Expansive Nahversorger beflügeln Interesse an Fachmärkten

Einzelhandelstransaktionen werden von Objekten mit Nahversorgungsfunktion dominiert

Von Sandra Ludwig, Head of Retail Investment JLL Germany

Die Nahversorger sind die treibende Kraft bei der Transformation des Einzelhandels. Während viele Branchen ihre Konzepte überdenken, Flächen optimieren und Multi-Channel-Konzepte aufbauen, halten die stationären Händler des täglichen Bedarfs selbstbewusst Expansionskurs. Die beiden Segmente Gastronomie/Food und Gesundheit/Beauty, zu denen Lebensmittel- oder Drogerieketten gehören, machten im vergangenen Jahr zusammengenommen rund 40 Prozent des Flächenumsatzes aus. Hinzu kommt eine optimistische Perspektive: Umfragen haben ergeben, dass 86 Prozent der Lebensmittelhändler größere Verkaufsflächen anstreben.

Drogerien und Lebensmittelmärkte setzen auf Präsenz in den Innenstädten und Fachmarktzentren an der Peripherie, eröffnen weitere Filialen oder vergrößern bestehende. Die Idee dahinter: Wenn der nächste Laden immer in Sichtweite ist, wird die Onlinebestellung unattraktiv und gleichzeitig beflügelt stationäre Präsenz die Onlineumsätze am Standort durch die erhöhte Markenwahrnehmung. Aktuell macht der Onlineumsatz in diesen Segmenten in Deutschland nur wenig mehr als zwei Prozent aus und wächst dabei deutlich langsamer als in Nachbarländern wie Großbritannien und Frankreich.

Dieses Selbstbewusstsein fördert auch das Interesse der Investoren: Fachmarktzentren mit Lebensmittelanker sind der Liebling im Einzelhandelsimmobilienmarkt. Europaweit sind die Renditen in diesem Segment weitestgehend stabil, in Deutschland sorgt die konstante Nachfrage sogar dafür, dass der Druck auf die Renditen noch weiter steigt. In den vergangenen zehn Jahren ist die Rendite von über sieben Prozent auf aktuell 4,2 Prozent für Fachmarktzentren gesunken, was belegt, wie stark diese Assetklasse mittlerweile von Investoren nachgefragt ist und geschätzt wird.

Nahversorgung beflügelt insbesondere die Fachmarktprodukte, worunter Fachmärkte, Fachmarktzentren und Supermärkte zusammengezählt werden. Diese Gruppe hat ihren Anteil am Gesamttransaktionsvolumen in Deutschland schrittweise gesteigert und steuert im abgelaufenen Jahr 42 Prozent zum Gesamttransaktionsvolumen in Deutschland bei. Das ist aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Wir gehen davon aus, dass dieser Wert perspektivisch, voraussichtlich schon im laufenden Jahr, auf mehr als 50 Prozent des Transaktionsvolumens wachsen wird.

Ein Grund ist, dass Fachmarktprodukte mit starkem Nahversorgungskern so attraktiv für Investoren sind, dass sie mittlerweile mit Vorliebe im Paket gehandelt werden. Portfolien machen aktuell rund zwei Drittel aller Transaktionen aus. Früher war der Markt deutlich zersplitterter, kleinteiliger und damit auch unattraktiver für Anleger. Diese Phase ist endgültig vorbei.

Entsprechend sind Nahversorger der sichere Hafen in einer sich rasant wandelnden Assetklasse. Ihnen kommt eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht in Zukunft kurze Wege, Warenangebot, aber auch Genuss und Erlebnis miteinander zu kombinieren und so eine attraktive Alternative zum Onlinehandel zu bewahren.