Der Immobilienbrief Berlin im Gespräch mit Michael Saddei, Managing Director Alpine Finanz Bau, …

…über nicht nur kurzfristige Auswirkungen politischer Maßnahmen der Berliner Landesregierung bis hin zur Verunsicherung der immobilienwirtschaftlichen Akteure, aber auch über Maßnahmen, wie dringende Probleme zu lösen wären und den dafür fehlenden  Weitblick Berliner Politik sowie das langfristige Entwicklungspotential der Airport-Region

Alpine Finanz Bau GmbH,  Spezialist für Büro- und Gewerbeliegenschaften, befasst sich seit 1990 mit der Bereitstellung von Immobilien sowie mit der Planung und Entwicklung, dem Bau und der Vermarktung von Geschäfts- und Bürogebäuden am Flughafen Schönefeld (SXF) sowie am neuen Flughafen Berlin Brandenburg (BER). Dazu passt als neueste Entwicklung: Das Airport Center  Schönefeld wird zum BB Business Hub und geht im 3. Quartal 2021 mit einer fast verdoppelten Mietfläche ans Netz. Ursache dieses Wachstums ist der Bau des 17.000 qm großen Landmark-Gebäudes Hub 3, das neben den beiden  Bestandsgebäuden und in fußläufiger Entfernung zum Airport Schönefeld neu entsteht. Der Spatenstich ist zu Beginn des vierten Quartals 2019 geplant.

Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft des Familienunternehmens Alpine Finanz Immobilien AG, bereits in dritter Generation geführt mit Sitz in Glattbrugg, Schweiz. Deren Kerngeschäft ist die Entwicklung von Immobilien, Planung, Bau, Vermietung und Verwaltung von modernen Geschäfts- und Bürogebäuden.

In der Schweiz ist die Alpine Finanz Immobilien AG seit über 40 Jahren in den besten Lagen in Zürich-Nord und anderen attraktiven Wirtschaftsräumen tätig. Die Wurzeln reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. 1856 gründeten die Gebrüder Girschek im  kaiserlich-königlichen Österreich eine Firma für Eisenhandel, die sich im Verlauf der Jahre zu einem führenden Stahlhandelsunternehmen in Osteuropa entwickelte. 1945 wurde der Firmensitz nach Deutschland verlegt. Die Aktivitäten der Firma umfassten den damaligen Ostblock, reichten im Westen bis Argentinien und im Osten bis nach Singapur. Mit der  Verlegung der Zentrale in die Schweiz begann 1970 der Aufbau des Immobilienbereichs in der Schweiz und in Deutschland unter dem Namen ALPINE FINANZ. Dieser Geschäftsbereich entwickelte sich in der Folge so erfolgreich, dass er das Stahlgeschäft nach und nach verdrängte: Planung, Bau und Bewirtschaftung moderner Bürogebäude sind heute die Hauptgeschäftstätigkeiten. Die Eisenwaren- und Stahlhandelstätigkeit wurde Anfang der 90er-Jahre eingestellt. Heute sind im Portfolio neben Büroimmobilien in den letzten Jahren auch vermehrt Wohnliegenschaften sowie Retail- und Hotel-Projekte an vielversprechenden Lagen in der Schweiz und in Berlin zu finden.

Wie ist Ihre Beziehung zu Berlin?
Ich bin kein gebürtiger Berliner, sondern wie viele andere Zugezogener, aber bereits seit Jahrzehnten in der Immobilienbranche der Hauptstadtregion aktiv. Daher kenne und  beobachte ich die Entwicklung der Stadt sehr genau. Für mich ist Berlin derzeit eine der spannendsten Metropolen der Welt und ich freue mich, die Internationalisierung der Stadt und das Wachstum miterleben und mit gestalten zu können.

Wie schätzen Sie die Perspektiven des Berliner  Immobilienmarktes im Allgemeinen  und speziell in Ihrem Tätigkeitsbereich ein?
Die derzeitigen politischen Maßnahmen der Berliner Landesregierung wirken sich nicht nur kurzfristig negativ auf den Berliner Immobilienmarkt aus. Aufgrund der Verunsicherung rechne ich mit einem Rückgang der Neubauzahlen zunächst im Wohn- und später auch im Gewerbesegment. Dadurch wird die Verknappung weiter steigen. Die Schere geht immer weiter auseinander zwischen Neubau und Bedarf. Denn Berlin wird weiterhin wachsen und der Druck auf die Preise nimmt noch stärker zu. Diese Entwicklung bestätigt unsere Strategie als Alpine Finanz Bau, im Berliner  Umland und hier besonders in der Airport Region Berlin Brandenburg aktiv zu sein. Diese Region wird dank des Flughafens, der verkehrsgünstigen Lage am  Berliner Stadtrand nah an Dresden und Leipzig und der dynamischen Wirtschaftsentwicklung im Südosten Berlins weiter boomen. Die Maßnahmen des Berliner Senats treiben die Menschen und Unternehmen ja geradezu in unsere Region. Hinzu kommt, dass Investoren hier in unserer Region auch andere politische Rahmenbedingungen vorfinden.

Berlin oder Brandenburg? Wo legt Ihr Unternehmen den Schwerpunkt und warum?
Die Alpine Finanz Bau legt ihren Schwerpunkt – übrigens bereits seit 1990! – in der Airport Region Berlin Brandenburg und gehört dort zu den größten Vermietern und Eigentümern. Wir gehen davon aus, dass sowohl das Wachstum des Flughafens, aber auch die verkehrsgünstige Lage am Rande Berlins mit Autobahn-, Regional- und S-Bahn-Anschluss und kurzen Fahrtzeiten nach Dresden, Leipzig, Frankfurt/Oder, Cottbus, bis hin nach Polen zu einem sehr dynamischen Wachstum führen wird. Wenn man sich  andere Regionen rund um existierende Flughäfen gleicher Größenordnung anschaut, dann wird klar, welches Potential Schönefeld und der Berliner Süden heute schon haben. Und unabhängig vom neuen Großflughafen BER existiert mit Schönefeld ja bereits ein funktionierender Flughafen am Standort, der es den Unternehmen ermöglicht, international zu agieren.

Es gibt wieder Gespräche zwischen Berlin und Brandenburg hinsichtlich gemeinsamer Regionalplanung.
Welche spezielle Frage, Anregungen oder gar Wünsche hätten Sie an die eine oder andere Landesregierung?

Die Airport Region Berlin Brandenburg steht wie keine zweite Region im Fokus beider Landesregierungen, schließlich ist der BER das größte gemeinsame Infrastrukturprojekt. Wichtig ist für uns, dass die ohnehin schon sehr gute Verkehrsinfrastruktur auch an die Erfordernisse des Großflughafens und des Wachstums der Gemeinde Schönefeld angepasst wird. Zum Beispiel durch eine hohe Taktfrequenz bei der Regional- und S-Bahn und durch zahlreiche Haltepunkte sowie den Ausbau der U-Bahnlinie U7. Zudem muss der BER auch die Rahmenbedingungen erhalten, die einen wettbewerbsfähigen Betrieb ermöglichen, etwa in Bezug auf Betriebszeiten und Startgebühren. Und natürlich wünschen wir uns auch, dass die Gemeinden besser mit Personal ausgestattet werden, damit Bebauungspläne und Bauanträge schneller beschieden werden können.

(Neuste Entwicklung hier: Das Eisenbahn-Bundesamt hat am 30. August dieses Jahres die Planung der Deutschen Bahn für den Ausbau der Bahnstrecke zwischen der Landesgrenze Berlin/Brandenburg und Blankenfelde genehmigt. Damit kann jetzt auf dem noch ver-bliebenen der insgesamt vier Planfeststellungsabschnitte der Dresdner Bahn gebaut werden. Auf dem Streckenabschnitt werden zwei neue, elektrifizierte Fernbahngleise für Geschwindigkeiten bis zu 200 km/h und eine Verbindungskurve zum Flughafen BER hergestellt. So wird der Flughafen BER vom Berliner Hauptbahnhof ab Dezember 2025 in 20 Minuten zu erreichen sein. KK)

Wo sehen Sie sich und Ihr Unternehmen  in zehn Jahren?
In zehn Jahren haben wir alle unsere Baugrundstücke entwickelt und gehören in der florierenden Airport Region Berlin Brandenburg zu den Vermietern mit dem größten Angebot an individuell zugeschnittenen Büroimmobilien – von Economy Class bis Premium Class, adaptiert an die Bedürfnisse unserer Mieter. Außerdem werden wir uns in der Region als Wohnbestandshalter etabliert haben.

Wo birgt aus Ihrer Sicht die Metropole Berlin noch  Potenzial in der Stadtentwicklung und warum?

Berlin hat noch unheimlich großes Potential sich weiterzuentwickeln. Die Frage ist nur, ob die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen es auch zulassen, dass dieses Potential gehoben wird. Von Blankenburg über Tempelhof und Tegel bis zum Güterbahnhof Köpenick dauern alle großen Entwicklungen viel zu lange oder sind wieder infrage gestellt worden. Daher wird aus meiner Sicht das Wachstum – abgesehen von Nachverdichtungen in der City, etwa durch Hochhäuser oder Aufstockungen – künftig an den Entwicklungsachsen der Bahnen und Straßen erfolgen und überwiegend im sogenannten Verflechtungsraum, also auch auf Brandenburger Gebiet. Gemeinden wie Falkensee, Teltow, Königs Wusterhausen und allen voran Schönefeld werden davon profitieren. Wichtig ist, dass  diese neuen Quartiere dann auch infrastrukturell gut  erschlossen werden, dann können beide Bundesländer davon profitieren.

Was sollte die Berliner Politik unbedingt dafür ändern?  Hat die Berliner Politik die richtige Lösung für das  dringende Wohnungsproblem?
Berlin hat weder für das Wohnungs- noch für das Gewerbeproblem eine Lösung. Die Regierung versucht doch nur, an den Symptomen herumzudoktern, und bewirkt dabei das Gegenteil: Die Branche ist verunsichert, was den Wohnungsbau in Berlin auf jeden Fall hemmt, und weicht statt dessen in andere Regionen – wie das Berliner Umland – oder wieder ganz in andere Länder wie Portugal oder  Spanien aus. Das wird den Druck auf Wohnungen und  Gewerbe noch weiter verschärfen, denn die Stadt wächst ja weiter und die Schere geht weiter auseinander. Was helfen würde, wäre die Vereinfachung, Beschleunigung und  Entbürokratisierung der Genehmigungsprozesse, die Zurverfügungstellung landeseigener Grundstücke für die privaten Projektentwickler und eine konkrete Absprache mit der Immobilienwirtschaft über Miethöhen und Sozialquoten. Weil der Weitblick der aktuellen Politik fehlt, wird sich nichts  verbessern – vor allem nicht für die Mieter.

Wie haben Sie in die Immobilienbranche gefunden?
Ich hatte mit Mitte 20 im Ausland für eine große spanische Baugesellschaft gearbeitet, und dort Villen und Appartements verkauft. Das war der Beginn meiner Karriere in der  Immobilienbranche.

Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Meine Mutter war Chefsekretärin bei Raab & Karcher und hatte mir meinen ersten Job besorgt. Meine Aufgabe war es damals, bei Raab & Karcher auf Montage Tankstellen zu reparieren, so habe ich meinen Führerschein neben der Schule finanziert.

Was ist Ihr Lieblingsort in Berlin  oder Brandenburg?
Der Garten bei Freunden in Babelsberg –  am liebsten zum Grillen.

Ihre Lieblingsimmobilie?
Das ist das Chrysler Building in New York – eine faszinierende Art-Déco-Ikone. In Berlin ist das neu entstandene sehr elegante Upper West meine Lieblingsimmobilie.

Und mit wem aus der Immobilien- oder Finanzbranche würden Sie einmal gerne zum Mittag/Abendessen gehen und  warum?
Sehr gerne würde ich Warren Buffet treffen, denn er investiert langfristig sowie konservativ und ist damit sehr erfolgreich. Außerdem verfügt er über eine extrem soziale Ader. □