Wertänderung bei Publikums-OIF 2016 nur 0,6% bei 25-fachem JLL Index

Die Gutachter der offenen Immobilienfonds müssten derzeit einen Spagat vollziehen. Es gelte zum einen die Immobilien im Bestand der Fonds möglichst konservativ zu bewerten. Zum anderen müssten die aktuell hohen Ankaufspreise für neu erworbene Objekte bestätigt werden. Das zeigt Scope in einer Recherche zur Bewertung Offener Immobilienfonds (OIF) auf. Die ausgewiesene, durchschnittliche Wertänderungsrendite der Offenen Publikums-Immobilienfonds (OIF) belief sich lt. brandaktueller Recherche der Ratingagentur Scope 2016 auf nur 0,6%. „Der Immobilienbrief“ hat Ihnen am Fall Patrizia (vgl. Editorial) einmal aufgearbeitet, wie das in der Praxis aussieht, und welche Fragen das aufwerfen könnte.

Der Vergleich mit den durchaus seriös ermittelten Performance-Indizes der Maklerhäuser macht „Der Immobilienbrief“ schon seit einigen Jahren spitzbübische Freude (vgl. auch unten zum brandaktuellen JLL VICTOR). Schließlich weist der Performance-Indikator VICTOR von JLL als einer der renommiertesten Makler-Indizes eine Wertänderungsrendite von sage und schreibe 15,6% für Prime Office in den deutschen Top 5 Metropolen für 2016 aus. Das ist das 25-fache des ausgewiesenen Durchschnittswertes von 0,6% der Offenen Immobilienfonds. Blickt man auf die vergangenen 5 Jahre und die Gesamtrenditen mit Berücksichtigung der Mietrenditen wird es noch schlimmer. JLL-Victor weist rund 58% VICTOR Performance in 5 Jahren aus. Das gab es wohl auch im Boom 2005 bis 2007 nicht. (Im aktuellen PLATOW Special Immobilien (platow@vuservice.de) hat sich der Autor ausführlicher mit dem Thema faktischer Fonds-Renditen im Vergleich mit Performance-Indizes beschäftigt.)

 

Die BVI-Performance-Daten der Offenen Immobilienfonds, deren Portfolien traditionell den Immobilienqualitäten des Victor von JLL am nächsten kommen, machen sich deutlich bescheidener als die Makler-Indizes aus. Für die letzten 5 Jahre als Performance einer thesaurienden Einmalanlage sind es gerade einmal 12,3% bzw. 2,3% p. a. (BVI, Stand 31.3.17). Der vielleicht bessere Vergleichswert OFIX Deutschland der IPD der Offene Publikums-Immobilienfonds, die zu mindestens 50% in Deutschland investiert sind, erfasst, weist für die letzten 5 Jahre 2,7% aus. Spezialfonds Deutschland für professionelle Anleger kommen bei der IPD wenigstens auf 3,6% p.a.. Trotzdem ist der Unterschied gewaltig und macht nachdenklich.

 

Gründe für die Bewertungsabweichung liegen sicherlich im Auslandsanteil und der Liquidität der OIF. Das begründet die Performance-Abweichung, wenn allein schon die durchschnittliche Netto-Mietrendite bei 4,4% liegt, aber bei weitem nicht als Begründung aus. Weiterhin sind in den OIF echte Immobilien mit Werteverzehr, Sanierung, Instandhaltung, Lebenszyklen, alternden Mietverträgen und alternden Flächen enthalten, während der Victor die immer neue Immobilie mit aktuellen Marktmieten und aktuellen Marktrenditen multiplikativ verknüpft. u

 

Gleichzeitig spricht die geringe Wertänderungsrendite der OIF für seriöse und vorsichte Wertermittlungen, die schließlich weder einen Notverkauf, noch den GAD, den „größten anzunehmenden Deppen“, berücksichtigen können. Wir hatten das vor 4 Wochen mit Bezug auf andere Medien schon einmal ins Editorial aufgenommen. Anlass ist der Einkauf einer 20 Jahre alten Immobilie durch Patrizia für einen geschlossenen Immobilien AIF. Hier begründen zwei interessanterweise fast identische Werte von zwei unabhängigen Gutachtern einen Verkauf als marktgemäß. Bemerkenswert ist dabei sicherlich nicht nur die erstklassige Kommunikationspolitik, die zwei unabhängige Gutachter bei einer Objekterstbewertung zu identischen Werten (0,5% Abweichung) führt, sondern auch die Feststellung von Fondstelegramm, dass die diese Bewertung wiederum rund 16% über zwei wenige Monate alte, gleichfalls unabhängige Wertgutachten des Verkäufers liegen (vgl. Editorial). Der Markt tendiert im Moment nun einmal eher zum teuren Ende der Notverkaufs-/GAD-Preisskala. Erinnerungen an 2004 kommen hoch. Damals sorgten „Einwertungsgewinne“ für mediales Interesse und spätere Strategie- und Bewertungsanpassungen.

 

Ernsthaft ist aber darüber nachzudenken, dass die Vollprofis der Bewerterszene der OIF derzeit wohl eher vorsichtig auf die Marktentwicklung blicken. Das macht die Scope Recherche deutlich, die die Renditekomponenten von 10 OIF für Privatanleger untersuchte. Die durchschnittliche Rendite offener Immobilienfonds schwanke seit Jahren in einem schmalen Korridor zwischen 2,0% und 2,5% p.a.. Die Werte der Immobilienportfolios bewegten sich trotz boomender Immobilienmärkte kaum. Im vergangenen Jahr wurden die durchschnittlichen Netto-Mietrenditen in Höhe von 4,4% und die durchschnittliche Wertänderungsrendite von 0,6% durch Steuern, Aufwendungen für Fremdkapital auf 4,4% und durch die unverzinste Liquidität auf durchschnittlich 3,3% Fondsperformance gedrückt, so dass dem Anleger nach Abzug der Fondskosten eine Rendite von durchschnittlich knapp 2,4% geblieben sei. Dies sei vor allem auf die konservative Bewertungspraxis der deutschen Immobiliengutachter zurückzuführen, die auf nachhaltig erzielbare Werte abstelle (… und eben nicht auf den GAD, der in zyklischen Phasen wie heute noch seinen Anteil am Kuchen kaufen möchte). ¨