Stiftungen in der Zinsfalle


Gefangen zwischen Vermögenserhalt und Projektunterstützung

Stiftungen haben es nicht leicht. Die negativen Zinsen drücken die Stimmung bei vielen Stiftern. Das bringt sie in den Zielkonflikt zwischen Vermögenserhalt und der laufenden Unterstützung von Projekten. Sind Verbrauchsstiftungen ein Ausweg aus der Klemme?

Zunächst ein wenig Hintergrundinformationen: Die Entwicklung von Stiftungen in Deutschland lässt sich in drei Wellen gliedern. Die erste Welle beginnt im Mittelalter, wo erste Stifter Bildungs- und gemeinnützige Einrichtungen errichteten wie z.B. die Fuggerei. Damals war das Seelenheil des Stifters sicher noch größter Motor für die Gründung einer Stiftung. Die zweite Welle beginnt in den 1870er Jahren. Die industrielle Revolution sorgte für große Privatvermögen einiger weniger, die mit diesem Geld oftmals Zoos, Universitäten oder Parks erbauten. Leider ist dieses Stiftungsvermögen im frühen 20igsten Jahrhundert durch Hyperinflation und Krieg verloren gegangen. Erst zu Beginn des neuen Jahrtausends vor 13 Jahren begann die dritte Welle der Stiftungsgründungen. Von den derzeit ca. 18.000 Stiftungen, die es in Deutschland gibt, sind über 50% allein in den letzten 10 Jahren entstanden. Derzeit werden ca. 750 neue Stiftungen jährlich gegründet.

In Deutschland kommen Stiftungen zumeist 3 wichtige Aufgaben zu. Die wichtigste ist sicherlich die Motorenfunktion. Da der Staat oftmals nur schwerfällig reagiert, sind Stiftungen oftmals durch ihre Flexibilität in der Lage, auf bestimmte Entwicklungsprozesse schneller zu reagieren. So können Stiftungen schneller auf die Bedürfnisse der Gesellschaft eingehen. Des weiteren erfüllen sie die Aufgabe der Rückverteilung. So können erfolgreiche Persönlichkeiten der Gesellschaft etwas zurückgeben. Das führt zur dritten Aufgabe, dem Pluralismus. So können Stiftungen die Bedürfnisse von gesellschaftlichen Randgruppen schneller befriedigen.

Auf dem StiftungsFORUM Werstfalen, dass von der Fachzeitschrift „Die Stiftung“ gemeinsam mit Concept Vermögensmanagement, DAB Bank und UBS erstmalig in Bielefeld ausgerichtet wurde, kamen mit knapp über 100 Teilnehmer mehr als der Veranstalter erwartet hatte. Offenbar besteht enormer Aufklärungsbedarf bei Stiftungen in Zeiten niedriger Zinsen und drohender Inflation. Das zumindest ist die Angst bei vielen Stiftungen. Sie haben gerade jetzt mit einem Dilemma zu kämpfen, denn der Gesetzgeber schreibt ihnen realen Kapitalerhalt vor, der aufgrund niedriger Zinsen und fehlenden Investments derzeit nur schwer zu erreichen ist. Auf der einen Seite sollen Stiftungen für den Erhalt ihres Stiftungsvermögens sorgen und auf der anderen Seite ihren Stiftungszweck weiter erfüllen. Allerdings lässt sich dies nur schwer umsetzen, da drohende Inflation, als Grundproblem aller Stiftungen und negative Realverzinsung die Investmentallokation schwer werden lassen. Selbst Staatsanleihen sind zum renditelosen Risikopapier geworden. Viele Stiftungen orientieren sich daher vermehrt in Anleihen-, Aktien- oder Immobilieninvestment. So meint Bernd Heimburger, geschäftsführender Gesellschafter der Gies & Heimburger GmbH in der aktuellen Ausgabe von „Die Stiftung“: „Grundsätzlich betrachten wir die Vermögensallokation in ein breit gestreutes Sortiment von Wohnimmobilien als eine der attraktivsten Alternativen zu einem künftig nicht mehr rentablen Anleihebestand.“ Im Zielviereck Rendite, Sicherheit, Liquidität und Nachhaltigkeit bieten Immobilien zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine echte Allokationsalternative. So empfiehlt Christoph Weber von der WSH Deutsche Vermögenstreuhand eine Vermögensallokation von 30% in Immobilien. Gleichzeitig soll dies jedoch nicht blind erfolgen. Um eine möglichst sicheren Rendite zu erwirtschaften, ist es empfehlenswert in ein breit diversifiziertes Portfolio über alle Assetklassen hinweg zu investieren.

Doch nicht nur die richtige Vermögensallokation ist derzeit ein Hauptbestandteil der Stiftungsarbeit. Auch der Gesetzgeber hat den Zielkonflikt vieler Stiftungen erkannt und bietet im größeren Rahmen die Möglichkeit der Verbrauchsstiftung. Der Gesetzgeber lässt so Stiftungen mit begrenzter Laufzeit zu. Diese liegt meist zwischen 10 und 30 Jahren. In dieser Zeit kann das Stiftungsvermögen komplett verzehrt werden. Es gibt keinen Passus zum realen Kapitalerhalt. Dadurch können Stiftungen auf Niedrigzinsphasen oder Marktschwankungen besser abfedern. Am Ende der Laufzeit wird die Stiftung aufgelöst.

Fazit: Stiftungen werden in der Immobilienbranche immer gefragter. Zwar werden sie für die reine Finanzierung von Projekten aufgrund der sehr konservativen Gestaltung kaum in Frage kommen, jedoch wollen Stiftungen spürbar ihre Immobilienengagements erhöhen. Dafür ist allerdings noch einige Aufklärungsarbeit notwendig. So fehlt vielen Immobilienunternehmen das Gespür für den Umgang mit Stiftungen und andererseits auch vielen Stiftungen das nötige know how für die richtigen Immobilieninvestments. Hier sind neben Fachpresse auch Verbände gefragt. (AE)