HIH bringt Immobilienfonds mit staatlichem Mieter in Brüssel

Top-Lage muss Öko-Konkurrenz ausstechen

 Ein zahlungskräftiger Mieter macht bei Kapitalanlegern oft eine gute Immobilieninvestition aus. Staatliche Nutzer sind daher derzeit das beliebteste Verkaufsargument für  Banken und freie Vermittler. Wohl zu Recht erwarten die Zeichner geschlossener Fonds hier, dass ihre Ausschüttungen fließen wie bestellt. Standort und Lage fallen bei der Prüfung eines Angebotes oft unter den Tisch. Dabei entscheiden gerade diese Faktoren über den langfristigen Erfolg einer Investition. Daran gibt es beim aktuellen Angebot des Fondsinitiators Hamburgische Immobilien Handlung HIH nichts auszusetzen. Die Lage im Herzen der belgischen Hauptstadt Brüssel ist erstklassig. Trotzdem dürfte eine Anschlussvermietung nicht völlig ohne Probleme gelingen.

Objekt: „Rue Royale 138“ lautet die Adresse der Fondsimmobilie und verrät die bevorzugte Lage. Sie befindet sich im Stadtteil Pentagon wenige Gehminuten vom Grand Place in der Altstadt, dem Zentralbahnhof, dem belgischen Parlament und dem Königspalast entfernt. Das Gebäude mit 9.000 Quadratmetern Nutzfläche und 35 Tiefgaragen-Parkplätzen aus dem Jahr 1968 wurde zuletzt 2003 für rund 4,6 Millionen Euro modernisiert. Das betrifft vor allem die Haustechnik. In fünf Jahren sind weitere Renovierungen fällig. Für Wände, Decken und das Parkett hat der Fonds 500.000 Euro zurückgestellt. Trotzdem bleibt die Immobilie ein Altbau, was sich insbesondere bei den Betriebskosten zeigt. Von einem Energie sparenden Green Building kann bei dem Fondsobjekt keine Rede sein.

Markt: Brüssel ist erwacht. Jahrelang ließen internationale Investoren die europäische Hauptstadt links liegen. Zu langweilig, zu wenig volatil. Inzwischen hat genau diese Stabilität viele Freunde gefunden. IVG und Signa haben hier bereits einen geschlossenen Fonds platziert, andere Anbieter schauen sich interessiert in Brüssel um. Sie treffen auf einen Markt mit sehr stabilen Mieten, relativ geringen Leerständen im Zentrum und Mietrenditen um sechs Prozent. HIH hat rund 32,4 Millionen Euro für die Immobilie gezahlt und damit einen Einkaufsfaktor von 16,78 Jahresmieten. Typisch für den Brüsseler Markt: Um sich die hohe Grunderwerbsteuer von 12,5 Prozent zu ersparen, erwerben Investoren nicht das Gebäude inklusive Grund und Boden, sondern ein Erbpachtrecht. In diesem Fall läuft es 99 Jahre lang.

Politik: „L’union fait la force“ – Einigkeit macht stark. So lautet der Wahlspruch der Belgier, doch von Einigkeit kann keine Rede sein. Flamen und Wallonen sind derart zerstritten, dass selbst eine Teilung des kleinen Landes nach dem Wahlerfolg der flämischen Nationalisten bei den vorgezogenen Neuwahlen Mitte Juni 2010 nicht mehr ausgeschlossen erscheint. Den Kapitalmarkt lässt das aber weitgehend kalt. Zwar weisen laut einer Studie der DZ-Bank belgische Staatsanleihen bei fünf Jahren verglichen mit Bundesanleihen einen Aufschlag von 90 Basispunkten aus, werden mit „AA“ aber immer noch gut eingestuft.

Mieter: Ein Nutzer nach dem Geschmack der Anleger: Der belgische Staat sorgt bis März 2021 für die Einnahmen. Die sollten sicher sein. Mieter ist das staatliche Liegenschaftsamt Belgiens, die Régie des Batiments. Tatsächlich genutzt wird das Gebäude von den Abteilungen des Ministeriums für Budget und Verwaltungsaufsicht, der Interföderalen Stelle für die Finanzprüfung und dem Zentrum für Chancengleichheit und die Bekämpfung des Rassismus. Aktuell zahlt der Mieter 211 Euro pro Quadratmeter Büro Jahresmiete. Das entspricht dem Niveau der Umgebung.

Kalkulation: Anleger beteiligen sich mit insgesamt knapp 17 Millionen Euro an der rund 37 Millionen Euro schweren Gesamtinvestition. Das Darlehen hat eine Laufzeit bis Mai 2020 mit Zinsen zu 3,87 Prozent. Die Tilgung ist mit anfänglich 0,5 Prozent eher mager. Anleger bekommen Ausschüttungen von 5,5 Prozent, die gemäß Prognose auf 5,75 Prozent steigen. Läuft alles wie geplant, machen sie bis zum geplanten Verkauf nach zehn Jahren ein Plus von 56 Prozent. Dabei rechnet HIH erneut mit einem Faktor von 16,78 auf Grundlage der Miete, die bis dahin um rund 20 Prozent gestiegen ist. Hinter dieser Annahme steckt ein Fragezeichen. Ohne Zweifel ist die Lage gut. Trotzdem macht sich der Fonds abhängig vom Mieter. Der dürfte sich seiner guten Karten beim Poker um einen Anschlussmietvertrag bewusst sein. Andere Nutzer dürften ebenfalls bei der Miete hart verhandeln oder ein neueres Gebäude nach Green-Building-Bauart mit geringen Betriebskosten wählen. Immerhin berücksichtigt der Initiator eine Reserve in Höhe von 15 Monatsmieten für Modernisierungen oder eine eventuell mietfreie Zeit.

Weiche Kosten: Gebühren, Vergütungen und Provisionen summieren sich auf 11,6 Prozent der Gesamtinvestition oder 21,3 Prozent des Eigenkapitals inklusive Agio. Das ist am oberen Limit vergleichbarer Angebote.

Anbieter: Die Hamburgische Immobilien Handlung ist ein Unternehmen im Verbund der M.M. Warburg Gruppe. An den bislang aufgelegten 28 Publikumfonds mit einem Gesamtvolumen von 1,2 Milliarden Euro haben sich mehr als 8.100 Anleger beteiligt. Die Leistungsbilanz der Immobilienfonds ist weitgehend in Ordnung.

Steuern: Die Ausschüttungen fließen steuerfrei, weil die Erträge mit den Abschreibungen verrechnet werden. Außerdem erlaubt das belgische Steuerrecht seit 2007, fiktive Betriebsausgaben abzuziehen. Dieses Verfahren nennt sich Notional Interest Deduction (NID). Dabei wird der Prozentsatz jedes Jahr neu festgesetzt und orientiert sich an der Verzinsung belgischer Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit. In Deutschland fallen keine Steuern an.

Meiner Meinung nach… Guter Mieter, guter Standort, gute Lage, Gebäude mit Schwächen. Die Ausschüttungen dürften fließen wie kalkuliert. Läuft der Mietvertrag mit dem belgischen Staat aus, wird es spannend. Die Frage ist, ob die Lage im Herzen der Stadt die Nachteile gegenüber Green Buildings mit besserer Energie-Bilanz ausgleichen kann. Der Fonds rechnet damit, dass der Staat den Mietvertrag verlängert. Doch auch das wird nicht ohne Verhandlungen geschehen.