Meinungen und Statements zum Ende der Koalitionsverhandlungen

Bekommen wir Peter Ramsauer 2.0?

Endlich. Es ist vollbracht. Nachdem Jamaica gescheitert ist, haben wir nun die nächsten 3,5 Jahre – wenn es gut läuft – die nächste große Koalition. Mit 6 Ministerien ist dabei der vermeintliche Verlierer, die SPD, gut weggekommen. Gleichzeitig bekommt auch die CSU was sie will. Mit dem Innenministerium hat Seehofer die Flüchtlingsdiskussion und ein mögliches Zuwanderungsgesetz selbst in der Hand und dazu soll es auch für die Bauindustrie zuständig werden. Ob er wohl in die Fußstapfen von Peter Raumsauer passt?

 

Trotzdem ist m.E. die SPD der große Verlierer. Schuld daran dürfte Personalie Schulz sein. Wie oft hat Schulz betont zuerst keine große Koalition mehr zuzulassen? Wie oft hat Schulz betont kein Ministeramt in einer Regierung unter Angela Merkel antreten zu wollen? Das mag für viele keine Rolle spielen, könnte aber einen Großteil der SPD-Basis vollends verstört zurücklassen, wenn man dem Parteivorsitzenden nicht mehr glauben kann.

 

Die Immobilienwirtschaft wird auch in der nächsten Legislaturperiode eine wichtige Rolle einnehmen. Vor allem die Schaffung von Wohnraum steht ganz oben auf der immobilienwirtschaftlichen Agenda. Von Sonderabschreibungen für frei finanzierten Wohnungsbau bis hin zu Wohngipfeln und einer Wohnraumoffensive stehen viele Punkte im Vertrag.

 

    Unterdessen bekommen wir viele Pressemitteilungen von Verbänden und Marktteilnehmern zum Ende der Koalitionsverhandlungen. Wir stellen Ihnen einen kurzen Streifzug der Meinungen und Kommentare zusammen.

 

Der ZIA – Zentraler Immobilien Ausschuss, und der wichtigste Verband der immobilienwirtschaftlichen Lobby, begrüßt die neuen Instrumente für die Energiewende im Gebäudesektor. „Die Koalitionäre haben sich auf Technologieoffenheit, Wirtschaftlichkeit, Vereinfachung und Freiwilligkeit verständigt. Das ist der richtige Weg“, sagt Andreas Mattner, Präsident des ZIA. Insbesondere die Vereinfachung des Ordnungsrechts und die geplante Bilanzierung von CO2-Einsparungen auf Quartiersebene stimmen zuversichtlich. Auch die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung wird begrüßt, genauso wie die Neubauoffensive. Nun müssten aber Taten folgen. Negativ sei jedoch, dass die ursprünglich geplante Erhöhung der linearen AfA nicht weiterverfolgt würde. Auch seien die Maßnahmen zur Eigenheimförderung verbesserungswürdig. So müsste vor allem die Grunderwerbssteuer-Rallye der Bundesländer beendet werden.

 

Nachbesserungen fordert der ZIA auch beim Mietrecht. Die vorgesehene Senkung der Modernisierungsumlage auf 8% reduziere künftige Investitionen. Hinzu komme eine Kappung von drei Euro der monatlichen Miete auf einen viel zu langen Zeitraum von sechs Jahren. Das sei ein weiterer Modernisierungsblocker. Auch die Offenlegung der Vormiete sei ein unnötiges Herumdoktern an der Mietpreisbremse, schreibt der ZIA. Die Mietpreisbremse habe versagt.

 

Eine weitere Maßnahme der Koalitionspartner ist die Einführung einer erhöhten Grundsteuer für baulandreife Grundstücke, die noch nicht entwickelt werden. „Was augenscheinlich zu einer Mobilisierung von Flächen führen soll, könnte auch zur Folge haben, dass Grundstückseigentümer, die aufgrund von Engpässen bei Bauunternehmen nicht beginnen können oder sich in einem schwierigen Marktumfeld befinden, bestraft und im schlimmsten Falle enteignet werden“, meint Mattner. Diese Fälle müsse die künftige Regierung im Blick behalten. „Jeden Grundstückseigentümer als Spekulanten zu verteufeln ist ein Fehler!“

 

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie sieht die wichtigste Klarstellung in der Vereinbarung des Investitionshochlaufs für die Verkehrsinvestitionen mindestens auf dem heutigen Niveau. Die Bauindustrie begrüße es sehr, dass die Koalition dem zunehmenden Mangel an baureifen Projekten durch ein Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz begegnen will. Als hilfreich werde sich erweisen, dass sich die Koalition an den 12 Punkten der Strategie Planungsbeschleunigung des Verkehrsressorts orientieren will. Für ausgewählte Projekte mit überragendem öffentlichem Interesse sollen die Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzt und die Verwaltungsgerichtsverfahren auf eine Instanz beschränkt werden. Als negativ betrachtet der Verband, dass die neue Koalition der Forderung nach Zusammenführung von Bau- und Verkehrsinfrastrukturpolitik in einem Ressort nicht nachgekommen sei.

 

Der Bund der Steuerzahler sieht jedoch mehr Schatten als Licht in der neuen Koalition. Die mögliche große Koalition werde riesige Ausgabenprogramme auf den Weg bringen und wenig steuerpolitische Akzente setzen. Zwar hören sich Überschriften, wie mehr Geld für Bildung oder Infrastruktur und Gemeinden, gut an, aber letztlich werden diese Vorhaben für alle sehr teuer werden, so der Bund der Steuerzahler. Zudem werden wichtige Strukturreformen auf die lange Bank geschoben.

 

Am Ende hätten sich Union und SPD darauf geeinigt, die Steuermehreinnahmen und die Spielräume im Haushalt nicht für die Entlastung der Steuerzahler zu nutzen. Notwendige Reformen beim Einkommensteuertarif würden nicht durchgeführt. Entgegen der Versprechungen aller Parteien bleiben somit kleine und mittlere Einkommen hoch belastet. Auch beim Soli sei die Einigung zynisch. Einen Abbau erst für das Jahr 2021 in Aussicht zu stellen, sei keine seriöse Finanzpolitik. Zudem kommen auch noch Steuererhöhungen auf die Sparer zu, indem die Abgeltungsteuer abgeschafft wird. Insgesamt ist die Steuerbilanz der Koalitionsverhandlungen erschreckend und enttäuschend.

 

Der IVD klingt hingegen zuversichtlich. Endlich würde mit dem Koalitionsvertrag eine Trendwende für mehr Wohneigentum eingeleitet, so Jürgen Michael Schick, Präsident des IVD. „Nach der Abschaffung der Eigenheimzulage vor zwölf Jahren hat die Politik die Förderung des Wohneigentums völlig aus den Augen verloren. Die Eigentumsquote geht seit Jahren in vielen wirtschaftlich starken Regionen zurück, obwohl Deutschland mit einer Quote von derzeit 45 Prozent ohnehin schon am Tabellenende der Europäischen Union liegt. Es wird Zeit, dass sich etwas tut“, so Schick. Laut Entwurf des Koalitionsvertrages wollen Union und SPD die Eigentumsbildung für Familien finanziell mit einem Baukindergeld unterstützen. Dafür soll es für den Ersterwerb von Neubau oder Bestand ein Zuschuss in Höhe von 1.200 Euro je Kind und pro Jahr geben, der über einen Zeitraum von zehn Jahren gezahlt wird. Das Baukindergeld soll flächendeckend bis zu einer Einkommensgrenze von 75.000 Euro zu versteuerndem Haushaltseinkommen pro Jahr und zusätzlich 15.000 Euro pro Kind gewährt werden. Damit kann der Steigerung der Eigentumsquote eine neue Chance gegeben werden.

 

Der IVD begrüßt darüber hinaus auch das Bürgschaftsprogramm der KfW, mit dem ein Anteil des Kaufpreises bzw. der Baukosten selbstgenutzten Wohneigentums abgesichert würde. Dadurch solle das beim Erwerb notwendige Eigenkapital gesenkt werden. Die Bürgschaft soll für 20 Jahre gelten.