Sehr geehrte Damen und Herren,
preiswerter wird es nicht mehr. Der Boden ist jetzt wirklich erreicht. Die Zeit der Chancen beginnt: JETZT. Naja, das habe ich letztes Jahr auch schon gesagt. Das war wohl noch nichts. Aber ich hatte dem Markt 24 Monate Zeit gegeben. Die nächsten 12 Monate werden es zeigen. Problem ist nur: Der Markt ist unten, die Bewertungen der Bestände oft nicht. Aber jetzt kommen die Transaktionen zurück – nicht alle freiwillig, nicht so viel wie im Boom, aber wahrscheinlich zwei Drittel. Die Multiplikatoren kommen auch wohl eher nicht zurück. Je nach Assetklasse und Mietentwicklung dürften die Multiplikatoren um ein Drittel und die Preise um 25% nachgegeben haben – wenn sonst alles in Ordnung ist. Bei ESG dürfte das aber recht oft nicht der Fall sein. Und die Fees aus der Zeit, als Käufer dankbar waren, überhaupt gefragt zu werden, wird es wohl auch nicht mehr geben. Aber es geht bei den Transaktionen aufwärts, freuen sich die Makler. Verkäufer müssen sich eben an den Markt halten. Nur werden das einige nicht überleben. Stillhalteabkommen können nicht verlängert werden, wenn nachhaltig neue Fakten geschaffen sind. Eine neue Generation von (internationalen) Investoren freut sich. Und mit Blick auf die eigene Makler-GuV und die Excel-Flexibilität ist zwei Drittel mal zwei Drittel mal zwei Drittel in etwa zwei Drittel alter GuV-Einnahmen. Das ist schließlich beherrschbare Mathematik mit beherrschbarer Anpassung.
Unsere Fehlerkultur geht weiter – Nur Gutmenschentum ist absolut – Erfolg ist relativ
Zu den Wahlergebnissen der letzten Wochen möchte ich mich nicht äußern. Das ist nur auf der einen Seite peinlich. Es zeigt aber, dass die Belastbarkeitsgrenzen bildungsbürgerlichen, politischen Gutmenschentums weit über die politischen Ränder hinaus erreicht sind. Die politische Akzeptanz eines Zuwanderungssaldos von über 4 Millionen Menschen, ohne eine Lösung für die Wohnungsfrage anzubieten, ist weltfremd. Selbst in der Null- und Negativzinsphase ließ die Politik die erkennbaren Probleme ohne Gegensteuerung ablaufen.
Exkurs: Dabei wäre alles so einfach, wenn man über politische Petitessen virtuos verhandelter Kompromisse hinaus denkt. Für Steuerverschiebungseffekte, die bereits nach kurzer Zeit schon über die Mehrwertsteuer ins Positive drehen, tut der Steuerbürger alles. Der erfolgreich getestete Masterplan liegt seit 33 Jahren in der Schublade: Das Fördergebietsgesetz. Und bevor Sie über die damaligen „Verwerfungen“ nachdenken, bedenken Sie, jede damals zu viel gebaute Wohnung ist längst vermietet. Und für wie groß halten Sie die Wahrscheinlichkeit, dass in einem erneuten Bauboom begrenzter Kapazitäten auf einmal zu viel neue Wohnungen gebaut würden? Die Probleme dürften vielmehr darin liegen, dass in wenigen Jahren viele Fachkräfte des Baus auf unsere Kosten wieder im Ukraine-Aufbau beschäftigt sein werden. Das relativiert im Übrigen auch die möglichen Kostensenkungsphantasien.
Das Schlimme ist aber die Fortsetzung unserer Fehlerkultur: Die deutsche Politik unterliegt dem generellen Denkfehler einsamer Weltrettung, statt eine Verbesserung der relativen Wettbewerbsfähigkeit auch unter ESG-Gesichtspunkten in einem weltweiten Weltrettungsgleichschritt anzustreben. Erstmal regulieren, die (Immobilien-) Wirtschaft wird’s schon schaffen. Bedenken Sie, nur Gutmenschentum setzt absolute Ziele, wirtschaftliche Strategien beruhen darauf, relativ besser, schneller oder intelligenter als der Wettbewerb zu sein. Es geht nur um „relative Wettbewerbsvorteile“. Wer die aus der Hand gibt, verliert am langen Ende. Das betrifft Staaten ebenso wie Unternehmen.
Wer auf Industriepolitik verzichtet, während der Wettbewerb Industriepolitik betreibt, verliert. Wer auf der Schuldenbremse beharrt, während der europäische und weltweite Wettbewerb mit Schulden seine Wettbewerbsfähigkeit optimiert, hat Recht, aber verliert trotzdem. Wenn das Haus an allen Ecken bei Wohnen, Militär, Digitalisierung oder Bildung brennt, und man erst über Portionierung und Finanzierung des Löschwassers nachdenkt, verliert. Wer glaubt, bei 1,7% CO2-Austoßer die Welt mit Dämmen zu retten, verliert. Der jährliche China-Zuwachs ist größer als der ganze deutsche Ausstoß. Und Sie können die ganzen Regulierungskaskaden von Lieferketten bis Waldabholzung weiterdenken. Alles macht allein durchaus Sinn. Letztlich führt
es aber zum Verlust der relativen Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und unserer Industrie.
Der Staat darf viel – nur nicht die relative Wettbewerbsfähigkeit in Kernkompetenzen aufs Spiel setzen. Was ist die Kernkompetenz einer Wirtschaft ohne Rohstoffe: Verarbeitung und Dienstleistung. Von Dienstleistung allein können wir aber noch nicht leben. Und jede Auslagerung von Produktion ins Ausland ist ein Verbrechen am Klima. Träume nordischer Wasserkraft lösen keine Welt-Stahlprobleme.
Aufgabe des Staates ist die Bereitstellung von Rechtssicherheit, von Leitplanken für eine prosperierende, meritorisch tätige Wirtschaft, von Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs und internationaler Wettbewerbsfähigkeit, von Sicherheit der nationalen und europäischen Grenzen, der Verteidigungsfähigkeit u.v.m.. Aufgabe der Außenpolitik ist die Sicherstellung von Frieden und ökonomischem Austausch, damit jeder tun kann, was er am besten kann. Bedenken Sie, der Export von religiösen Überzeugungen oder sonstigen Wesensarten – mögen sie auch noch so gerechtfertigt sein – hat noch niemals in der Menschheitsgeschichte ohne Gewalt Erfolg gehabt. Letztes Beispiel, für das ich mich immer noch schäme, ist Afghanistan. Jahrzehnte Gleichberechtigung zu zeigen, um dann vor schlimmsten archaischen Gesellschaftsformen abzuhauen, war viel schlimmer als „nichts tun“. Welchen Enkeln wollen wir das schönste Leben schenken, wenn „alle Enkel“ nicht geht? Jetzt geht die Logik leider ans „Eingemachte“. In seinem neuen Buch thematisiert Kurt E. Becker die Frage nach einem „guten Leben“ von demnächst zehn Milliarden Menschen auf unserem.
Ich bin pragmatischer: Vieles werden wir nicht ändern können. Das ist nicht gut, aber halt nicht änderbar. Vorab: Ich bin überzeugt, dass der Klimawandel real ist und zu großen Teilen von Menschen gemacht ist. Ich finde es gut und bin begeistert, wenn jeder einzelne von uns in seinem Leben durch Mäßigung und viele kleine Maßnahmen dazu beiträgt, den Planeten besser zu machen. Ich bin jedoch für Ehrlichkeit. Was ich für höchst nachdenklich halte, ist das hybride Leben, mit dem Geld und der Altersvorsorge anderer Leute den Klima-Helden im Unternehmen zu spielen, um sich dann mit dem Karrieregewinn den relativ höchsten CO2-Ausstoß leisten zu können. CO2 ist immer noch „gelebter Wohlstand“ des Wohnens, des Reisens, des Essens und der Mobilität. 99% der Menschheit streben für sich selbst maximalen CO2-Ausstoß, also Wohlstand, an.
Dazu gehören auch regenerative Energien, wie z. B. auch Solar auf dem Dach. Naja, dafür braucht man natürlich vorher das Einfamilienhaus und den zu ladenden SUV – aber s.o., ich bin auch „99%er“. Bei mir wird Solar heute installiert – in 3 Wochen von Bestellung bis Fertigstellung. Natürlich muss sich mein Taschenrechner noch ein wenig verbiegen, aber wenigstens ruft er mir bei „15.000 Euro all in“ für 10kWp und 10 KWh Speicher anders als vor drei Jahren für 40.000 Euro Angebote nicht mehr täglich „Blödmann“ zu.
Was können wir aber für unsere Urenkel tun? Was wir aber in die Hand nehmen können, ist die Zukunft unserer eigenen Enkel und Urenkel. Unsere Kinder dürften noch Wohlstand leben dürfen. Unsere eigenen Enkel und Urenkel werden aber weniger als 1% der Kinder und Enkel anderer Leute sein. Den Globus können wir als 1,7%-Emittent nur mit mindestens 70% der anderen Emittenten zusammen retten. Die bekommen wir nur als erfolgreiches Vorbild auf unsere Seite, nicht als Industrie-Museum. Da werden wir als „einer muss ja anfangen“- Lachnummer nur dem Klima schaden. Was wir aber heute und ganz allein selbst absolut in der Hand haben, ist dafür zu sorgen, dass es unseren Kindern auch in einem geänderten Umfeld besser geht als 90% anderer Leute Kinder und Enkel.
Das geht nur, wenn wir unsere relative Wettbewerbsposition in der Wirtschaft kontinuierlich verbessern oder zumindest erhalten. Das geht nicht mit Dämmen und Sparen, sondern mit Knowhow- und Produkt-Export. D.h., wir müssen besser sein als die anderen. Das schließt Umweltschutz nicht aus. Im Gegenteil. „Besser als den Kindern und Enkeln anderer Leute“ heißt auch eigene saubere Flüsse und eigene energiesparende Infrastruktur mit funktionierender Bahn, guten Straßen, sicheren Brücken und allen Sicherheitsaspekten. Es bedeutet auch das Recht auf Zukunftsmobilität und die Pflicht zur Technologieoffenheit, denn nur die schafft disruptive Innovationen, die der Fortschritt braucht.
Wer aber unseren eigenen Enkeln und Urenkeln durch gutgemeinte Weltverbesserung im Elfenbeinturm der Meinungseliten eine Zukunft auf Weltdurchschnitt bescheren will, wird zum Feindbild des gesunden Menschenverstandes und der biologischen Prädisposition des Überlebenswillens. Die gesellschaftliche Mitte hat das fehlgeleitete Leitbild der Weltrettung zu Lasten der eigenen Wettbewerbsfähigkeit übernommen. Damit fehlt einem großen Teil unserer Gesellschaft eine Wahlmöglichkeit. Die Ära Merkel hat auf unsere Zukunftskosten Infrastruktur konsumiert, Veränderung des geopolitischen Umfeldes ausgesessen und nach Gewinnmöglichkeiten aus billiger Energie und Niedriglohnländern gesucht. Das haben wir – auch ich – nicht gemerkt. Die Nachfolge CDU hat das fehlgeleitete Weltbild der Weltrettung übernommen. Die SPD hat sich in einsame Klausur selbsternannter Sozialeliten begeben. Die „grüne Ampel“ steht paradoxerweise für die Zukunft auf „rot“. Jetzt gilt es, mit einer neuen Agenda gegenzusteuern. Aber wer sollte das tun können?
Befindet sich Deutschland auf Talfahrt? Regelmäßig werden Veränderungsbefürchtungen mit dem nach wie vor sichtbaren Reichtum Deutschland abgewiegelt. Es werde schon nicht so schlimm wie befürchtet kommen. Der deutsche Vorsprung sei zu groß. Lassen Sie uns zunächst den vordergründigen Widerspruch aufklären, wieso, wie zuletzt auf dem PLATOW Investorenforum im September deutlich wurde, deutsche Unternehmen, auch in der Immobilienwirtschaft, immer noch lohnendes Ziel der Kapitalanlage sein können, aber andererseits sowohl konjunkturell als auch immobilienwirtschaftlich die Molltöne überwiegen.
Natürlich hat Deutschland hervorragende Unternehmen. Natürlich ist Deutschland ein reiches Land. Natürlich wird Deutschland noch 20 Jahre ein vergleichsweise reiches Land bleiben. Es spricht auch nichts dagegen, sein Geld in deutsche Unternehmen zu investieren.
Andererseits sind Investments oder Kapitalanlagen in deutsche Unternehmen mobil und folgen den Unternehmen, egal wo diese ihr Geld verdienen. Deutsche Immobilien sind dagegen immobil. Wenn Unternehmen mit den Füssen abstimmen und Deutschland verlassen, bleiben die Immobilien zurück und geraten in den Circulus
Vitiosus.
Wenn Sie sich nach Analyse der volkswirtschaftlichen Details immer noch wundern, wie gut es uns geht und gläubig auf einen steigenden DAX, eine Weltführerschaft der Hidden Champions, auf viele Patente und erfolgreiche Forschung, auf unsere Führerschaft in der Bekämpfung des Klimawandels und auf die Notwendigkeit vieler traditioneller Industrien noch aus der Old Economy für die Bekämpfung des Klimawandels verweisen und dies auch noch mit ihrer persönlich guten Situation vermischen, könnten Sie leicht daneben liegen.
Man kann sich die aktuelle Situation – eigentlich seit dem Höhepunkt der Merkel-Ära – wie eine wunderschöne blaue Ischgl-Ski-Abfahrt unter blauem Himmel auf breiter Piste, deren Schwierigkeiten wir mühelos meistern, vorstellen. Links und rechts biegen unsere Mitfahrer in tollen Schwüngen auf noch leichtere Pisten in osteuropäische Länder, vielleicht auch nur zu unseren weniger regulierten westlichen Partnern oder sogar nach Asien oder in Billigenergie-Kontinente wie z. B. Amerika ab. Jetzt geht es uns noch so gut, dass wir geradeaus weiterfahren und erst langsam realisieren, dass vor uns die Piste „schwarz“ wird, die Regulatorik Barrieren abwirft und unten gerade die Talstation abgebaut wird, so dass unser Wiederaufstieg nicht mit der Gondel, sondern nur zu Fuß und damit langsam und mühselig stattfinden kann.
Was heißt das für die Immobilienwirtschaft?
Ein Momentum sieht die Branche in der jüngsten Zinssenkung. Für die USA bestätigt das im Background-Gespräch BVT-Gründer Harald von Scharfenberg. Da setze jetzt ein Momentum ein. Auf hohe Fertigstellungen folgte jetzt Bau- und Genehmigungsflaute. Das markiere mit Fertigstellung 2026 jetzt den idealen Development-Zeitpunkt für Wohnungen. Für private Wohninvestments in Deutschland bleiben wir auch optimistisch. Das Zinsniveau wird kalkulierbar. Mit neuen 1% oder 2% Zinsen bei der KfW und 3,3% am Markt wird mit Eigenkapitalspritze von den Eltern wieder vieles möglich. Seit dem Peak vor einem Jahr sind für private Käufer die 10-Jahres-Hypothekenzinsen schon wieder von 4,3% auf 3,3% gefallen (Quelle Interhyp). Und schließlich ist der Mietwohnungsmarkt durch die irre Differenz zwischen Bestandsmiete und Neuvermietungsmiete in den A-Standorten als Korrektiv ausgehebelt.
Lediglich bei der Rendite-Immobilie stellt sich wieder das alte Mathematik-Problem. Da bleibt das Momentum aus. Vielleicht, und mit Blick nach Italien, verfallen die Notenbanken aber wieder auf den Gipfel der Dämlichkeit, durch weitere Zinssenkungsüberlegungen den Attentismus erneut zu schüren. Wenn die Notenbanken nicht wieder in Panik das einzige verbliebene Steuerungsinstrument des Staates aus der Hand geben und den Zins Richtung Null zurückschicken, sind in den Marktzinsen schon die planbaren Leitzinssenkungen antizipiert. Währungspolitik ist im Euro, Fiskalpolitik ist in der Schuldenbremse und Moral Suasion in der Ampel- und Dämm-Müdigkeit ausgesetzt. Außerdem: Neue Immobilien, die keine 3,3% Zinsen rechnen, braucht die Welt nicht.
Aber die Branche tickt wieder positiv. 5% wird zum Maßstab. Wenn jeder glaubt, „die Preise sind unten, jetzt gibt es Opportunities“ ziehen sich die Matadore gegenseitig aus dem Sumpf. Auch die Mathematik spielt jetzt wieder mit. Vor zwei Jahren prophezeiten wir Ihnen wieder die 5%-Topimmobilie als alten und neuen Maßstab institutioneller Anlage. Auch bei weit höheren Zinsen zeigten die alten Multiplikatoren-Tabellen von Immobilien Winter bzw. DB Immobilien Vervielfältiger von knapp 18- bis meist leicht über 19-fach für erstklassige Büros auf. Gute Wohn- und Geschäftshäuser kamen auf gut 12-fach bis 14,5-fach. Interessant ist, dass die Nettorenditen recht wenig mit den Zinsänderungen korrelierten, die wir im „Der Immobilienbrief“-Chart aus 2007 nachtrugen. Insofern kann man durchaus rechtfertigen, dass die „5%-Immobilie“ bei heutigen Zinsen einen fairen Preis darstellt.
Damit geht es jetzt an die Bewertungen der Bestände. Wohnungsbestände liegen ja in vielen Bilanzen noch zwischen 20- und 23-fach. Vergleichsdeals werden aber irgendwo zwischen 12- und 15-fach auf den Markt kommen. Das Schwert des Optimismus der Bodenbildung und Marktbelebung ist allerdings zweischneidig. „Bewerten heißt vergleichen“ geben die Bewerter großer Portfolien jetzt seit 18 Monaten als Devise aus. Sofern es sich lediglich um die Rückbewertung zuvor hochgewerteter Immobilien handelt, spiegelt sich das „nur“ in der Bilanz. Das ist oft schon recht lästig. Die Korrektur zu teuer eingekaufter Objekte geht in die Liquidität.
Bewertungssysteme im Feuer?
Das System anhaltend optimistischer Portfoliobewertung funktioniert im Abschwung nur dann störungsfrei, wenn der Cashflow kontinuierlich kommt und gleichzeitig Bewerter, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Banken und Kapitalmarkt mit Blick auf Covenants die Füße so lange stillhalten, bis die Mietentwicklung die Bewertung der Immobilien erreicht hat. Im Bereich Wohnen dürfte das im Rahmen einer fünf Jahresperspektive auch nicht unrealistisch sein. Die Frage bleibt, wann jemand ausschert oder ein Kind, vielleicht in Form eines angeblich unbedarften Anlegers, nicht mehr an „des Kaisers neue Kleider“ glaubt. Bereits im September 2019 monierte „Der Immobilienbrief“: „Schauen Sie sich doch einmal die Bilanzen der Immobilien AGs an, wer davon 4% Zinsen zahlen könnte.“ Und verwies auf das Kind im Märchen von Hans Christian Andersen.
Die PwC-Verurteilung in China zu Millionenstrafen mit vorübergehendem Berufsverbot, müsste Bewerter und Wirtschaftsprüfer nachdenklich machen. Wirecard lässt auch noch grüßen. Neu ist das alles nicht. Der Autor selbst konnte aus der eigenen Bewertung von Portfolien im zweistelligen Milliardenbereich in früheren Funktionen die Arbeit der deutschen Staatsanwaltschaft über eine Dekade verfolgen. Obwohl er nur als Zeuge und „Erklärer“ betroffen war, war das mit dem laufenden Staatsanwaltschaftshinweis, vielleicht auch auf die andere Seite gestellt zu werden, alles andere als lustig. Zum Glück lief das alles ein wenig aus wie das Hornberger Schießen. Lediglich die Berufsleben einiger meiner Bewertungsmitstreiter, die nach 10 Jahren froh waren, den Ermittlungen mit einer spürbaren Geldbuße zu entkommen, wurde in andere, weniger erfolgreiche Bahnen gelenkt. Wer mit Mitte 30 eine Dekade lang die Staatsanwaltschaft im Nacken hat, hat die wichtigste Zeit seines Berufslebens verspielt. Im Zuge der 15-jährigen Phase der Asset-Inflation durch sinkende Zinsen, in der der Markt alle Bewertungsrekorde zumindest vorübergehend heilte, gerieten die rechtlichen Risiken in den Hintergrund des Erfahrungshorizonts der Player. Der Markt heilte bei Wohnen jeden sportlichen Bewertungsoptimismus – bis zur Zinswende.
Gewerbeimmobilien im Kreuzfeuer:
40% Renditekorrektur z. B. bei Prime Office machte JLL unfreiwillig zum Maßstab der Wertänderungsrendite. Und wie ich schon im März letzten Jahres deutlich machte, waren die Bewertungshoffnungen meiner eigenen Bewertungsjugend trotz spannender 10 Folgejahre geringer als die Abweichungen des letzten Hypes. Wenn ein Kreditnehmer in meiner NPL-Bankenjugend seine Vermögenswerte unmaßstäblich hoch angesetzt hatte, nannte unsere Rechtsabteilung im Austausch mit Behörden das … (naja, lassen wir den Begriff weg). Heute heißt das, wie ein befragter Anwalt mir erläuterte, „gut beraten.“
Bei Gewerbe tickt – anders als bei Wohnen – noch der Zeitzünder der Mietvertragsausläufe. Inzwischen nähern sich Restlaufzeiten, bei der sich Banken schon Gedanken über notwendige Nachvermietungsinvestitionen, Miethöhen, Beleihungswerten und Eigenkapital machen müssen. Da dürften manches Stranded Assets schon rot aufblinken. Elbtower, TRIANON und Centurion hissten bereits die weiße Flagge. Squaire wertete um 40% ab. Wie von uns schon seit mehr als 12 Jahren angekündigt – damals sprach noch niemand von ESG – sind besonders prominente Hightech-Immobilien für hochwertige Mieter betroffen. Schon Anfang der 00-er Jahre diskutierten wir, wie sich Hightech Immobilien mit 20 Jahren Nutzungsdauer der Haustechnik als „5%er“ rechnen sollen. Die „T11“ (Taunusanlage 11), einst Deutschlands teuerstes
Büro mit erstmals 100 DM (51 Euro) Miete mit Neubau 1972 und Entkernung auf Rohbau in 1992 und 2012 sahen wir
als Beispiel.
Wenn Sie nach Frankfurt hereinfahren, dürften Sie einige Türme sehen, die die Mathematik nicht mehr mitmachen werden. Die gehen nicht alle pleite, sondern werden auf Kosten von Versicherten und Fondssparern unter der Hand saniert werden und irgendwann wieder „über Buchwert“ verkauft werden. Die Nullzinsphase forderte technikverliebte Investoren und Architekten noch heraus. Liebe zur Technik kennt kaum Grenzen. Das macht z. B. der Einbau von automatischen Verschattungen im Innern von Fenstern, an die man bei Defekt nicht mehr herankommt, deutlich. Den Effekt dauerhafter Beschattung im Schatten und nicht funktionierender Beschattung auf der Sonnenseite können Sie in Düsseldorf auf der Kö besichtigen.
Insbesondere bei Büros neigen die institutionellen Investoren immer mehr zur Zurückhaltung. Das eröffnet natürlich auch Chancen. Sebastiano Ferrante, Europachef von PGIM Real Estate sieht die deutschen institutionellen Investoren als einfach überallokiert in Real Estate. Viele Immobilieninvestments seien „in distress“. Institutionelle müssten viel Geld nachschießen, um Deals zu stabilisieren. Zum andern müssten sie auch noch „unheimlich viel Geld in ESG-Maßnahmen investieren. Harald Thomeczek, Immobilien Zeitung, hat mit Blick auf Deutschland bei Ferrante nachgefragt. Es gebe nicht nur eine Immobilien- oder eine Bewertungskrise, sondern „das Wirtschaftsmodell Deutschland steckt in einer tiefen Identitätskrise“, so Ferrante. Wer jetzt noch bereit sei, in Deutschland frisches Geld anzulegen, brauche „satte Risikoaufschläge“ und erwarte IRR-Renditen von 15% bis 20% als Risikopuffer. Immobilienverkäufe aus NPL seien Chancen. Die Einkaufs-Konkurrenz sei so gering wie nie. Deutschen Versicherern, Pensionskassen und Versorgungswerken fehle aus den o.g. Gründen das Kapital für neue Immobilieninvestitionen im großen Stil.
Auch der Schwarmglaube an die Immobilien lässt nach. Bereits vor der brutalen Abwertung des UniImmo: Wohnen ZBI stimmten private Anleger schon mit den Füßen ab. Während beim UniImmo Wohnen sicherlich noch intellektuelle Besonderheiten zu berücksichtigen sind, die wir einmal an anderer Stelle besprechen sollten, geht der Ausverkauf bei Offenen Immobilien-Publikumsfonds auch mit Gewerbeschwerpunkt jetzt im 12. Monat in Folge weiter. Lt. Garbe Institutional Capital, PwC Deutschland und Colliers sind etwa 75 Mio. qm Bürofläche in deutschen A- und B-Städten bedroht, die nicht mehr den aktuellen ESG-Anforderungen entsprechen. Aktuell analysierte bulwiengesa den Zustand und die Sanierungsaktivitäten von Bürogebäuden in den deutschen Top-7 Städten. Demnach entstanden rd. 70% der Bürofläche in den A-Städten vor dem Jahr 2000 und entsprächen oft nicht mehr den aktuellen ökologischen und sozialen Anforderungen.
Stimmung im Tief:
Die Stimmung stürzt ab. Die Immobilienwirtschaft lief als zinssensibelste Branche voran. Jetzt setzt sich die volkswirtschaftliche Ampel-Stimmungstalfahrt immer weiter fort. Parallel sind die Researcher zur Immobilienwirtschaft gespalten. Volkswirtschaftlich interessieren die langen Trends mehr als die Hiobsbotschaften. Wir haben einmal das ifo Geschäftsklima-Zahlenwerk der letzten 25 Jahre dem Immobilienindex von bulwiengesa gegenübergestellt. Interessant ist, dass sich die großen volkswirtschaftlichen Schwankungen der Korrekturphase der Vereinigungseuphorie in den 90er Jahren lediglich in einer immobilienwirtschaftlich toten Dekade mit realem Wertverlust spiegeln. Die Stimmungsschwankungen auch der Finanzkrise oder von Corona finden sich im langen Immobilienzahlenwerk kaum. Jetzt führt die Stimmungstalfahrt der Ampel-Ära zu einer deutlichen Abflachung des Immobilienindex, der naturgemäß deutlich nachläuft. Aber dieser Einfluss könnte zu einer erneuten schwierigen Dekade führen.
Was hat sich im „Neuen Deutschland“ von Merkel und Ampel geändert?
In Dresden stürzen 100m einer vielbefahrenen S-Bahnbrücke von 1971 ein. Sowas kann immer mal
passieren – bei Erdbeben, Tsunamis oder Wirbelstürmen oder woanders. Jetzt klappt das auch in dem Deutschland, um dessen Infrastruktur uns die ganze Welt beneidete. Irgendwie ist das symptomatisch. Letztes Jahr haben wir ihnen die 6 großen Wellen aufgezeigt, mit denen die Immobilienwirtschaft bzw. insbesondere Büroimmobi-lien in der kommenden Dekade konfrontiert sein werden. Die zentralen Fragen sind:
- Was ist zyklisch?
- Was führt zu bleibenden Niveautransformationen?
- Wie verändert sich die relative Wettbewerbsposition Deutschlands?
Was ist aus der „Der Immobilienbrief“-Wellen-Theorie aus dem letzten Jahr geworden?
Bei der Verleihung des PLATOW Immobilien Awards an die Immobilien Zeitung, Drees & Sommer, ehret+klein, CTP und Goldbeck fasste ich die Entwicklungen der letzten beiden Jahre zusammen. „Es ist noch nicht vorbei und es kam schlimmer.“
Das Umfeld hatte „Der Immobilienbrief“/ „Der Platow Brief“ Ihnen bereits in den vergangenen beiden Jahren herausgearbeitet. An den 6 großen, der Immobilienwirtschaft gegenläufigen Wellen Konjunktur, finanzmathematische Bewertungs-/Renditekorrektur, ESG-Herausforderungen, Homeoffice/ New Work, Künstliche Intelligenz und Abschwächung der volkswirtschaftlichen relativen Wettbewerbsfähigkeit hat sich seither nichts geändert. Eher das Gegenteil trat ein.
1. Die Konjunktur als einzige zyklische Komponente entwickelt sich noch schwächer als letztes Jahr erwartet. Unsere Peergroup an Volkswirtschaften lässt Deutschland hinter sich. Das wirkt sich mit Zeitverzögerung noch weiter auf die Immobiliennachfrage aus. à Es wurde schlimmer!
2. Die Finanzmathematik ist jetzt in den Bewertungen des Marktes angekommen und führt allein je nach Assetklasse und kommender, nachhaltiger Zinsentwicklung zwischen 20% und 40% Korrekturnotwendigkeit als bleibender Effekt. Auf nachhaltige Änderungen des Kreditumfeldes müssen Banken reagieren. Der Kapitalmarkt überprüft Covenants. Regulierung blickt auf Banken, Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften. à Es kam, wie seit 2 Jahren erwartet!
3. Die ESG-Herausforderungen im institutionellen Bestand bleiben unverändert, wobei außerhalb der absoluten Top-Kategorie steigende Kosten, Facharbeitermangel insbesondere auch durch Ukraine-Wiederaufbau in den kommenden Jahren und konjunkturell und strukturell unter Druck geratende Mieten die Rechenbarkeit teurer Generalsanierungen ins Nirwana senden. Die deutsche Politik unterliegt dem generellen Denkfehler einsamer Weltrettung, statt eine Verbesserung der relativen Wettbewerbsfähigkeit auch unter ESG-Gesichtspunkten in einem weltweiten Weltrettungsgleichschritt anzustreben. à Es wurde schlimmer!
4. Homeoffice/ New Work nähert sich asymptotisch einem Gleichgewicht an. Deutsche Metropolen sind im Gegensatz zu asiatischen oder amerikanischen Metropolen vergleichsweise gut zu erreichen. Auf jeden Fall kommt die ursprüngliche „Der Immobilienbrief“-Schätzung aus 2020, als Corona-Panik von 50% sprach, dass am Ende 10% der bestehenden Büroflächen nicht mehr gebraucht würden, der Realität nach wie vor recht nahe. à Es kam, wie seit über 4 Jahren von uns erwartet, aber besser als oft befürchtet!
5. Zum Einfluss von KI / AI bzw. Künstliche Intelligenz auf Büroflächen hatten wir uns letztes Jahr noch zurückhaltend geäußert. Die Zurückhaltung können wir heute ablegen. à Es wird viel schlimmer als wir uns vorstellen können!
6. Die Entwicklung der relativen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands schwächt sich weiter ab. Bedenken Sie noch einmal. Die Analyse hat nicht den noch guten Ist-Zustand zu beurteilen, sondern ausschließlich die relative Zukunftsentwicklung zu unserer Wettbewerbsgruppe. Die Stimmung der Wirtschaft stürzt in Krisenmodus. Die großen Ds werfen Schatten. Demographie, Dekarbonisierung mit Demobilisierung und Deindustrialisierung, Deglobalisierung mit Demontage geopolitischen Regelwerks, Digitalisierung mit KI, deren Monopolrendite eher nicht an Deutschland geht, Defizite der Staaten, für die wir haften, Rückkehr der Defense-/ Verteidigungsausgaben, Demontage der Infrastruktur auf Schiene, Straße und Brücken sowie Demontage der Bildung und des Leistungswillens lassen Deutschland im relativen Vergleich der Nationen und Blöcke immer weiter zurückfallen. Analysieren Sie doch einfach einmal selbst. Wo sind wir noch die Besten und auf dem besten Weg? Wettbewerbsverlust hat harte Folgewirkungen auf die Immobilienwirtschaft.
7. Und es kommt laufend schlimmer. Was hat Deutschland groß gemacht? Fleiß, Leistungsbereitschaft, Annahme einer Wettbewerbsgesellschaft, soziale Marktwirtschaft, sozialer Friede, Rechtssicherheit, Aufbau eines breiten Mittelstandes und Mittelbauches der Gesellschaft und natürlich der beste Mietmarkt der Welt. Inzwischen ist der Mietmarkt in der Differenz zwischen Bestandsmieten und Neuvermietungen fast zum Erliegen gekommen. Wenn für die reine Ersatzwohnung in Metropolen schon 50 bis 100% mehr aufgerufen werden und dann noch eine größere Wohnung angestrebt wird, ist das nicht mehr vom Einkommen zu finanzieren.
8. Was ist aus den Erfolgsfaktoren geworden? Wir wollen nicht ins Jugend-Bashing einfallen. Die junge Generation ist sicherlich fleißig und gut ausgebildet. Jedoch ist der absolute Leistungswille und die Priorisierung des beruflichen und monetären Erfolges einer neuen Betrachtungsweise einer ausgeglichenen Work-/Life-Balance gewichen. Das wollen wir nicht werten. Aber im Wettbewerb mit asiatischen Unternehmen ist das sicherlich kein relativer Wettbewerbsvorteil. Hinzu kommt, der politische Ruck an die Ränder erschreckt Investoren. Regulatorik bordet immer weiter über. In der Umsetzung des europäischen ESG-Regelwerks werden die deutschen Tugenden zu einem Baumstamm, den wir quer vor uns hertragen, um damit das dichte Dickicht der Zukunft zu durchdringen.
Werden KI/ AI in Verbindung mit VR zum Totengräber des Büros? Der einfach weitergedachte Einfluss von KI, virtueller Realität und technologischer führt zu dramatischen Büro-Szenarien und Korrekturen bei heutigen Ansprüchen an Homeoffice beim Wohnungsbedarf. Es geht „Der Immobilienbrief“ hier und heute wie Mitte der 90er Jahre, als wir nach kurzem Nachdenken über die Effekte des am 30.4.1993 freigelassenen „www“ philosophierten. Mit der Apple Vision Pro oder den neuen Meta-Prototypen sind die Gamechanger der praktischen KI-Anwendungen auf Mitarbeiterebene schon am Start. Theoretisch reichen für ein Einzelbüro der Zukunft 2 qm mit VR und Geräuschunterdrückung. Virtuelle Besprechungstische mit Körpersprache von Avataren erreichen eine andere Dimension als heutige Besprechungen mit Video-Briefmarken-Konterfeis. Die Notwendigkeit vieler Tätigkeiten wird sich wahrscheinlich im 80/20-Prinzip regeln. 80% werden nicht mehr gebraucht bzw. durch KI ersetzt. Für die verbleibenden 20% werden die Besten gebraucht. Und für viele Tätigkeiten wird die KI der neue Partner am Schreibtisch werden. Für einfachen Berichtsjournalismus braucht niemand mehr Menschen. Kontrolle, Einordnung und Meinung braucht aber noch lange die besten Journalisten. Der positive Aspekt ist der Ausgleich unseres demographischen Nachteils und die Möglichkeit einer längeren Lebensarbeitszeit. Der Nachteil aus volkswirtschaftlicher Sicht, das machte Dr. Alexander Hellmuth, Partner Strategy and Transactions bei Ernst & Young Real Estate auf der Sommer-Tagung des Journalistenverbandes immpresseclub deutlich, ist, dass sich die amerikanischen Konzerne die allen Anwendungen zukünftig zugrundeliegende KI teuer wird bezahlen lassen. Die Monopolrendite landet definitiv nicht in Deutschland – nur die Anwendungsrendite.