Wohn-Immobilien AG’s leben von der großen Zahl – kleine AG’s und die Reits braucht die Welt nicht

TAG-Chef Rolf Elgeti gibt Einblick in die TAG/CRE Strategie. Deutsche Immobilien AG’s sind zu klein und für Investoren und Analysten wenig interessant. Kleine AG’s haben aus Kostengründen bei Wohnimmobilien keine Chance. Der Reit sei eine Zwangsjacke, die man auch nicht brauche. Jetzt gebe es aber Chancen, durch günstige Einkäufe eine große AG aufzubauen. Die Meinung teilt sich beim Zukauf des „Salzgitter-Portfolio“ der CRE.

Jüngster Highflyer aus der Szene der Immobilien AG’s ist TAG Immobilien AG Vorstandsvorsitzender Rolf Elgeti, der sich durch die Übernahme der Colonia Real Estate AG in das Visier der Beobachter begeben hat. Elgeti erwartet aus drei Gründen, dass es in der Szene der Immobilien AG’s zu Übernahmen und weiterer Konsolidierung kommen werde. Der wichtigste Grund liegt in den Kosten. Die Kosten einer Immobilien AG seien weit überwiegend fixe Kosten oder sprungfixe Kosten. Wenn man überlege, was man an Zentralfunktionen alles brauche, seien 10 Mio. Euro pro Jahr leicht ausgegeben. Man könne hier zwar durch Auslagerung gegensteuern, jedoch überwiegen speziell in der Wohnungswirtschaft die Nachteile des Outsourcing. Ausschlaggebender Grund sei allein schon die Mehrwertsteuer von 19%, die externe Dienstleister in Rechnung stellen müssten und die bei mehrwertsteuerfreien Wohnungsmieteinnahmen eine Kostenerhöhung in dieser Höhe gegenüber einer inhouse-Lösung darstellten. Damit sind die Zentralfunktionen aus Kostengründen im Unternehmen günstiger darzustellen. Sowohl das Immobilienmanagement als auch viele Back Office Bereiche sind sprungfixe Kosten, die nur bei jeweils größeren Einheiten adäquat auszulasten sind.

Zudem sei derzeit die Zeit günstig für Einkäufe aus Sondersituationen. Für den Erwerb von größeren Portfolien oder Unternehmen sei eine respektable Unternehmensgröße nötig, allein schon da die Vorbereitung einer Unternehmensübernahme, die ja unter dem Realisierungsrisiko stehe, sehr aufwändig sei. Man habe aber die Colonia so 120 Mio. Euro unter Buchwert gekauft. Um diesen Vorteil aber auszuspielen, bedarf es einer Übernahme des gesamten Unternehmens, um Kostenvorteile realisieren zu können. Wer vor einem Jahr 1 Colonia Aktie gekauft hätte, habe zumindest „grob fahrlässig“ gehandelt. Wenn man dagegen die ganze Firma kauft, kann man die Gründe für schwache Performance ausmerzen. Bereits im Vorfeld auf der Handelsblatt-Tagung berichtete Elgeti, man habe die Kosten der Colonia in wenigen Wochen von ca. 13 auf unter 2 Mio. Euro pro Jahr kürzen können. Verwaltungskosten hatten Ersparnispotential. Neustrukturierung von Krediten brachten 2 Mio. Euro. Allein die Mehrwertsteuerersparnis durch Kündigung von Dienstleistern habe bei 2 Mio. gelegen. Das sei alles in 10 Wochen geschehen. Dabei sei aber noch nicht einmal die in einigen Fällen eher großzügige Kostensicht des Colonia Managements ausschlaggebend gewesen, schließlich habe die TAG auch 12 Mio. Euro Kosten, sondern die Beseitigung von doppelt besetzten Funktionen. Gleichzeitig sei hier eine Verbesserung der Einnahmeseite nicht berücksichtigt.

Zudem sei die Branche der Immo-AG’s sei viel zu unbedeutend für den Markt. Viele AG´s seien so klein, dass sie von bekannten Analysten gar nicht in Augenschein genommen würden und so keine Chance bei ausländischen Investoren haben. Da sie zudem nicht liquide seien, könne man mit ihnen kein Geld durch Bereitstellung qualifizierter Analysten verdienen. Branchenspezifisch gebe es viele Gründe, wie z. B. fehlende Transparenz, falsche Investoren, falsche Analysten, wenig Fachwissen im Management oder die oft von Großaktionären bestimmten Gesellschafterstrukturen, die zu weiteren Sicherheitsabschlägen bei der Bewertung führen müssten. Positives Beispiel sei relativ allein die Dt. Euroshop AG.

Ein Problem genereller Abschläge vom NAV entsteht dadurch, dass bei Kapitalerhöhungen das Vermögen der Altaktionäre geschädigt wird, da ja die Mittel investiert werden müssen. Die Investition ist dann aber über den NAV-Abschlag sofort wieder weniger wert. Wenn dann in guten Börsenzeiten eher teuer gekauft werden muss, summieren sich die Effekte. Bei moderatem NAV-Abschlag von 10% und einem konjunkturbedingt teueren Einkauf mit Portfolioaufschlag von vielleicht noch mal 10% über Langfristwert, der in der Praxis leicht höher sein kann, rechnet sich schnell bei nur 50% Fremdfinanzierung eine heftige Vermögensvernichtung aus. Aber allein schon ein Unterschied von insgesamt 10% mache den Unterschied zwischen Erfolg und Desaster. So sei im Moment die Diskussion zwischen Deutsche Wohnen und GSW eher schwer zu verstehen. Man müsse sich immer bewusst sein, dass der eigene Aktienkurs, der ja auch Zahlungsmittel bei Unternehmensübernahmen ist, der entscheidende Werttreiber sei. Bevor man einer Vision nachgehe, muss man sicher sein, dass die Aktionäre dem folgen. Nimmt man aus „Der Immobilienbrief“-Sicht einmal die alten Finanzierungsquoten früherer Immo AG-Zyklen von 80%, so ist klar, dass damit kein Aktionärsvermögen geschaffen werden kann.

Einen Ausweg sieht Elgeti in Transparenz, Managementqualität und Korrektheit, um vielleicht sogar zu einem eigentlich sinnvollen NAV-Aufschlag zu kommen. Nachhaltig, kostengünstig Unternehmensgröße und günstiger Einkauf ergänzen dann die betriebswirtschaftlichen Eckdaten. Elgeti überzeugt, dass Übernahmen in der Branche kommen müssen, damit der Kapitalmarkt deutsche Immobilien-AGs ernst nehme.

Im Vorfeld hatte Moderator Werner Rohmert sich zu Colonia noch ein wenig vorbereitet. So startete er in der Diskussion mit der Feststellung ehemaliger Colonia-Kollegen, die zwar Kostenoptimierungsaspekte akzeptieren, aber Zweifel äußerten, das CRE Salzgitter-Portfolio in den Griff zu bekommen. Es habe ja schließlich schon vor Elgeti Interessenten gegeben, die aber alle nach Information über das Salzgitter-Portfolio die Segel strichen. Der einzige, der nicht detailliert in die Bücher geschaut habe, sei Elgeti gewesen, der ja über die Börse gekommen sei. So kam Elgeti nicht umher, über das so viel beschrieben Salzgitter-Portfolio der CRE mit Vertraulichkeitsvermerk aus dem Nähkästchen zu plaudern. Er sah allein durch Verbesserung der Betriebskostenabrechnung Potentiale in Höhe mehrerer Millionen. Zudem habe man sich schon intensiv mit den Zahlen beschäftigt, da sie ja auch extern zu beschaffen waren. Der Multiplikator auf die Ist-Miete sei auch vertretbar. Allerdings hätte er lieber auf Salzgitter verzichtet, aber das sei nun einmal nicht möglich gewesen.

Rohmert fasste etwas nachdenklich zusammen, dass zumindest im Wohnungsbereich die Welt „kleine Immobilien AG’s“ nicht brauche. Es gäbe auch nur wenige marktrelevante Überlebende der verschiedenen Immobilienaktien-Zyklen. Das können Sie in „Der Immobilienbrief“ oft nachlesen. Ebenso sei vor diesem Hintergrund noch mehr an der Sinnhaftigkeit von Reits zu zweifeln. Dem stimmte Elgeti zu. Es sei leicht auszurechnen wie hoch der Bestand sein müsse, um die notwendigen Kosten auf ein vertretbares Maß zu drücken. Reits hält Elgeti in diesem Zusammenhang sowieso für überflüssig. „Wir zahlen so schon keine Steuern“, mein Elgeti. Warum solle man sich dann mit dem Reit eine Zwangsjacke anziehen.

„Der Immobilienbrief“-Fazit: Die Beurteilung ist sicherlich von zwei Seiten durchzuführen. Vorab das persönliche Statement. Manchmal macht es „Klick“. Das ist umso bemerkenswerter, da ich seit über 20 Jahren mit einer Vielzahl junger Mittdreißiger spreche, die mir die Immobilienwelt erklären, als hätte ich nicht selber in ihrem Alter schon 100 Mio. gedreht, später Milliarden-Portfolios bewertet und seit den 90ern viele große Persönlichkeiten der Szene beraten. Die zyklisch jeweils neuen Erkenntnisse von „3-jährigen“, die es aus ihrer Sicht alle auf die Titelseiten verdient hätten, sind manchmal ein wenig ermüdend. Aber ganz selten, in der Summe an zwei Händen abzuzählen, trifft man auf einen jungen Mann, der den „göttlichen Funken“ herüberbringt. Das ist bei Elgeti der Fall. Die Karriere wird interessant.

Zum anderen setzt natürlich mit Blick auf Inhalte durchaus ein Déjà-vu-Effekt ein. Die Wachstumsnotwendigkeit ist nicht neu. Schließlich hatte bereits Elgeti-Vorgänger bei der Colonia, Stephan Rind, auf einer frühen HV verkündet, die größte deutsche Immobilien AG werden zu wollen. Mahnungen eines älteren Teilnehmers, man solle sich vor solchen Zielen doch einmal die Relationen anschauen, blieben ungehört. Die Aktie explodierte von Anfang 2005 bis Mitte 2006 um das 20-fache. Ab 2007 implodierte sie wieder annähernd auf Ausgangsniveau. Gerade die Wachstumsstory hatte die Colonia explizit zum Erwerb des Salzgitter-Portfolios veranlasst. Deshalb fragt sich, was denn heute anders ist. Mit anderer Begründung ist die Story dieselbe. Insofern bleibt mit Blick nach vorne die Frage, ob das Entwicklungspotential des Salzgitter-Portfolios wirklich so groß ist wie angenommen, das würde ein neues Bild auf früheres Management werfen, oder ob nicht die einzige Chance für Elgeti darin besteht, das Portfolio durch andere Zukäufe zu „verwässern“. Dann hat er aber noch einen langen Weg vor sich. (WR/AE)