzen-Cap Rates um 180 Basispunkte unter den Cap Rates von Durchschnittsobjekten. Der Spread ist damit sogar noch 40 Basispunkte größer als im Durchschnitt von 2004 bis 2010.

Auch im Vergleich Zentrum/Randgebiete ist ein historisch hoher Spread festzustellen. Nach Daten von Real Capital Analytics (RCA) sind die Cap Rates in den Central Business Districts (CBD) im 3. Quartal 2010 auf durchschnittlich 6,5% und damit um 200 Basispunkte gegenüber ihrem Maximum von Q4/2009 gefallen. Die Cap Rates in den peripheren Lagen erreichen durchschnittlich 7,8%. Sie liegen zwar auch 150 Basispunkte unter dem Höchststand von Q4/2009, der Spread zwischen CBD und Randlage befindet sich aber mit 130 Basispunkten auf dem höchsten Stand der vergangenen zehn Jahre und damit deutlich über dem Durchschnitt von 72 Basispunkten.

Betrachtet man die Primär-, Sekundär- und Tertiärmärkte, so zeigt sich die zu erwartende Abstufung zwischen ihnen. Die Preise liegen in den Primärmärkten deutlich über den Sekundär- und Tertiärmärkten. Der Spread zu den Sekundärmärkten liegt aktuell nur bei 160 Basispunkten und damit sogar 20 Basispunkte niedriger als im Durchschnitt von 2004 bis 2010. Zu unterschiedlich kamen einzelne Städte aus der Krise, eine einheitliche Entwicklung von Primär- zu Sekundärmärkten lässt sich nicht erkennen.

Gesamterträge und Prognoseausblick 2011 bis 2015

Rechnet sich der höhere Preis, der für die Primär-Märkte im Class A-Segment in den CBD-Lagen bezahlt wird? Im Durchschnitt von 2004 bis 2010 lag der Total Return der Primärstädte bei 10,8%. Das niedrigere laufende Einkommen wurde durch Mietwachstum und Kapitalwertzuwachs überkompensiert, so dass ein höherer Total Return als in den Sekundärmärkten erzielt werden konnte.

Für den Prognosezeitraum 2011 bis 2015 sind wir diesbezüglich skeptischer. Zwar ändert sich das Bild nach unseren Leerstandsprognosen nicht wesentlich, in den Primärmärkten bleibt der Leerstand niedriger als in den Sekundärstädten. Die Mieten werden in den fünf Primärmärkten jedoch 2011 bis 2015 durchschnittlich nur noch um 3,5% p.a. steigen und damit kaum stärker als in den Sekundärmärkten, in denen wir ein Mietwachstum von 3,1% p.a. sehen. Dieser geringe Unterschied im Mietwachstum wird kaum ausreichen, um die durchschnittlich um 120 Basispunkte niedrigeren Cap Rates auszugleichen. Daher sollten in den nächsten fünf Jahren Sekundärmärkte mit Gesamterträgen von durchschnittlich 6,8% p.a. die Primärmärkte mit Gesamterträgen von 5,6% p.a. outperformen.