MIPIM 2012 – Deutschland als „safe haven“

Vergangene Woche fand die Gewerbeimmobilienmesse Mipim in Cannes statt. Das Wetter war nur bedingt geeignet, die übliche Sonnwendfeier-Stimmung heraufzubeschwören. Deutschland gewann dafür mit dem MainTor-Projekt des Frankfurter Immobilieninvestors DIC Asset AG und dem Refurbishment-Projekt „Alte Post“ der Alstria Office Reit AG und Quantum in Hamburg zwei der renommierten Mipim-Awards. Die schon im Vorfeld geäußerten geteilten Eindrücke blieben auch im Messeverlauf z. B. zwischen gefühlter Besucherdichte und Stimmung sowie offiziellen Statements bestehen.

Für uns war es der wohl 17. Messebesuch von mittlerweile 23 Messen in Cannes. Da leuchten die Augen vielleicht etwas weniger. Am Hauptkampftag war zudem das Wetter gut, so dass sich die Besucher besser verteilen konnten. Aber das war es in den Vorjahren auch. Nahezu ausnahmslos äußerten unsere Gesprächspartner den Eindruck einer um 10 oder 15% verringerten Besucherpräsenz. Vielleicht lag es auch an einer verkürzten Verweildauer, die wir in Gesprächen feststellten. Die Engländer waren wieder dominierend. Die Homepage von Daily und Sunday Express stellt dazu fest, dass eine Armee von britischen Politikern, Rathaus Bonzen und „Quangocrats“ vier Tage mit Wein und Speisen neben Tycoons und Prostituierten verbrachten, während der Steuerzahler zu Hause mit der Schließung von Bibliotheken, Freizeitzentren und öffentlichen Toiletten zu kämpfen habe. Für die deutschen Besucher galt das wohl eher nicht. Dazu war die Messe zu glatt und zu geschäftig. Es fehlten die großen Botschaften, aber gearbeitet wurde dennoch. Die Golfbags auf den Gepäckbändern gehörten denn auch eher zu Urlaubs Golf-Flights als zu Messebesuchern.

Aus Sicht der der deutschen Immobilienwirtschaft zeigen die Pfeile nach oben. Tenor der Messe war „safe haven“ Deutschland. Das Lemminge-Gen der Immobilienwirtschaft treibt die Herde wieder nach Deutschland. Die Flucht in die Sachwerte und die Stabilität nach der Krise machen Deutschland zum sicheren Hafen für neues OPM (Other People Money), von dem es für Core-Immobilien genug gibt. Aus Investitionssicht ist ein sicherer Hafen da, wo langfristig die großen Schiffe anlegen und nicht da, wo man vorübergehend Zuflucht vor dem Sturm sucht. Aktuell machen Finanzierungsumfeld und Core-Fixierung auch den Messeteilnehmern Sorgen. An der Finanzierungsfront gibt es keine Entwarnung. Der Core-Begriff dagegen wird immer mehr gedehnt. Bei Fonds macht sich langsam auch eine Core-Müdigkeit bemerkbar. Vielleicht reift hier die Erkenntnis, dass es schwer ist, mit ausgereizten Renditen und ohne Nachfragedruck an breiter Front mit Immobilien Geld zu verdienen, die nur einmal als Single Tenant Neubau-Erstbezug „Core“ sind und danach mit Nachvermietungsproblemen einer Gebrauchtimmobilie in einem gut ausgebauten Markt zu kämpfen haben. Bedenken Sie, viele der heutigen safe haven Botschafter sind vor 5 Jahren nach Deutschland gekommen, um an den niedrigen Preisen, der viel zu geringen Eigentumsquote bei Wohnen und der viel zu hohen Eigentumsquote bei Gewerbeimmobilien und an dem zu erwartenden Zyklus zu verdienen. Während das für die Dealmaker noch meist gut ging, verloren die OPM Spender meist große Teile ihres Einsatzes. Jetzt zieht die genau gegenteilige Argumentation.

Wohl rund 19.500 Messebesucher kamen nach Cannes. Das dürften am Ende wohl gut 5% mehr als im Vorjahr sein. Die Zahlen des letzten Tages fehlen noch. Allerdings berichtet auch die gut vernetzte Immobilien Zeitung, dass die Teilnehmer die gefühlte Präsenz niedriger einschätzen. Die Messe war ruhiger als in den Vorjahren, von den Boomjahren ganz zu schweigen. Ca. 2 400 deutsche Besucher waren dabei (Vj.: knapp 2 200). Die Zahl der ausstellenden Unternehmen aus Deutschland hat sich von 199 auf 217 erhöht. Insgesamt waren Vertreter von 752 Unternehmen in Cannes. Die Ausstellungsfläche soll von gut 18 000 qm auf knapp 19 000 qm gewachsen sein. Obwohl Deutschland in diesem Jahr Country of Honour war, hat sich am deutschen Zahlenwerk wenig getan.

Statements deutscher Teilnehmer

Das Bild bei den deutschen Teilnehmern war zwiespältig. Während offizielle Stimmen wie die von ZIA-Präsident Andreas Mattner in das Loblied auf Deutschland mit einstimmen à la “Deutschland hat sich den Titel als ´Country of Honour` redlich verdient”, und “Die Zeichen stehen auf Aufschwung. Deutschland bleibt auch mittelfristig ein sicherer Hafen für internationale Investoren“, war Siemens Real Estate Chef Dr. Zsolt Sluitner eher verhalten. Der Flächendruck durch verringerten Flächenverbrauch von Unternehmen in Deutschland gehe weiter. Unternehmen brauchen da Flächen, wo die Märkte und Kunden sind. Das sei immer weniger Deutschland. Fast einhellig war jedoch die Meinung, dass die MIPIM immer mehr zur Expo Real wird. „Etwas weniger Glanz und Glamour, dafür mehr bread and butter“, so Dr. Matthias Danne von der Deka. „Gefühlt etwas weniger Besucher als früher, dafür aber mehr Qualität und realistische Erwartungsebenen. Die Stimmung war gut und das ernsthafte Interesse spürbar, etwas unternehmen zu wollen. Insgesamt werden sichere Häfen gesucht, wo man investieren kann, allen voran Deutschland und UK. Die Deka hat in diesem Jahr bereits gut verkauft und gerät in den ausländischen Märkten, in denen sie aktiv ist, als Immobilienfinanzierer immer mehr in den Fokus, weil Konkurrenten sich vom Markt verabschieden.“ Doch auch der US-Markt spielte eine Rolle. So ist Jamestown-Chef Christoph Kahl von einer kurzfristigen Rückkehr des US-Marktes überzeugt. Jetzt sei die Zeit für den richtigen antizyklischen Markteintritt. Auch Laurent Rucker, Leiter Immobilien Ausland bei Hannover Leasing sieht verhaltenen Optimismus für den Immobilienmarkt Europa und besonderen Optimismus für die USA. „Viele Immobilienexperten sind verhalten optimistisch für den Immobilienmarkt Europa, da die Arbeitslosigkeit tendenziell abnimmt und weiterhin niedrige Zinsen gute Voraussetzungen für Investitionen schaffen“, so Rucker. „Die europäische Finanzkrise hemmt natürlich eine nachhaltige Erholung erheblich, da auch finanzierende Banken eher verhalten mit neuen Finanzierungen sind. Man ist also zusammenfassend noch weit davon entfernt von Euphorie zu sprechen, da Griechenland als dunkle Gewitterwolke nach wie vor über Europa schwebt. Die Amerikaner – von Natur aus ja eh viel optimistischer – sind mehr optimistisch. Ihre Kernimmobilienmärkte (NY, Washington, Boston, San Francisco, Seattle) werden sehr positiv gesehen. Die Preise steigen, es werden deutliche Mietsteigerungen erwartet. Die Luft nach oben ist gegeben.“

IVG Researcher Dr. Thomas Beyerle, der auch in der Jury der MIPIM-Awards saß, sieht die Mipim endlich als Arbeitsmesse. „Um ehrlich zu sein – ein sinnfreieres Wort gab es nie. Denn warum ist man sonst dort? Zumindest dadurch wurden alle diejenigen entlarvt welche das Ganze als Partyeröffnungszeremonie im Frühling betrachteten inkl. Rechtfertigungsdruck zu Hause. Vielleicht lag es ja am Gaststatus den Deutschland dieses Jahr hatte, dass es effizienter, organisierter, strukturierter und letzte zielorientierter wurde – „deutsch“ in der höchsten Ausprägung und mit den Entscheidern die man sich wünscht. Ferner fiel auf, das die Unterschiede zwischen „leeren“ Ständen und „Traubenbildung“ an einigen wenigen noch nie so groß war. Doch wenn wir es nüchtern betrachten spiegelte sich an den 3 Messetagen – mehr denn je – die unsichere Situation „da draußen“, also auf den Finanz- und Kapitalmärkten auf der Messe wider. Hin- und hergerissen zwischen notwendigen Finanzierungserfordernissen aber dem Bewusstsein einer „hohen Attraktivität von Immobilien als sicherer Investmenthafen“ ist die traditionell positive Sichtweise nach der Messe denn auch wirklich gerechtfertigt. Die Frage der letzten Jahre „Kommt da noch was“ wurde abgelöst durch „wir wollen gemeinsam etwas bewegen“.

Award Gewinner Ulrich Höller, DIC-Vorstandsvorsitzender, kommentiert die Preisverleihung mit folgenden Worten: “Wir freuen uns sehr über diesen Preis. Es zeigt sich, dass wir eine außergewöhnliche Stadtquartiersentwicklung gestalten und ein Projekt von Premium-Qualität realisieren. Die Auszeichnung ist aber auch ein großes Kompliment an die Stadt Frankfurt, die sich für eine Fortentwicklung ihres Stadtbildes auf hohem Niveau stark macht.” Zwar konnte das andere Projekt, die „Alte Post“ von Quantum und alstria nicht gewinnen, bekam jedoch den Special Jury Award.

Für Michael Denk, zuständig bei der Catella KAG für die Betreuung von High
Net Worth Individuals und die Region Schweiz sieht auf den Mipim-Gesprächen die Bestätigung für die zunehmende Bedeutung des Nachhaltigkeitsaspektes in der Immobilienkapitalanlage. Klaus Franken, Chef der Maklergesellschaft von Catella, betont, noch nie
soviel Interesse ausländischer Investoren am deutschen Immobilienmarkt erlebt zu haben wie auf dieser Mipim.

Dr. Joachim Wieland, Chef der aurelis Real Estate sah die Messe weniger frequentiert als im Vorjahr. „Ausgewählte Stände, bspw. die der Metropolregionen Frankfurt oder München, hatten lebhaften Zulauf“, so Wieland. „Die Gespräche jedoch verliefen für uns sehr konstruktiv. Auch mit den anwesenden Kommunen konnten wir Fortschritte
erzielen – eine wichtige Basis, um die Planungsprozesse auf unseren Flächen voranzutreiben.“ Wieland sieht vor allem den deutschen Wohnungsmarkt als zukunftsträchtig. „Deutsche und zunehmend auch ausländische Investoren fragen verstärkt nach Wohnbauflächen in den Ballungszentren“, so Wieland. „Dabei sind sie an Standorten mt hohem Nachfragedruck sogar wieder bereit, ein höheres Risiko zu akzeptieren und geeignete Grundstückflächen noch ohne gesichertes Planungsrecht zu erwerben. Anders bei Grundstücken für Büronutzung. Hier wird in der Regel nicht spekulativ investiert.“ Knackpunkt sei die Finanzierung von Projekten. „Die Bereitschaft von Kreditinstituten, Finanzierungen abzuschließen, ist grundsätzlich da. Zwei Aspekte haben sich jedoch deutlich verfestigt: Zum einen ist ein erheblicher Eigenkapitalanteil vorzuweisen und zum anderen sind die Prüfungsprozesse bis zur Kreditzusage komplexer und dauern länger als in der Vergangenheit“, so Wieland abschließend.

„Die diesjährige MIPIM bot die Bestätigung dafür, dass Deutschland ungebrochen als Investitionsstandort im Fokus steht“, meint Bernd-Uwe Willer, Head of Germany – Managing Director bei Savills. „Hierbei spielt die Suche nach sogenannten „Core“ Objekten die Hauptrolle. Daneben belebt sich aber auch die Nachfrage nach Objekten, die nicht in allen Kriterien in diese Kategorie fallen. Dies gilt für Leerstände und Mietvertragslaufzeiten aber auch für die Standorte der Objekte. Es war zu beobachten, dass Städte aus dem MDAX der Immobilienwirtschaft verstärkt Aufmerksamkeit finden. Es bleibt nun abzuwarten, ob dieser Trend sich auch in nennenswerten Transaktionen nieder schlägt und dies hängt wiederum auch von der Bereitschaft der Banken ab, solche Investments zu begleiten. Aus deutscher Sicht kann man festhalten, dass die Gespräche größten Teils konstruktiv waren und die Stimmung, ähnlich dem Wetter, durchwachsen mit einer positiven Tendenz war.“ ►

Für Dr. Thomas Herr, Chef von Valteq war die Messe eher enttäuschend. „Und daran war nicht nur das kalte Wetter schuld. Obwohl die Veranstalter eine leicht gestiegene Besucherzahl berichten, fühlten sich sowohl das Palais als auch die Croisette leerer als in den Vorjahren an. Besonders peinlich waren zahlreiche leere, nur notdürftig möblierte Ausstellungsflächen. Auch Deutschland hat sich als „Country of Honor“ nicht besonders hervorgetan. Anstelle einer konzertierten Aktion aller beteiligten Städte und Regionen hat sich Hamburg von Berlin und in ein halbleeres Zelt verabschiedet. Lediglich an den benachbarten Ständen von Frankfurt und München kam die gewohnte Stimmung auf. Auch die Befindlichkeit der Beteiligten war alles andere als euphorisch. Zwar machen die meisten gute Geschäfte, aber die gefühlte Agonie der Banken trübt die Zukunftsperspektiven ein. Dennoch bleibt für Deutschland das versöhnliche Fazit, dass die hiesigen Immobilien auch in diesem Jahr zu den besonderen Lieblingen der internationalen Investoren gehören.“

Für Dr. Markus Beaumart, Partner bei DLA Piper, gab die diesjährige MIPIM die Eindrücke wieder, die DLA auch beim sonstigen Marktgeschehen feststellt. „Die Investoren sind – auch getrieben durch striktere Anforderungen der finanzierenden Banken – stark an Sicherheit und Nachhaltigkeit interessiert. Nicht zuletzt darauf beruht das diesjährige starke Interesse an Investitionen in Deutschland. Gefragt sind in Deutschland nach wie vor Investitionen in Einzelhandelsobjekte und zunehmend auch in Logistik. Das Problem der seit Jahren erwarteten „Refinanzierungsblase“ wird von den Banken nach wie vor vorsichtig und mit Augenmaß behandelt. Soweit Banken sogenannte „non-performing“ Portfolios in Ihren Kreditbeständen haben und dies durch Abverkauf bereinigt werden soll, ist zunehmend die Erkenntnis, dass es klüger sein mag, die Objekte individuell und selektiv zu vermarkten, als große Portfolios öffentlich anzubieten. Für letzteres ist derzeit der Markt wohl nicht geeignet. Insgesamt eine im Vergleich zu früheren Jahren erneut ruhigere MIPIM. Auf die Qualität der Gespräche hatte dies aber auch einen positiven Einfluss.“

Für Schleiff Geschäftsführer Georg Wilms war die Messe rundum ein Erfolg. Auch wenn der Award in der Kategorie „Best German Project“ nicht an Schleiff ging, war für Wilms allein die Nominierung ein Erfolg. „Als kleiner Projektentwickler konnten wir durch die Nominierung unser Netzwerk ausbauen und viele Kontakte zu Investoren knüpfen“, so das Fazit von Wilms. Vor allem der NRW Stand war für Wilms einer der gelungensten Messeauftritte. Der Stand war diesmal noch näher an eine begehrte Fensterfont gerückt und hatte eine eigene Terasse zu bieten. Der Stand erwies sich auch aus unserer Sicht als sehr kommunikativ.

Fazit: Die „Hat es sich gelohnt“-Frage ist nach 17 Messejahren schwer zu beantworten. Hier haben es die jungen Kollegen, die bisher weniger argumentatorischen Wellen ausgeliefert waren, einfacher. Auch für Platow steht für das kommende Jahre die Vorbereitung eines gefüllten Messeterminkalenders eher auf dem Kalender als die bisher gepflegte Flexibilität zur Ausnutzung der Croisette-Stimmung und kurzfristiger Gesprächsgelegenheiten. Schade. Wir haben schon dieses Jahr nicht ein Glas Champagner auf den gemieteten, schwimmenden Statussymbolen der Immobiliendienstleister getrunken. □