Presserecht (5): Die Verwertbarkeit von Interviews

                                                                                  Philipp von Mettenheim

Ein Interview gibt in einem Protokoll Fragen und Antworten in wörtlicher Rede wieder. Auch hier gilt das Recht des gesprochenen Wortes, d.h. ein Interviewpartner kann frei entscheiden, ob er, wem er und unter welchen Bedingungen er ein Interview gewähren will. Im Wesentlichen unterliegt ein Interview daher den ausdrücklich oder stillschweigend getroffenen Vereinbarungen zwischen einem Journalisten und seinem Interviewpartner. Von diesen Vereinbarungen ist die Verwertbarkeit des Interviews oder die Verwendung von Zitaten daraus abhängig.

Häufige Bedingung für die Gewährung eines Interviews ist dessen Autorisierung vor der Veröffentlichung. Ein Journalist hat dann nur die Wahl, entweder auf das Interview zu verzichten oder sich auf diese Bedingung einzulassen. Die Autorisierung eines Interviews schützt aber auch den Journalisten. Sein Interviewpartner kann sich beispielsweise nach Veröffentlichung nicht plötzlich darauf berufen, diese oder jene Aussage sei sinnentstellt wiedergegeben worden.

Steht ein Interview unter Autorisierungsvorbehalt, dann ist die Veröffentlichung erst nach der Autorisierung zulässig. Dies bedeutet, dass der Interviewpartner das Interview, solange er es nicht autorisiert hat, ohne weitere Begründung zurückziehen kann, auch wenn das Gespräch wörtlich richtig wiedergegeben worden ist. Verlangt ein Interviewpartner die Änderung seiner bereits festgehaltenen wörtlichen Rede und macht er die Autorisierung von dieser Änderung abhängig, so hat der Journalist nur wieder die Wahl, den Wortlaut zu ändern oder auf die Veröffentlichung des Interviews zu verzichten. Das gleiche gilt sogar für den Wunsch des Interviewpartners, die Fragen des Journalisten zu ändern. Hierzu hat der Interviewpartner zwar kein Recht, aber er kann diesen Wunsch zur Bedingung seiner Autorisierung machen und damit faktisch durchsetzen.

Wird ein Interview nicht autorisiert, ist dessen Veröffentlichung unzulässig. Dies gilt auch für Zitate aus dem Interview oder die Wiedergabe des Interviews in indirekter Rede. In manchen Fällen wird ein Journalist aber durch das tatsächlich geführte Interview Informationen gewonnen haben, die er für veröffentlichungswürdig hält. Diese Informationen dürfen dann verwendet werden, wenn sie mit dem Informanten nicht in Verbindung gebracht werden können. Der Interviewpartner darf also im Zusammenhang mit den gewonnenen Informationen weder namentlich genannt werden noch darf es irgendwelche Anhaltspunkte geben, die einen Rückschluss auf ihn erlauben.

Die Verwertbarkeit eines Interviews hängt also im Wesentlichen von den Vereinbarungen zwischen Journalist und Interviewpartner ab. Liegen keine ausdrücklich vereinbarten Bedingungen vor, so können immer noch durch schlüssiges Verhalten beider Seiten Vereinbarungen getroffen worden sein. Dies kann etwa der Fall sein, wenn beiden Seiten bestimmte redaktionelle Gebräuchlichkeiten eines Mediums bekannt sind und ohne weitere Erörterung über die Veröffentlichungsbedingungen das Interview geführt wird.

Schließlich noch ein Hinweis: Wenn ein Journalist etwa in der hehren Absicht, die Aussagen seines Gesprächspartners für eine korrekte Übernahme in das Gesprächsprotokoll zu dokumentieren, dessen Worte aufzeichnet, ohne dass sein Interviewpartner hiervon Kenntnis hat, so kann dies wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§201 StGB) strafbar sein.

(Im sechsten Teil dieser Serie wird es in vier Wochen um die presserechtlichen Ansprüche und ihre Durchsetzung gehen. www.omg-legal.de)