JLL VICTOR SIEHT BRUTALSTEN PRIME OFFICE ABSTURZ DER NACHKRIEGSGESCHICHTE

Safe Haven ade – und es geht noch weiter

Mathematik ist für alle da – jetzt auch für Prime Office, dem Super-Core. Der professionelle Prime Office Bereich befindet sich in der brutalsten Absturzphase der Immobilienwerte der Nachkriegsgeschichte – und wohl im stärksten Wertverfall der modernen deutschen Geschichte außerhalb Kriegszeiten überhaupt. Und es geht noch weiter. Dabei sind die brandaktuell wirklich schlechten Nachrichten für den Transaktionsmarkt noch gar nicht eingepreist. Trotzdem lesen Sie in Medien der letzten Tage und auch in der Originalerfassung lediglich die weichgewaschenen Meldungen „Die Korrekturphase dauert an“ oder „Kapitalwerte deutscher Top-Büroimmobilien sinken schneller“, aus denen der schnelle Leser die Dramatik absolut nicht erkennen kann. Es ist offen, ob die Irreführung aktiv durchgeführt wird, oder ob Medien und Researcher die Einordnung in die Geschichte gar nicht mehr vornehmen können. Aktuell ist der JLL VICTOR auf das Jahr 2017 abgestürzt. Aber da lagen die Hypothekenzinsen bzw. Anlagealternativen auch schon unter 2%.

Auf jeden Fall gilt: Dieser Absturz kann an keinem großen Portfolio insbesondere hochwertiger Immobilien vorbeigehen. Dies gilt besonders, wenn die Bestands-Bewertungen laufend an den Markt angepasst wurden oder das Portfolio bzw. die Immobilienquote wie bei einigen Versicherungen und Kapitalsammelstellen in den letzten 5 Jahren expansiv gemanagt wurde. Das Hochschnellen der Immobilienquote durch Absturz der Kurse der meist 80 bis 90% Festverzinslichen in den Gesamtkapitalanlagen sorgt für weiteren Investitionsstopp oder sogar zu Verkaufszwängen wie zuletzt der Absturz der Aktienkurse nach der Finanzkrise. Die Bedeutung der Renten ist nur viel größer.

Gleichzeitig kommen jetzt zu den vermeintlich „guten Nachrichten“ zunehmender Verknappung durch Baueinstellung bei Wohnen und auch Gewerbe (vgl. u.a. Editorial „Der Immobilienbrief“ 562 / „Der Platow Brief“ 3.10.2023) auch die echten schlechten Nachrichten. Was wir in Deutschland noch eher en passant abarbeiten, ist die Bürosituation in USA, die gerade diese Woche durch die brandaktuelle WeWork Pleite virulent wurde. Mit Blick auf den Büromarkt lassen die Anleger WeWork fallen. Die geträumten 47 Mrd. USD Unternehmenswert wurden um „Faktor 1000“ auf aktuell eher 47 Mio. USD marginalisiert. Das versetzt amerikanische Büro-Investoren in Unruhe. Deutschland betrifft das doppelt. Amerikanische Investoren erwarten in Deutschland die gleiche Entwicklung. Gleichzeitig will WeWork Deutschland, die auf ein längeres Leben hoffen, sich ganz offiziell „aggressiv um unsere alten Mietverträge kümmern und unsere Bilanz drastisch verbessern“. Das wird den Mietmarkt treffen. Gleichzeitig bringt die brutale Signa-Entwicklung die Risiko-Abteilungen deutscher Banken in höchste Alarmbereitschaft. Das setzt dann die Spirale weiter in Bewegung.

Die Risiken sind auch dann virulent, wenn die Bewertungen z.B. seriöser Offener Immobilienfonds oder Kapitalsammelstellen eher schleppend dem Markt hinterher gezogen wurden. „Der Immobilienbrief“ hatte Ihnen das bereits vor über einem Jahr vorgerechnet. Da war zwar die EZB noch mitten in der Erhöhungsspirale, aber die Hypothekenzinsen waren bereits stark gestiegen. Unsere Berechnungen zeigten, dass die Bewertungen der professionellen „Mathematik-Immobilien“, deren Bewertungsmaßstab die „Renditen“ der Maklerhäuser sind, allein aus finanzmathematischen Gründen um mindestens 20 bis 30% fallen müssten. Seither haben die Zinsen weiter zugelegt. Neben Finanzmathematik müssten dann noch die konjunkturell zyklischen Aspekte, energetische Sanierungsaspekte, Homeoffice-Nachfrageeffekte, langfristige KI-Nachfrageeffekte und natürlich die perspektivische Veränderung deutscher Wettbewerbsfähigkeit und der Einfluss auf die Safe Haven-Einordnung kalkuliert werden. Aber auch heute noch gibt JLL das Zahlenwerk ohne historische Einordnung der eigenen Zeitreihen heraus. Allerdings ist der klassische Makleroptimismus einer schnellen Erholung und fallender Zinsen verschwunden.

Jetzt sprechen die Zahlen eine klare Sprache. Die Preisfindung folgt der Mathematik – und damit den „Der Immobilienbrief“/PLATOW Prognosen. Bei den nicht berechenbaren Faktoren ist die Einschätzung noch nicht zum Abschluss gekommen. Dafür spricht der beispiellose Absturz des JLL VICTOR Prime Office (siehe Chart-Montage oben), der eben die immer neue, immer voll vermietete, immer erstklassig gelegene „Mathematik-Immobilie“ perfekt abbildet. Der Autor hatte den Index regelmäßig kritisiert, da es eben diese theoretische Immobilie in Realität in Portfolien nur in der theoretischen Sekunde des Einkaufs geben kann. Die bis Q1 2022 länger als eine Dekade gehenden zweistelligen jährlichen des Total Returns aus Rendite und Marktmiete spiegeln eben nicht die Realität großer Portfolien. Seit 15 Jahren werden zu positive Erwartungen geweckt. Dennoch wurde JLL in den letzten Jahren nicht müde zu betonen, dass laufend Deals zu den theoretischen VICTOR Werten stattfinden würden.

In einem in den 20 Erfassungsjahren des Victor einmaligen Absturz sinkt zum 6. Mal in Folge der quartalsweise von JLL erhobene Victor Prime Office Indikator um insgesamt rund 27% von rund 235 auf ca. 171,3 wie sich aus der JLL Grafik überschlagweise ermitteln lässt. Auf die Langfrist-Grafik, der bis vor 2 Jahren wenigstens noch in Briefmarkengröße beigelegt wurde, verzichtet JLL. „Der Immobilienbrief“ hat deshalb einen Original-JLL Archiv-Chart mit dem aktuellen Original-JLL Chart, der lediglich zeitlich zusammengezogen wurde, montiert. Die so deutlich werdende Rasanz und Höhe des Absturzes sind ohne Vorbild. Die „tote Dekade“ ab 1994 war schwächer und verlief in Zeitlupe. Bis Anfang der 80er Jahre kannten deutsche Immobilien mit leichten Schwankungen nur den Trend nach oben. Ab Mitte der 80er Jahre änderte sich in Sättigungsphase der Markt, blieb aber mit ausgeprägteren Konsolidierungsphasen positiv.

Die „Der Immobilienbrief“ / PLATOW Chart-Montage aus Originalen zeigt jetzt die historische Dramatik. Und es geht weiter. Im Q3 2023 betrug der Rückgang -7,8% und fiel damit noch stärker aus als im Vorquartal mit -4,8%. Der Indikatorstand für die beobachteten Toplagen der fünf deutschen Immobilienhochburgen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München liegt Ende September 2023 von rund 235 kommend bei 171,3 Punkten. Dabei ist der Performancerückgang immer noch vor allem den in allen betrachteten Standorten gestiegenen Spitzenrenditen geschuldet. Jetzt geselle sich eine Abkühlung der bisher robusten Mietmärkte hinzu, so JLL-Bewertungschef Ralf Kemper. Bislang seien die stärkeren Renditeanstiege noch durch Gegenimpulse aus der Mietpreisentwicklung abgeschwächt worden. „Der Immobilienbrief“ hatte Ihnen aber seit einigen Jahren auch den Rückgang der Mietdynamik vorgerechnet, wobei wir noch in Anbetracht der Gesamtgemengelage davon ausgehen, dass die Mietdynamik auch negativ werden kann. JLL bestätigt dabei auch die immer größere Spreizung zwischen knapper Spitzenqualität im kleinteiligen Segment mit Flächenkonsolidierung und dem Bestandsmarkt auch in Toplagen. Auch manche Neubauten liegen neben dem Markt.

 

JLL-Wertänderungsrendite aller Standorte befindet sich im Absturz. Die Jahresperformance zeige zum fünften Mal in Folge eine negative Wertänderung. Im Q3 habe der Wertverlust im Jahresvergleich -24% betragen. Düsseldorfer hielt sich mit -19% noch gut. Hamburg lag mit -23,5% im Durchschnitt. Berlin und Frankfurt sind mit minus 25% gleichauf. München trägt mit minus 25,9% die rote Laterne. Im Q3 habe der durchschnittliche Wertverlust im Jahresvergleich -24% betragen. Die Rahmenbedingungen seien im Vergleich zum Vorquartal schwieriger geworden.

Inzwischen macht auch JLL wenig Hoffnung. Kemper resümiert, Immobilien in Deutschland profitierten jahrelang vom Status des „Safe Haven“. Heute gebe es wieder Zinsen bei risikoarmen Anlagealternativen und positivere wirtschaftliche Rahmenbedingungen in anderen Ländern. Die zunehmende Abkühlung der Vermietungsmärkte wirke sich auf die Erwartung von Investoren an die Mietentwicklung aus. Die typischen „Core Buyer“ träten aktuell nicht als Käufer in Erscheinung. Ankaufsrenditen wie in den vergangenen Jahren kämen für lange Zeit nicht zurück. Der Victor Indikator sei heute wieder auf dem Niveau von Q2 2017. Anders als 2016/17 folgten die Indikatorstände aber diesmal keinem Aufwärtstrend, resümiert Kemper. Damit steht der „Safe Haven“-Status in Deutschland wohl in Zweifel, lässt sich aus der JLL-Analyse folgern. Aus „Der Immobilienbrief“-Sicht ist zudem zu bedenken, dass die Cash flow Rendite von JLL immer noch mit 2,8% für die letzten 12 Monate ausgewiesen wird. Trotz zwischenzeitlicher Anpassung ist das noch ein weiter Weg zur 4%-Landmarkimmobilie oder 5%-Topimmobilie.