Erstmals positiver Vorzeichenwechsel in der Wertänderung
Der brandaktuelle Büroperformance-Indikators JLL Victor Prime Office hat sich bei Ende September 2024 bei 165,9 Punkten stabilisiert. Ein Plus von 0,4% signalisiert den Vorzeichenwechsel. Zum Jahreswechsel 2021/2022 hatte er bei knapp 235 gelegen.
Die positive Botschaft in der „Der Immobilienbrief“-Interpretation lautet: Der Boden im Top-Segment ist erreicht. Der Saldo aus Multiplikator-Verlust von wahrscheinlich fast 40% und positiver Mietentwicklung im engen Spitzensegment – nur das wird im Victor berücksichtigt – hat sich gegenüber Spitzenbewertungen vom Jahreswechsel 2021/2022 bei einem Minus von -30% stabilisiert. Damit hat der Markt wieder Bewertungs- und Transaktionssicherheit mit den entsprechenden, die Akteure schützenden Gutachten im Core-Bereich. Das sollte die Transaktionen beleben.
Die negative Botschaft in der „Der Immobilienbrief“-Interpretation lautet: Jetzt gibt es kein Bewerter- und WP-Warten auf „sich findende Märkte“ mehr. Die Bewertungen müssen in den Bilanzen jetzt den Markt spiegeln. ESG-/CO2-Neutralitäts-Risiken müssen berücksichtigt werden. Transaktionen liefern Vergleichsdeals. Die Banken müssen auf auslaufende Stillhalteabkommen reagieren. Aufsichtsbehörden und auch Staatsanwaltschaften – der Autor weiß das leider aus eigenen Bewertungserfahrungen bei dem Telekom-Börsengang – haben jetzt eine Handhabe, sich Geldströme, Gutachten, Kapitalmarkteffekte in Bezug auf pünktliche Anlegerinformation und Wirtschaftsprüfer-Absegnungen genau anzuschauen.
Zurück zu den aktuellen Zahlen des JLL Victor Prime Office: Erstmals seit neun negativen Quartalen zeigt der Indikator positive Vorzeichen. An allen Standorten haben sich die Spitzenrenditen (Kehrwert der Multiplikatoren) stabilisiert. Die Immobilien-Herrschaftswissenssprache spricht bei fallenden Preisen von steigenden Renditen und führt damit automatisch immobilienfremde Normalleser in die Irre. Die Umrechnung in die alte Multiplikatoren-Betrachtung als Kehrwert der Rendite zeigt Fremden die richtige Richtung. Der Indikatorstand für die beobachteten Toplagen der deutschen Immobilienhochburgen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München notiert Ende September 2024 bei 165,9 Punkten und +0,4% höher als zum Ende des zweiten Quartals. Er lag aber zum Jahreswechsel 2021/2022 bei ca. 235, wie sich aus dem Chart ablesen lässt.
Insgesamt betrug der Wertverlust in München vom Indikatorhöchststand im ersten Quartal 2022 bis zum Tiefststand lt. Ralf Kemper, Head of Valuation JLL, im vierten Quartal 2023 rund 27%. Am größten war der Rückgang in Frankfurt mit knapp 33%, wo der Negativzyklus zwei Quartale länger dauerte als in München. Im Durchschnitt der fünf betrachteten Städte betrug der Indikatorrückgang 29,4% und liegt nun auf dem Niveau zwischen dem vierten Quartal 2016 und dem ersten Quartal 2017. Der Total Return falle mit 0,9% (s.u.) endlich wieder positiv aus. Mit Spannung würden Transaktionen im vierten Quartal erwartet, die zusätzliche Datenpunkte für die Prime Yields liefern. Es sei aber zu beachten, dass sich die positiven Tendenzen ausschließlich auf das Topsegment beschränken.
An allen fünf Standorten ist die Performance positiv, die Spanne reicht dabei von 0,2% in Hamburg bis 0,8% in Berlin. „München zeigt bereits seit dem ersten Quartal 2024 leichte Indikatoranstiege auf. Im zweiten Quartal folgten Düsseldorf und Hamburg. Nun sind auch Berlin und Frankfurt aus dem Minusbereich heraus“, kommentiert Kemper die Zahlen. Ausschlaggebend seien positive Impulse aus den Mietmärkten. Die Spitzenrenditen hätten sich seitwärts bewegt. Den Multiplikatoren-Einbruch von annähernd 40% zeigten schon ältere JLL-Untersuchungen auf, die in der regelmäßigen „Der Immobilienbrief“-Berichterstattung zum JLL Victor herausgearbeitet wurden. Bewerter warteten aber auf Vergleichsdeals!
Allerdings habe es auch im dritten Quartal nur wenige Deals gegeben. Das Transaktionsvolumen im Q3 in den fünf Immobilienhochburgen mit knapp 500 Millionen Euro sei nochmals unter die beiden schon sehr schwachen Vorquartale gefallen, in denen jeweils rund 700 Mio. Euro umgesetzt wurden.
Die These, dass der Boden erreicht sei, lautet dann im Maklerdeutsch: „Die beobachteten Bieterverfahren und Verkaufsaktivitäten von Topimmobilien haben keine Indikation auf eine weitere Veränderung der Preislage für dieses Marktsegment gegeben, sodass die Spitzenrenditen stabil blieben und die Indikatorveränderung nicht beeinflussten“, so O-Ton Kemper. Die Gefahr zunehmender Notverkäufe aus Distressed-Situationen, beispielsweise bei auslaufenden Finanzierungen, habe sich mit der Leitzinssenkung etwas reduziert. Das reduziere Verkaufszwänge, hemme aber die Transaktionsaktivität.
Grund für immer noch steigende Mieten im untersuchten Spitzensegment ist laut Kemper das knappe Angebot sowie die nach wie vor hohe Nachfrage nach sehr guten Flächen in den Toplagen. Der Markt differenziert sich aus „Der Immobilienbrief“-Sicht weiter aus. Der Mietoptimismus lässt sich wohl nicht auf die abgehängten Immobilien schwächerer Qualität übertragen. Hier droht eher der „Stranded-Status“. Die Flächennachfrage konzentriere sich noch stärker auf absolute Topflächen, so auch Kemper. Gleichzeitig differenzierten sich die Vermietungsmärkte weiter aus. Ältere Bürogebäude in schwächeren Lagen stünden leer. In den betrachteten Spitzenlagen seien die Leerstände dagegen für einen ausgeglichenen Markt zu gering. In München betragen die Leerstände der modernen Topflächen lediglich knapp über 2%. In Frankfurt, Hamburg und Berlin seien zwischen 5% und 6%. Nur in Düsseldorf seien die Leerstände im Spitzensegment auf etwas über 9% gestiegen.“
Durch steigende Mieten erzielten die Berliner Spitzenlagen im Q3 nach 9 zuvor miesen Quartalen mit jetzt +0,8% die beste Performance. Die Münchner Innenstadt folgt mit +0,4%. Um jeweils 0,3% legt die Performance in den Bankenlagen von Düsseldorf und Frankfurt zu. Knapp dahinter kommt die Hamburger Innenstadt mit +0,2%. Damit verlangsame sich der Rückgang der über alle Standorte gerechneten Jahresperformance des Victor auf jetzt 3,2% (Vergleich Indikatorstand Q3 2024 zu Q3 2023). Im Q2 seien es noch -11% gewesen.
Die 12-Monats-Wertänderungsrendite in München ist mit 1,0% erstmals seit sieben Quartalen positiv. Die übrigen vier Städte verbleiben im Minus, allerdings haben sich die Rückgänge signifikant abgeschwächt. Hamburg weist mit minus 2,6% den geringsten Rückgang auf, gefolgt von Berlin mit minus 3,1% und Düsseldorf mit minus 3,5%. Auf dem letzten Platz landet Frankfurt mit minus 6,6%. Durch die Cash Flow Rendite ergibt sich bis auf Frankfurt ein positiver Total Return. Beobachtete Jahresperformance des Indikators zuzüglich des erwarteten Returns aus den Mieten als Nettoanfangsrendite des Vorjahres definiert das JLL. Die Bösartigkeit der laufenden Managementkosten und der „eigentlich“ notwendigen Sanierungsvorsorge bleibt bei dieser Betrachtung außen vor.
Insofern kann Ralf Kemper bilanzieren: „Die Stabilisierungstendenzen im Spitzensegment des Büromarkts verfestigen sich. Die Bodenbildungsphase dauert allerdings länger als von vielen Marktteilnehmern erhofft.“