TAG – Investoren lassen Analysten keine Chance

Am Montagmorgen kam die Info der TAG Immobilien AG eine 200 Mio. Euro Unternehmensanleihen zu begeben. Am Montagabend war es schon mit Überzeichnung vorbei. Am Dienstag gab es noch 5 Mio. Euro für Retailkunden zu zeichnen. Wir fanden Anleihe und Ankündigung durchaus sportlich im üblichen Stil des jungen TAG-Vormannes Rolf Elgeti.

Die Anleihen als reine Unternehmensanleihen nicht mit Immobilien besichert. Als Konditionen wurden nur 5 Jahre Laufzeit genannt. Zins und Rendite sollten erst auf Basis der Preisindikationen, die während des Angebotszeitraums eingehen, festgelegt werden. Timing und Verzicht auf Nennung eines Zinses beugten zumindest einer Diskussion, ob es sich um eine Mittelstandsanleihe, um eine unbesicherte Immobilienanleihe oder eben die Anleihe einer renommierten, börsennotierten Immobilien AG handelt. Der Zins wurde dann auf 5,125% festgelegt. Mit Vorgehen und Konditionen wurde auf den Ritterschlag, den die DIC Asset AG zuletzt mit der Konditionenakzeptanz von unter 6% durch die Investoren erhielt noch einmal aufgesattelt. Ob sich das die Matadore Stunden früher getraut hätten und ob Analysten vor Unternehmenshintergrund glücklich gewesen wären ist sicher offen. Aber auch so reizte das Procedere von TAG, Credit Suisse Securities, Close Brothers Seydler Bank AG und Deutsche Bank AG das Vertrauen der internationalen Investoren aus. Das wiederum scheint in deutsche Wohnimmobilien ohne Betrachtung von Qualitätsfeinheiten grenzenlos zu sein.

TAG-Chef Elgeti hatte der zuvor eher betulichen TAG Sportlichkeit beigebracht. Unter der wohl noch stärkeren Einflussnahme der Immobilienaktien Ikone Lutz Ristow hatte die TAG sogar den letzten Boom ausgelassen und sich auf der eher zurückhaltenden Suche nach vernünftig gepreisten kleineren Portfolios begeben. Boom-Investments holte Elgeti dann als neuer Leithund mit der Übernahme der Colonia Real Estate AG nach, die sich mit einem Salzgitter-Portfolio sogar noch Cash negative Portfolios ins Haus geholt hatte. Zu Salzgitter mit 9.200 Einheiten sagte uns damals ein Insider, das Portfolio könne man nur durch Zukäufe verwässern, aber wohl kaum rentabel machen. Über 21% Leerstand gibt es noch heute. Elgeti stellte damals auf einer Tagung ein wahrlich grausliches Zahlenwerk zum Colonia-Einkauf Salzgitter vor. Er machte mit einem klaren Plan die Strategie des Verbesserns deutlich. Das Thema „Verwässern“ spielt bei der TAG sowieso eine Hauptrolle, da „Wachstum ein strategischer Imperativ sei“, um „economies of scale” zu erzielen, Effekte aus sprungfixen Kosten zu erzielen, variable Kosten zu reduzieren und natürlich die Vermietungsqualität zu verbessern (Quelle: aktuelle englische Unternehmenspräsentation).

Das hat die TAG aber auch umgesetzt. Allein in 2012 wurde das Portfolio u. a. mit DKB Immobilien (25.000 Wohnungen) und TLG (11 350 Whg.) von 31.000 Einheiten auf 69.660 Einheiten mehr als verdoppelt. Blickt man auf das Zahlenwerk, muss man Elgeti eine eindrucksvolle Kostensenkungsstrategie bescheinigen. Die Zahl der Beschäftigten pro 1 000 Einheiten wurde von 35 im Jahr 2009 auf 7 reduziert. Die übrigen Ausgaben („Other operating expenses per unit“) wurden von 3.686 in 4 Jahren auf 393 gesenkt. Inwieweit das Ausgangszahlenwerk am Ende des letzten Booms 2009 auf kollektive geistige Umnachtung oder auf expansionsbezogenem Kostenvorlauf beruhte, ist offen. Die Ergebnisse sind dennoch beeindruckend.

Bei unserer Analyse, die der Platzierungsmeldung vorauslief, hatten wir unser Anlegerschutz-Interesse durch Neugier ersetzt, da sich das Angebot wohl eher an internationale Investoren und weniger an die Hausfrau, wendete. Aktuell hat die TAG ein Eigenkapital von knapp 1,14 Mrd. Euro bzw. eine EK-Quote von 30%, die durch die Anleihe nur gering verwässert wird, da für 120 Mio. Euro Wandelanleihen zurückgekauft werden sollen. Der restliche Nettoerlös soll zur Finanzierung des weiteren Wachstums und „für weitere allgemeine Unternehmenszwecke“ genutzt werden. Da die Zeit wohl wieder begonnen hat, da die mathematischen Streuungsmodellen hörigen Geldverteiler der internationalen Kapitalsammelstellen für jede anständige Roadshow zweistellige Millionenbelohnungen verteilen, erwarteten wir, dass der Deal klappt. Da Zinsen gesenkt werden sollen, macht es auch Sinn, die so nur knapp 5,5% Effektivkosten auf die Anleihe zu akzeptieren. Für eine Expansionsfinanzierung ist das überlegen. Schließlich muss die Anleihe in 5 Jahren zurückgezahlt werden. In möglicherweise schwächeren Wohnimmobilien-Marktsituation könnten zu heutigen Preisen zugekaufte Portfolios und Altlasten dann vielleicht als Sicherheit oder im Verkauf Schwierigkeiten bereiten oder sogar schaffen. Manche Professoren wie Karl-Georg Loritz, der sich mit Immobilienanleihen auseinandersetzte, sehen erhebliche Risikopotentiale. Wir erinnern uns noch an holländische Anleihen mit Zeitbomben-Charakter. Die WGF brachte den Absturz sogar noch mit Ankündigung durch Überkreuzanleihen. Und ob die Anleihefinanzierung von einzelnen Projektentwicklungen – bei Anleihen geht man von Rückzahlung aus und nicht von einer unternehmerischen Beteiligung – der Begrifflichkeit gerecht wird, scheint Platow eher zweifelhaft. (WR)