Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank, dass Sie uns treu geblieben sind. „Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen“ (Goethe?). Ich hoffe, Sie haben die erholsamen Tage gesund überstanden und Ihre Waage frühzeitig um 2 kg auf Weihnachtszeit zurückgestellt. Nach meinen „guten Tagen“ mit 4 Feiern mit 5 Personen (enge Familie), 30 Leuten (traditionelle Großfamilie), 70 Gästen (traditionell Nachbarn und Bekannte bei uns) und 10 Freunden (Silvesterkreis) in 8 Tagen und zwischendurch Schreibtisch tat es gut, einmal auszusetzen. Ich nehme mir deshalb heute auch 2 Seiten Platz. Und im weihnachtlichen Geschehen einer gutbürgerlichen Familie stellt man dann auch noch beim jährlichen Kleiderschrank-Aufräumen fest, dass man in einem Umfeld lebt, in dem sogar unsere Motten nur noch Kasch mir fressen.
So schlecht kann es uns eigentlich nicht gehen. Wir machen nächstes Jahr unsere „600er Ausgabe“. Da könnten wir Ihre Hilfe gut gebrauchen (s. S. 3). Für den Sommer denken wir weiter über ein Special „50 Jahre Immobilienwirtschaft in Deutschland“. Aus Parallelen lässt sich lernen. 40 Jahre habe ich einmal schon für das 40-jährige JLL-Jubiläum ausgearbeitet. Aus der Wissenschaft helfen uns Hartmut Bulwien mit seinen persönlichen Erinnerungen sowie sicherlich unsere professoralen Freunde Loritz, Beyerle, Gondring, Kleine oder Vornholz. Allerdings brauchen wir auch dafür noch Ihre Anekdoten, Erinnerungen und natürlich auch ein paar Anzeigen. Mal sehen, ob es klappt. Das Expo Real Special bringt uns dann vielleicht 2025 „über die Runde“. Vom „über 10.000 mal verschenken“, kann kein Verlag leben.
Das Jahr 2025 bricht an, wie das letzte Jahr war. Rezession, abstürzende Wettbewerbsfähigkeit und stabile Inflation bestimmen die deutsche Berichtslandschaft. Gaza gibt einen Hoffnungsschimmer. Kalifornien weckt Erinnerungen an den Weihnachts-Tsunami 2004. In der Ukraine wird weiter geschossen. Woher soll es kommen, um es besser zu machen? Bringen die unsäglichen Koalitionsmodelle der Neuwahlen wirklich eine Wende? Es kann eher noch viel schlimmer kommen.
Biden warnte gestern eindringlich vor einer die Demokratie gefährdenden Macht weniger Finanz- und Meinungs-Oligarchen – ohne dabei auf ein neues präsidiales Umfeld einzugehen. Und damit sind nicht mehr wie bei ähnlichen Mahnungen der letzten Jahrzehnte weltumspannende Konzerne mit differenzierter Stakeholder-Struktur gemeint, sondern einzelne Menschen mit Macht, deren Fernseh- und Medienauftritte und Meinungsfreiheits-Kotau vor Trump ungemein irritieren. „Money Makes the World Go Round“. Ich will auch nicht in die Musk-AfD-Einmischungsdiskussion einfallen – auch, wenn sie mich als konservativ-liberalen Grundgesetz-Demokraten böse anmacht. Aber wenn man aus 10.000 km Entfernung AfD nur liest und nicht sieht, ist das Argumentarium oft stimmig. Einmischung in Angelegenheiten anderer Staaten gehört sowieso zur US-DNA ebenso wie zur russischen wie auch zur deutschen Weltbelehrungsphilosophie. In der Wahl der Mittel waren Politiker und Konzernlenker nie zimperlich. Und unsere Politiker und unsere Medien haben nie ein Geheimnis aus ihren US Wahlpräferenzen gemacht. Wenn Elon Musk Tik Tok kauft, sieht die Informations-Welt sowieso anders aus. Rupert Murdoch er reichte nur Menschen, die lesen können. Musk erreicht uns alle.
Ende nächster Woche kann unser geopolitisches Ge füge schon ein anderes sein. Diktatoren sammeln ihre Vasallen. Ich glaube nicht, dass „weiter wie bisher“ unsere Alternative wird. Und seien wir ehrlich, die bundesdeutsche Erfolgsgeschichte wurde als US-Vasall unter US-Atomschutzschild geschrieben. Militärisch mussten wir über 4% unseres BIP beisteuern. Wir leben heute in der gefährlichsten Zeit nach dem Weltkrieg, sagen Militärexperten. Wir leben in einem immer zersplitterten Europa, dessen detailversessener Regulierungswahn, Grenzenlosigkeit und Währung sich als Spaltpilze herausstellten. Aber der Zug nach Europa ist nicht nur endgültig abgefahren, sondern es gibt in neuem Umfeld keine andere Chance, als gemeinsam in der europäischen Lokomotive Kohlen zu schaufeln, auch wenn es dreckig und anstrengend ist.
Der Blick auf die Bundestagswahl, von der ich mit meinem Südafrika-Februar definitiv ausgeschlossen bin, lässt mich in Anlehnung an Warren Buffet überlegen, was der Unterschied zwischen Statistik, Realität und Politik ist. Statistisch können Sie in einem Monat Vater werden, wenn Sie mit 9 Partnerinnen ein Kind zeugen. In der Realität führt das mit 9 Kindern in 9 Monaten zu einer völligen Überzeichnung Ihrer ursprünglichen Maß nahmen-Zielsetzung. Die Politik versucht es aber immer wieder, da sie sich von überzogenen Maßnahmen und Versprechen Wähler stimmen erhofft. Vielleicht muss Friedrich Merz noch lernen, dass Blut- und Schweiß-Reden genauso wenig konjunkturunabhängige Wähler ansprechen wie versehentliche Reflex-Lacher im Überschwemmungsgebiet. Ca. 80% der Bevölkerung dürfte die Wirtschaft am Rücken vorbei gehen. Prof. Thomas Beyerle hat für uns die Immobilien-Versprechen und -Drohungen analysiert (S. 13).
Der nachweihnachtliche Waldbrand in Kalifornien, der am 7. Januar ausbrach, zeigt uns auch unsere paradiesische Lage. Zehntausende dürften vor den realen Trümmern ihrer Existenz stehen. Von menschlichen Aspekten abgesehen, stellt sich die Frage nach ökonomischen Auswirkungen. Berufsunken sehen wieder den Einstieg in eine Wirtschaftskrise. Sicher ist eine Versicherungskrise insbesondere hinsichtlich zukünftiger Versicherungsmöglichkeiten. Das killt Grundstückspreise und Wiederaufbau-Lust. Wirtschaftlich gibt es immer zwei Möglichkeiten: Der Schock führt entweder in die Krise oder der Wiederaufbau wird zum Wirtschaftsförderungsprogramm erster Güte. Nach „9/11“ 2001 z. B. erwartete ich einen Riesenschub durch Wiederaufbau und in Sicherheitsindustrien und Militär. Schiefgegangen! Stattdessen knallte die Wirtschaft weltweit in die Rezession. Ben Bernanke erfand deshalb 2002 das „Helikoptergeld“, das uns dann die Finanzkrise und deren irre Bekämpfung mit der Nullzins-Ära bescherte. 2001 bis 2004 war dann auch die letzte echte Rezession in Deutschland, die dem heutigen Desaster gleichkam. Finanzkrisen- und Corona-BIP-Einbrüche waren zwar härter, aber schnelle „V“-Rezessionen, die lediglich vorübergehend der funktionierenden Volkswirtschaft den Stecker zogen. Wenn der wieder eingesteckt wird, laufen die Maschinen wieder. Das ist wie beim Skilaufen. Ein spektakulärer Sturz aus hoher Geschwindigkeit hat oft geringere Verletzungen zur Folge als langsames Umfallen in der Liftschlange mit Drehbruch. Den haben wir jetzt – und die Inflation zieht in unvermeidlicher Logik wieder an.
Für mich ist es ein marktwirtschaftliches Fanal, dass es in einem Markt wie dem Wohnungsmarkt, in dem fast unendlich privates und institutionelles Geld zur Verfügung steht und die belastbare Nachfrage bei Mietern und Eigennutzern langfristig gesichert ist, es nicht nur nicht möglich ist, den Markt Richtung Ausgleich zu bringen, sondern die Schere immer weiter auseinander klafft. Dabei wäre es so einfach, wenn man über den Schatten koalitionsbedingter Paragraphen-Reiterei springen könnte. Das ist nun einmal die Folge regulierender Eingriffe durch Bau- und Mietvorschriften. Wie völlig irre das in Deutschland ausgeprägt ist, zeigt sich wie in einem Vergrößerungsglas mit grünem Regierungseintritt ab 2016 (noch in der Nullzinsphase!) in Berlin.
Der Wahnsinn geht weiter. Statt zu lernen, dass Immobilien Verbrauchsgüter mit hoher Managementbedürftigkeit sind, und keine Wertpapiere, schwelgen die Maklerhäuser wieder Spitzenrendite-Diskussionen auf zwei Stellen hinter dem Komma. Harald Thomeczek hat das in der IZ wieder super herausgearbeitet. Das erinnert mich an meine Zeit im damals größten Immobilienskandal Deutschlands. Wir hatten 180 Immobilienpleiten, aber als neue „Fachabteilung“ nicht eine einzige davon schon gesehen. Für die McKinsey-Berater haben wir mit sicherem Auftreten bei totaler Ahnungslosigkeit dann ohne Größen- und Zustands-Kenntnis „fernbewertet“. Das ermunterte McKinsey dann, autoerotisch auf 6 Stellen hinter dem Komma die für unser Geschäft notwendige Risikoprämie zu berechnen. Eigentlich sollte das aktuelle Real Desaster aus Bewertung, ESG-Herausforderungen und Marktspreizung auch die Maklerzunft belehrt haben. Außerdem berücksichtigt das nicht die reale Immobilie (vgl. Seite 4). Zudem sollte man erwarten, dass die Fachleute den lt. IZ um etwa 20 Marktdifferenzprozent erklärungsbedürftigen Kaufpreis, den z. B die Stadt Köln für das Rossio bezahlt hat, auf mögliche Sondereffekte von einfacher Ahnungslosigkeit bis zu etwaigen Nachbarschafts- oder Zwangseffekten analysieren, statt neue Spitzenrenditen nach Chat GPT-Vorbild zu halluzinieren. Vielleicht hilft der Blick in den „Der Immobilienbrief“ von vor zwei Jahren. Mit Blick auf vergleichbare Zinssituationen und langfristige Entwicklungen war und ist für uns eine richtig gute Immobilie die 20-Fache wert. Für neues Landmark ist ein Aufschlag bis 23- oder 25-fach zu kalkulieren. Für Standard- oder Risikoware geht es dann deutlich herunter. Die Zinssenkungen seither können das Modell um ein oder zwei Jahresmieten verschieben. Alles Weitere hängt dann von Details ab. Und ESG kann auch noch alles zu Makulatur machen. Das ist doch keine Raketenwissenschaft. McKinsey lässt grüßen.
Es gibt auch Positives: Im Gaza-Krieg könnte nach Waffenstillstandeinigung erst einmal Ruhe eintreten. Das hatten wir Ihnen in „Der Immobilienbrief“ 589 (v. 20.12.24, S. 3) bereits prophezeit: „Die positive Botschaft lautet aber, Ukraine- und Gaza-Krieg werden im kommenden Jahr zur Ruhe kommen.“ Beide Kriege haben aber gemeinsam, einen Frieden kann es nicht geben. Nach dem Abschlachten von Israelis am 7. Oktober war der Gaza Krieg grausam. Aber der Frieden wird fürchterlich. Der 7. Oktober 2023 hat sich in die DNA der Israelis eingefügt. Zehntausende junge Palästinenser treten in die Fußstapfen ihrer toten Hamas-Väter. Ich kenne nur eine Lösung: Die Weltgemeinschaft müsste die Palästinenser so lange mit Geld und Wohlstand zuschütten bis Verlustängste die Hassparolen überdecken. + + + 70.000 qm könnte die Commerzbank lt. Green Street/IZ (vgl. S. 8) im CBT der Helaba mieten. Meine „Begeisterung“ für Hightech-Türme als Core lediglich für Entscheidungsträger ist bekannt. Ohne zyklische oder kranke Wertentwicklung lässt sich damit nur im perfekten Zyklusreiten Geld verdienen. Ansonsten wechseln sich 20-jährig Wertschöpfungsphasen des Baus und der Sanierung mit Geldverbrennungsphasen der Nutzungsperioden ab. Trotzdem Glückwunsch. Mit dieser Vermietung ist Geld im schnellen Verkauf zu verdienen oder alternativ sichert das den Vorstand bis zum Ruhestand ab.
Zwar ist das Jahr schon alt, aber dennoch wünsche ich Ihnen persönlich ALLES GUTE und VIEL ERFOLG im neuen Jahr. Sie wissen ja, „Schönreden“ ist eine bewährte Selbstschutz Strategie nicht nur der Immobilienwirtschaft. Die Immobilienwirtschaft erinnert die Fabel von dem kleinen Fuchs, der vergeblich versucht, Trauben an einem Weinstock zu erreichen und dann stolz davonschreitet mit „ich mag sowieso keine sauren Trauben“. In diesem Sinne blicken wir auf einen Start in einen neuen Zyklus und einen Blick auf echtes Immobiliengeschäft. Richtig ist: 1. Das Geschäft ist zyklisch. 2. 84,5 Millionen Deutsche verharren nicht in Lethargie. 3. Immobilien werden auch in Zukunft gebraucht. Einziges Problem, das ich Ihnen seit 2 Jahren mit Blick auf Büros aufzeige, ist: Nur die Konjunktur ist zyklisch. Die anderen 5 Wellen wie Bewertungs-/Zins-Mathematik, Homeoffice/ New Work, ESG-/Klima-Herausforderungen, KI/AI und inzwischen der noch nicht einmal mehr „schleichende“ Verfall deutscher, relativer Wettbewerbsfähigkeit branden aufgetürmt an die Büro mauern. Das sind Niveautransformationen, die Opfer im Bestand fordern werden. Zwar ist jede einzelne Welle flacher als von deutschen Dauerängstlichen befürchtet, aber aufgetürmt können sie eine Menge Schaden anrichten. Das kommt noch; denn der Start in einen neuen Zyklus neuer Player markiert auch den Höhepunkt der Pleiten bzw. Tiefpunkt des Zyklus der alten Player. Das zyklische Bungee-Seil ist jetzt am unteren Ruhepunkt. Es schwingt aber noch durch. ■