Wohnimmobilienmarkt München – Der Preiswahnsinn geht unverändert weiter

Alexander Heintze

Der Preiswahnsinn auf dem Münchener Wohnimmobilienmarkt geht weiter und ein Ende ist nicht in Sicht. Das zeigen die offiziellen Zahlen des Gutachterausschusses für das vergangene Jahr, die am Mittwoch in München vorgelegt wurden. „Momentan trifft  sich Angst und Gier. Das war schon immer ein ungutes Doppel“, so der oberste Herr über die Münchener  Immobiliendaten.

Die Krise und die Suche nach sicheren Anlagen bescherten dem Münchener Wohnimmobilienmarkt im vergangenen Jahr Rekorde beim Umsatz und bei den Preissteigerungen. Insgesamt wurden auf dem Münchener Immobilienmarkt 2001 rund 9,3 Mrd. Euro umgesetzt. Das waren 22% mehr als im Vorjahr. Fast zwei Drittel dieser Umsätze entfielen dabei auf den Wohnungsmarkt. 4 Mrd. Euro wurden für Eigentumswohnungen, weitere 1,9 Mrd. Euro für Ein- und Mehrfamilienhäuser ausgegeben.

Die Preise für Wohnimmobilien sind in nur einem Jahr in fast allen Marktsegmenten um rund 10% gestiegen. Das Besondere daran ist, dass die Preissteigerungen fast im gesamten Stadtgebiet gleichmäßig zu finden sind. Insbesondere stiegen die Preise allerdings in durchschnittlichen und guten Wohnlagen.

Am stärksten waren die Preissprünge in den Innenstadtlagen. „Je weiter es an den Stadtrand geht, desto geringer waren die Preissprünge“, erklärt Konstantin Wettig, geschäftsführender Gesellschafter bei Engel & Völkers in München. Weil die Preise am Stadtrand jahrelang stagnierten, sehen Makler in den Steigerungen hier eher eine Aufholbewegung.

Teuerste Wohnung für 25.000 Euro/qm

Das teuerste Grundstück, das für Wohnzwecke genutzt wurde, ging 2011 für 22 Mio. Euro über den Tisch des Gutachterausschusses. Der höchste Preis für ein Einfamilienhaus-Grundstück betrug stolze 5.600 Euro den Quadratmeter. Das war mehr als das doppelte, was Käufer in München durchschnittlich für Einfamilienhäuser zahlten. In den Top-Lagen lag der Durchschnittspreis bei 2.600 Euro je Quadratmeter; in guten Lagen waren es noch 1.150 Euro.

Spitzenwerte gab es auch bei den bebauten Grundstücken. Für eine frei stehende Villa wurden in einem Fall 7,1 Mio. Euro bezahlt. Die Preisspanne für Einfamilienhäuser bewegte sich dabei zwischen 530.000 und 1,8 Mio. Euro. Doppelhaushälften waren nur unwesentlich günstiger. Für eine 270 qm große Doppelhaushälfte in bester Lage wurden in der Spitze 3,4 Mio. Euro bezahlt. Der Durchschnitt lag bei 620.000 Euro, wobei die Preisspanne mit 350.000 bis 800.000 Euro je nach Ausstattung und Lage sehr groß war. Selbst Reihenhäuser gingen zu Spitzenpreisen weg. Für einen Altbau wurden stolze 2,3 Mio. Euro bezahlt. Die Preisspanne bewegte sich hier zwischen 300.000 und 700.000 Euro.

Der Preiswahnsinn spielt sich insbesondere bei den Eigentumswohnungen ab. Für eine 80-qm-Wohnung werden im Schnitt 4.450 Euro je Quadratmeter bezahlt. In besten Lagen stieg der Durchschnittspreis auf bis zu 6.500 Euro. Fest steht nun auch der Preis für Münchens teuerste Wohnung im Neubaukomplex „The Seven“ in der Müllerstraße. Laut Gutachterausschuss wurden für die 600 qm große Wohnung 25.000 Euro pro Quadratmeter bezahlt. Das ist noch deutlich mehr als bisher in der Branche vermutet wurde. Marktbeobachter gingen immer von einem Preis um die 20.000 Euro je Quadratmeter aus. Bei bestehenden Eigentumswohnungen ermittelte der Gutachterausschuss je nach Lage Preise zwischen 2.000 und 6.000 Euro den Quadratmeter. Während allerdings Wohnungen am unteren Ende der Preisskala immer rarer werden, erreichten vor allen Wohnungen mit Denkmalschutz mittlerweile Durchschnittspreise von über 4.000 Euro. In der Spitze notiert der Gutachterausschuss einen Kaufpreis von 3,4 Mio. Euro für eine Altbauwohnung. Bei 270 qm Wohnfläche macht das einen Quadratmeterpreis von 12.700 Euro.

Gier und Angst

Helmut Thiele bereitet diese Entwicklung Sorgen. Die Käufer würden nicht mehr auf die Lage, auf das Wohngeld oder einen möglichen Instandhaltungsstau achten. „Selbst eine laute Straße ist kein Hinderungsgrund für hohe Preise“, bemerkt der Vorsitzende des Gutachterausschusses. Allerdings sieht er auch kein Ende der Entwicklung. „Momentan sieht es danach aus, also ob diese Entwicklung nachhaltig ist“, meint Thiele. Das liege insbesondere daran, dass Geld, das früher in Aktien oder andere Anlagen geflossen sei, nun in Immobilien angelegt werde. Das führt zu teilweise absurden Preisen. Zinshäuser werden derzeit in München teilweise für Renditen unter 2% verkauft. Die ersten Monate des laufenden Jahres ließen vermuten, dass die Steigerungsraten unverändert anhalten würden. Schon bei dem jetzt vorgestellten Zahlenwerk musste der Gutachterausschuss die Bodenrichtwerte für München ein weiteres Mal in Folge stark anheben. Und es sieht alles nach einer Fortsetzung aus. So wurden in den ersten Monaten teilweise Preise bezahlt, die 10% über den bereits angepassten Bodenrichtwerten liegen.

Grund für die Preisentwicklung ist die ungebrochene Nachfrage. Beim Gutachterausschuss gingen im vergangenen Jahr 17.480 Verträge ein. Ein Plus von fast 5% gegenüber dem Jahr zuvor. Den größten Anteil an den Verkäufen haben Neubauwohnungen. Der Verkauf lag 2011 ganze 19% über dem Vorjahreswert. Stadtdirektor Axel Markwardt sieht darin ein gutes Zeichen für München. „Es gibt ein starkes Signal für den Wohnungsbau“, so Markwardt. Die Stadt versucht, mit einem milliardenschweren Wohnungsbauprogramm dagegenzuhalten. Aktuell sind in München über 13.000 Wohnungen im Bau oder in Planung. Zu wenig für eine anhaltende Entspannung des Marktes. Experten errechnen für München einen Wohnungsbedarf von 7.000 bis 9.300 Wohnungen pro Jahr.

Das treibt die Preise für Bauland und damit die Wohneigentumspreise weiter in die Höhe. Je nach Lage müssen Bauträger umgerechnet auf den Quadratmeter Wohnfläche allein für den Grund zwischen 1.000 und 3.000 Euro bezahlen. Hinzu kommen die Bau- und Finanzierungskosten. Das macht es fast unmöglich, Eigentumswohnungen in guten und besten Lagen für Preise unter 6.000 Euro den Quadratmeter auf den Markt zu geben.