Wohnungsnot in der Hansestadt

Deutlicher Anstieg bei Genehmigungen sorgt kaum für Entlastung

Jürgen Hoffmann

In Hamburg wurde 2012 der Bau von 8.731 Wohnung genehmigt – fast 30% mehr als im Vorjahr. Der Senat der Stadt hatte 2011 mit den sieben Bezirken Hamburgs vereinbart, jedes Jahr 6.000 neue Wohnungen zu schaffen. Man scheint auf einem guten Weg, fast überall in der Stadt stehen Baukräne, Sand- und Betonlaster verstopfen allerdings nicht nur die Innenstadt, sondern sorgen auch in Nobelvierteln wie Harvestehude oder Eppendorf für Ärger bei den Anwohnern. Doch noch immer stehen Hamburger für Wohnungen Schlange, suchen Makler per Wurfzettel oder Anzeige Verkaufsobjekte. Da wirkt es wie ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn jetzt in der Altstadt zum ersten Mal seit Jahrzehnten ein Bürogebäude abgerissen wird, das Haus der Seeberufsgenossenschaft, um Raum für 180 Wohnungen zu schaffen. Insgesamt sollen am Nicolaifleet rund 600 Wohnungen entstehen.

Dass in Hamburg etwa eine Million Quadratmeter Büros unvermietet sind, wird sich trotzdem kurzfristig nicht ändern, denn an einer Umwandlung in Wohnraum haben viele Investoren kein Interesse, liegt doch die durchschnittliche Quadratmetermiete in Innenstadtlage für Wohnraum bei zehn Euro, für Büros aber bei 25 Euro. Es müssen also mehr neue Wohnungen gebaut werden. Das wissen auch die 88 Wohnungsgenossenschaften der Stadt, die deswegen versprochen haben, im gerade begonnenen Jahr 700 Mio. Euro zu investieren. Dieses Geld soll in Modernisierungen, Instandhaltungen und 1.900 neue Wohnungen fließen. Auch im geförderten Mietwohnungsbau mit Mietpreis- und Belegungsbindung hat Hamburg seine Anstrengungen verstärkt und die Förderprogramme von 1.200 auf 2.000 Wohnungen im Jahr aufgestockt. Sowohl 2011 als auch 2012 wurde diese Marke übertroffen.

Ist deswegen alles gut an der Elbe?

Nein. Laut einer aktuellen Studie werden 2017 in Hamburg 50.000 Mietwohnungen fehlen. Und das, obwohl heute schon 12.000 Wohnungen leer stehen – nur eben in weniger beliebten Stadtteilen wie Billstedt oder Steilshoop. Die SPD hat deswegen zum Jahreswechsel gefordert, die Arbeit der Genossenschaften zu fördern, den „Wohn-Riester“ zur Eigentumsbildung zu vereinfachen und einen Verkaufstopp öffentlicher Wohnungsunternehmen festzuschreiben. Außerdem sollen die Mieten künftig innerhalb von drei Jahren nur noch maximal 15% im Vergleich zum ortsüblichen Niveau steigen. Beantragen will die SPD das in der Bürgerschaftssitzung am 23./24. Januar.

Auch Matthias Hansen, Geschäftsführer der Becken Holding machen die steigenden Mieten in Hamburg „große Sorge“. Eine gesetzliche Deckelung von Mieten aber sei problematisch, denn man greife in die Wirtschaftlichkeit der Immobilienunternehmen ein. Es falle Investoren zunehmend schwerer, neuen Wohnraum für Mieter mit mittleren Einkommen zu errichten. Grund sind gestiegene Bodenpreise und Baukosten sowie immer höhere Anforderungen an Energieeffizienz und Umweltschutz: „Denn es kann nicht erstrebenswert sein, in Hamburg nur noch Luxuswohnungen zu bauen.“ Jede Metropole brauche eine gute Mischung an Einwohnern. Hansen möchte „gute, solide Wohnungen bauen, die für zwölf bis 12,50 Euro pro Quadratmeter zu vermieten sind“. So hat die Becken Holding gerade ein Gelände in Hamburg-Wandsbek erworben, auf dem sich überaltertes Gewerbe befindet. Ab 2014 sollen hier rund 190 „bezahlbare“ Wohnungen entstehen. „Brot-und-Butter-Immobilien im besten Sinne“, wie Hansen sagt. Auch mit Projekten wie der Revitalisierung und Umwandlung des ehemaligen Bürogebäudes des Germanischen Lloyd am Hafen, in dem auch zusätzliche Wohnungen geschaffen wurden, tut das Unternehmen etwas gegen den Mangel an Wohnungen in Hamburg. Der Becken Holding-Manager: „Wir wollen noch sehr viel mehr Wohnraum zu vernünftigen Mieten schaffen und arbeiten dabei eng mit der Stadt zusammen.“