Sehr geehrte Damen und Herren,
die Welt ist vorhersehbar. Ich zeige es Ihnen unten. Wie versprochen fällt „Der Immobilienbrief“ diese Woche aus. Andererseits sind wir der Meinung, dass ein Monat Zwischenraum zwischen Erscheinungen in unser heutigen Zeit nur noch einen Einblick in die Geschichte der Immobilienwirtschaft geben wird. Wir stellen Ihnen deshalb heute formlos ein kleines Potpourri von Rohmert’s Interpretationen und Gedanken aus dem Urlaub zur Verfügung. Die Fakten haben Sie ja meist schon ungefiltert zum Lesen bekommen. Aber auf die Interpretation kommt es an. Die Meinung bringt das Salz in die Suppe.
Außerdem gibt der Urlaub manchmal etwas Zeit nachzudenken. „Der Platow Brief“ kennt ja auch keinen Pause – und ich entsprechend auch nicht.
Für den nächsten „Der Immobilienbrief“ in zwei Wochen denken wir gerade darüber nach, was in den letzten 15 Monaten alles passiert ist, dass die Immobilienwirtschaft so aus der Bahn geworfen hat. Natürlich ist es leicht zu sagen, dass das alles vorhersehbar war – insbesondere, wenn Sie „Der Immobilienbrief“ regelmäßig lesen. Andererseits war die Situation für die Immobilienmanager nie tragischer, also auswegloser als in den letzten 5 Jahren.
Natürlich „wussten“ die erfahrenen Profis und Manager ebenso wie ich schon 2018, dass die Entwicklung nicht so weitergehen konnte. Der Weg in die Nullzins-Immobilie war da längst geebnet. Andererseits verlangten Börse, Gesellschafter und Stakeholder von ihren Managern Expansionspläne und stark steigende Ertragsplanungen. Der Markt machte mit quartalsmäßig wiederkehrenden Rekorden alle Warnungen zu Geschwätz alternder Manager. Manager „in den besten Jahren“ kannten da nur 15 Jahre – mit kurzer Unterbrechung der Finanzkrise (s.u.) – der „ewige Wertsteigerungen“ im Safe Haven Deutschland, dem Paradies internationaler Anleger, die mangels heimischer Alternativen Richtung „40-fache“ boten. Auch zurückhaltende Bewerter mussten sich an Vergleichsdeals orientieren. Der Markt befeuerte sich selbst. Wer auf Managementebene nicht mitspielte, wurde ersetzt. Kein Geschäft zu machen, ging auch für Unternehmer nicht. Immer weiter Geschäft zu machen erhöhte Jahr für Jahr aber die Fallhöhe. Das merken wir jetzt.
Es ist NICHT die Zeit, sich oder anderen Vorwürfe zu machen. Es gilt jetzt vor allem, sich auf die Zukunft vorzubereiten und heute klare Entscheidungen zu treffen. Dafür fehlt einigen Managern wohl die Erfahrung. Vielleicht gibt es aber auch einfach gar keine Chance, heute Entscheidungen zu treffen. Dann kann es mehr Sinn machen, im „Prinzip Hoffnung“ noch drei Jahre Gehalt mitzunehmen und an einer neuen Zukunft zu arbeiten.
Wie komme ich auf das Jahr 2018? Der aktuelle JLL Victor sieht Deutschland heute wieder auf dem Niveau von 2018! Da standen die Bewertungen aus Immobiliensicht aber schon auf „Sturm“. Ich habe einmal kurz nachgeschaut, was ich 2018 zu den Erwartungen geschrieben habe. Und es ging immer noch weiter bergauf. Und bedenken Sie: Mit Stand 2018 sind wir heute immer noch nicht in der Realität angekommen.
Ich schrieb im Editorial „Der Immobilienbrief“ Nr. 424 vom 18.5.2018:
O-Ton: „… Die Zinsdifferenz bzw. Risikoprämie zu nicht vorhandenen Alternativzinsen mit Leverage-Geschenken der Geldpolitik machen heute 3%-Immobilien rechenbar. … Da hat man Qualität und Risiko besser im Griff, hätte Alterung kalkuliert und bräuchte in zyklischer Spätphase nicht noch Excel-Wertsteigerungsphantasien. Ich will nicht schon wieder meine Frage nach der langfristigen Rechenbarkeit von 3%ern bei Gewerbe und Wohnen mit Erstvermietungsphantasie unter Nachvermietungs-, Erwerbskosten- und Nebenkosten-, Alterungs- und Management-Aspekten stellen. Manche Marktbeobachter denken schon wieder über die Folgen der klassischen Hochzyklus-Investitionsmotive nach: Glaube, Going Concern oder persönliches Interesse, die aktuell noch um Alternativen-Verzweiflung ergänzt werden. …“
… Rohmert’s Zinswende-Thesen (18.5.2018):
- Wenn die Zinswende kommt, kommt auch die Immobilienwende. Ich kenne kaum jemand in- und außerhalb der Branche, der nicht gerne auf heutigem Preisniveau der Schwarm- und Core-Märkte realisieren würde, wenn er eine 3% Zins-Alternative hätte. Bei welchem Zinsniveau die Lemminge schon loslaufen, weiß ich allerdings nicht. Auch langfristig denkende Großinvestoren bekommen dann Bewertungsprobleme oder möglicherweise strukturelle Verkaufszwänge wider besseres Wissen.
- Wenn die Zinswende wirklich kommt, kommt sie schneller und stärker als wir denken. Allerdings muss man eine echte Zinswende von aktueller Sparer-Beruhigungs-Zeitgewinnungs-Politik unterscheiden.
- Der Immobilienmarkt ist im Zyklus immer weiter als die Statistik rechnet. Auch in USA gab es bis zum Moment des Platzens nach meinen Statistiken damals keine Blase, sondern nur eine steile Aufholbewegung nach langer Pause – wie heute in Deutschland, wo ich „natürlich“ auch keine Blase sehe. Die Statistiken heute zeigen, dass der Immobilienmarkt noch einmal privat und institutionell preislich richtig aufdreht (vdp-Index und JLL Victor).“ (Ende O-Ton geschrieben 18.5.2018)
Was lernen wir daraus? DER CRASH BEGINNT: JETZT!
Wenn wir den Immobilienabschwung mit einem Bungee-Sprung vergleichen, befinden wir uns noch auf der „normalen Fallhöhe“. Wir haben die vollständige Seillänge noch nicht erreicht. Es geht in den Bewertungen noch weiter bergab. Heutige „opportunistische Deals“ zeigen aber bereits den Boden. Dann aber schwingt das Seil noch einmal kräftig nach unten durch. Die zunehmende Spannung bewegt die Analysten dann, von einer Verlangsamung des Abschwungs zu fabulieren.
Das ist die Zeit für Chancen – für die, die noch welche haben. Die anderen beten, dass die Seillänge-/ Gewichtsberechnungen korrekt waren. Wer sich in der Fallhöhe verrechnete, schlägt auf. Wer sein Gewicht falsch angegeben hat, schlägt auf. Und es kommt die Zeit, wo Erfahrung zum Schleppanker wird. Während die deutschen Profis in der Durchschwungphase noch mit Banken und Kapitalmarkt Überlebensstrategien erörtern werden, werden internationale Investoren mit frischem Geld schon wieder die Chancen nutzen.
Denken Sie daran, nie haben wir uns gegenseitig so dringend gebraucht wie heute. Unser EXPO REAL Special wartet am 2.10.2023 auf Sie.
DER CRASH BEGINNT: JETZT!
Die Pleite-Serie der Entwickler startet mit Wohnen
Werner Rohmert, Hrsg. „Der Immobilienbrief“, Immobilienspezialist „Der Platow Brief“
„Jetzt geht die Party richtig los“. Der 50 Jahre alte Ohrwurm von Séverine beschreibt die Situation in der Immobilienwirtschaft, dem Bau und insbesondere bei Projektentwicklungen recht deutlich. Die Pleite-Party beginnt jetzt mit Wohnungsentwicklern. Gewerbeentwickler haben noch mehr Zeit oder sind durch Vorvermietungen oder Vorverkäufe abgesichert, wenn nicht die Verträge platzen. Mit Development Partner, Euroboden und der Project Gruppe meldeten drei renommierte Entwickler innerhalb weniger Tage Insolvenz an. Meldungen zu Anleihe-Anpassungen bestimmen seit Monaten die Szene.
Jetzt dürften massiv Projektentwicklungen und Grundstücke zu Opportunisten-Preisen an den Markt kommen, die bestehende Bewertungen zu Makulatur machen. Allein Project hat 120 Projekte für 3,2 Mrd. Euro in der Mache. In wenigen Wochen beginnt die Expo Real. Wir sind gespannt. Wir entlarvten bereits nach der letzten Expo Real Mitte Oktober 2022 die Branchen-Prognosen einer schnellen „Normalisierung“ für 2023 als Träumerei. Auf dem veränderten Zinsniveau bestand einfach keine Möglichkeit der Beibehaltung der Bewertungen der Nullzins-Ära. Das galt sowohl für Bestände als auch noch für unverkaufte Projektentwicklungen. Bei 5% Zinsen gibt es weniger Wohnungskäufer als bei 1,5%.
Beispiel: Wenn eine völlig normale 100 qm-2-Kind-Wohnung in mittelmäßig anständiger Stadtlage in einer NRW-Metropole mit 800.000 Euro incl. über 15% Erwerbsnebenkosten zu Buche schlägt, ergibt sich für Eigennutzer leicht ein Kapitaldienst vom Nettoeinkommen zwischen 45.000 und 55.000 Euro p. a. bzw. von fast 40 Euro pro qm und Monat bis über 45 Euro – jeweils zzgl. Nebenkosten. In süddeutschen Metropolen sieht es noch düsterer aus. Damit rechnen sich weder Vermietungsmodelle bei über 3% bis 4% risikoloser Alternativanlage noch Eigennutzer-Überlegungen. Ohne reiche Eltern läuft da nichts mehr.
Wir wiesen bereits letztes Jahr zur Expo Real mit Blick auf laufende Entwicklungen darauf hin, dass es auch prominente Entwickler treffen würde. Das haben wir jetzt. Aber Immobilienmühlen mahlen langsam. Wir haben da noch eine Reihe offene Posten im Kopf – bei denen, die wir kennen. Viele Newcomer mit dem höchsten Fallierungspotential haben wir aber nie kennengelernt.
Unsere Überlebensfragen an Bauträger waren letztes Jahr: Laufen bei Ihnen Anleihen aus, die nachfinanziert werden müssen? Haben Sie Mezzanine-Finanzierungen? Wie sieht es im MaBV-Bereich aus, wenn der Abverkauf der Wohnungen nicht plangemäß läuft und Zwischenfinanzierungen nötig werden. Haben Sie genug Eigenkapital, um Finanzierungen möglicherweise ablösen zu können? Können Sie Ihre Projekte notfalls vermietet im Bestand halten? Wie sind Sie gegen Kostensteigerungen abgesichert?
Es war klar, dass die Summe der schnell fliegenden Schwarzen Schwäne wie z. B. Zins, ESG, Energiekrise, Lieferkettenbruch, Inflation, Kostensteigerungen, Terminprobleme, New Work und vieles mehr in Verbindung mit politischem Realitätsverlust einer 50 Jahre alten Parteigründungsideologie und vielen schleichenden gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen wie u.a. Deglobalisierung, Dekarbonisierung, Demobilisierung, Demographie (mit Wohn-Demographie, Infrastruktur-Demographie, Büro-Demographie, Einkaufs-Demographie, Bildungs-Demographie, Sozial-Demographie), Digitalisierung Volkswirtschaft, Digitalisierung Büro-Immobilien / KI, Defense (Verteidigungssonderschulden), Defizite der Staaten, Deindustrialisierung, Demontage der Infrastruktur, Demontage des Bildungssystems, Demontage der Arbeits- und Komparativitäts-Strukturen durch KI, viele Immobilien-Geschäftsmodelle der zinslosen Jahre zerreißen würde.
Das zeigt auch den Unterschied zur 2008er Finanzkrise auf. Damals traf ein kurzer harten Schock auf funktionierende Volkswirtschaften, die auch relativ schnell ihre Arbeit wieder aufnahmen. Im Hype sinkender Zinsen zuvor, die in Deutschland übrigens nie unter heutiges Niveau fielen, hatte in Verbindung mit Non Recourse Finanzierungen ohne Haftung ein neues Zinsdifferenzdenken virtueller Immobilien das Immobiliendenken abgelöst. Man sprach nur noch von „Risikoprämie“ gegenüber risikolosen Staatspapieren, als sei eine hochkomplexe Immobilie nichts anderes als ein Wertpapier. Private Equity Youngster rechneten während der Zinssteigerungsphase noch 2007 auf ein Zehntel Prozent vor, wie lange das OPM-Zinsdifferenzgeschäft (Other People Money) mit der Immobilie funktionieren würde. „Der Immobilienbrief“ verwies auf Excel-Junkies und Excel-Akrobaten. „Durchhandeln, nicht reinschauen“ war die Immobilien-Devise. Die aus heutiger Sicht eher leichte und langsame Zinssteigerung führte dann vor 15 Jahren über Umwege der Subprime-Verbriefungen zur weltweiten Finanzkrise. Das war aber lediglich ein Finanzschock.
Heute ist es anders. Die Multikrise, die mit Corona begann, hat aus deutscher Sicht viel mehr strukturelle und langfristige Aspekte als Zyklus- und Schock-Aspekte. Ablauf und Effekt einer Zinswende hatte das Team von „Der Immobilienbrief“ schon 2018 für Sie herausgearbeitet (s. o.). Jedes Boomjahr erhöhte die Fallhöhe. Für die Immobilienwirtschaft speziell ist aber entscheidend, dass in ausnahmslos allen früheren Krisen, die immer auch die Volkswirtschaften insgesamt trafen, die Geldpolitik mit sinkenden Zinsen reagierte. Das rettete die Immobilienwirtschaft, die ihre Kostenplanungen mit Zinsen als Hauptkostenfaktor anpassen konnten. Das Zinssenkungs-Instrument hatten Politik und Notenbanken aber, wie von „Der Immobilienbrief“ oft moniert, mit Nullzins aus der Hand gegeben. Heute aber zerlegen gerade inflationsbedingt steigende Zinsen viele Geschäftsmodelle auf Dauer.
Gleichzeitig erklärt die Historie die völlig fehlende Unkenntnis von heutigen Managern und Unternehmern im Umgang und in der Früherkennung von Krisen und Sanierungsnotwendigkeiten. Operatives Huddeln hilft nicht, wenn das Geschäftsmodell zerplatzt. Wer „erst“ vor 20 Jahren ins Geschäft einstieg, weiß nicht, was auf die Branche zukommt. Annähernd vergleichbares Vorbild, wenn auch damals in Slow Motion, war die tote Dekade 1994 bis 2004. Seither ging es mit kurzem Schock immer bergauf. Echte Vergleichsperioden gibt es aber nicht – vielleicht noch am ehesten der NBL-Sonder-AfA-Boom im zu heute vergleichsweisen Labormaßstab. Nie war die Situation tragischer als heute. Wer 2018 ahnte, dass die Entwicklung endlich sein würde, konnte kein Geschäft mehr machen. Das ging nicht. Wer aus internen Zwängen oder fehlender Erfahrung an den ewigen Nullzins glaubte, konnte „jeden Preis“ bezahlen. Der wurde dann zum Vergleichspreis der Bewertungen, die für alle galten.
Sicherlich müssen wir noch mit Blick auf die Pleite der Project Gruppe auch unsere Bauträger-Fragen spezifizieren. Deren 100%-Eigenkapital-Modell war eigentlich „unkaputtbar“. Vor 2 Jahren beschrieb Vorstand Michael Weniger dem „Der Immobilienbrief“ dezidiert, wie man die Baukosten im Griff behalten würde. Project könnte für die Fondsbranche zum Fanal werden. Sogar im Eigenkapital-Modell platzen die Fonds-Planungen, wenn der Abverkauf stockt, die Kosten explodieren, die Termine fallieren und die MaBV-Zahlungen nicht kommen. Wenn beim Assetmanager dann an einem Ende die Platzierung stockt und am anderen Ende keine Verkaufsprovisionen kommen und vielleicht noch Größenoptimismus und tolerantere Managerwahl dazu kommt und dazwischen hunderte Mitarbeiter bezahlt werden müssen und vielleicht auch noch Verträge schiefgehen, wird es auch im unkaputtbaren Modell brutal.
Fremdkapital spendet dann keiner mehr. Banken, Mezzanine- und Anleihegläubiger gibt es nicht, denen man einen rettenden Haarschnitt verpassen könnte. In der Bauphase eines EK-Fonds ist die Pleite dann dramatisch. Banken, die fertig bauen, gibt es nicht. Hunderte Anleger zum Nachschuss ins Nirwana zu bewegen, wird schwer. Vermietungsoptionen rechnen oft nicht den Nachschuss, geschweige denn das Risiko. Bei Project steht sicherlich eine Analyse an.
Und bereits zuvor hatte „Der Immobilienbrief“ erfahren, dass Entwicklungsprojekte zum halben 2021er Preis am Markt sind (wir berichteten). Jetzt dürften die Banken den Druck verstärken. Und die Fondsbranche, die ihre Fonds mit 3 oder 6 Jahren Restvermietung auf der sicheren Seite sieht, hat noch keine Ahnung, was auf sie zukommt, wenn die Banken eine geänderte Zukunft realisieren. Ich habe Sorgen: Jetzt geht die Party richtig los. Lassen Sie uns lieber an die Chancen denken.
REKORDABWERTUNG IM JLL PRIME OFFICE INDIKATOR
1A-Büroindikator verliert rund 20%
Der Markt hat auf die Finanzmathematik längst reagiert. Jetzt kommen die Zahlen. Die europäische Versicherungsaufsicht Eiopa mahnt das zögerliche Abwertungsverhalten der Versicherer bei angenommenen 7% Wertberichtigungsbedarf an (ausführlich in der aktuellen Immobilien Zeitung beschrieben). Jetzt berichtet der JLL Prime Office Indikator eine Rekord-Wertänderung von fast -20% in 12 Monaten auf den Stand von 2018.
Die „Der Immobilienbrief“ Kritik am Victor Prime Office Indikator, der mit immer neuen, immer zu aktuellen Marktmieten voll vermieteten, immer modernen und immer 1A-Standort seit über einer Dekade eine zweistellige Performance aus Mietrendite und Wertänderungsrendite errechnete, ist langjährig bekannt. Das Leben ist nur in Ausnahmefällen, die es im Hype sicherlich auch gegeben hat, ideal. Über die Büro-Multiplikatoren, die in den letzten 15 Monaten um bis zu 40% in den Keller rauschten, berichteten wir aus den Halbjahresberichten. Bis zuletzt hielt die Hoffnung auf steigende Mieten im modernen A-Segment. Druck wurde lediglich für 2. Ware konstatiert. Jetzt kühlen auch die Mietmärkte ab. Das schlägt auf die Bewertung doppelt durch. Die Wertänderungsrendite errechnet sich aus Mietänderung und aus Änderung der Multiplikatoren bzw. der Ankaufsrenditen. Dazu addiert sich wiederum die Mietrendite.
Die geringere Nachfrage von -32% im 1 HJ in den Toplagen der 5 deutschen Immobilienhochburgen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München konzentriert sich lt. JLL sich auf kleinere und hochwertigere Flächen. Das schont derzeit noch den Victor, der ja das Ideal abbildet. Wenn der Leerstandsdruck der schwächeren Flächen auf die Mieten durchschlägt und am langen Ende auch den modernen Neubau erreicht, wird es noch bitterer. Die Bewertungsgefahren aus Stranded Assets sind dabei nicht berücksichtigt.
Das Team von „Der Immobilienbrief“ hatte Sie aber schon im Mai 2018 auf die Risiken vorbereitet. Damals hatte sich der Index gegenüber ca. 2012, als die Zinsen wie heute im 5%-Bereich lagen, mit über 185% schon fast verdoppelt. Die Hypothekenzinsen lagen 2018 bei ca. 2%. Und ESG gab es noch nicht. Unsere Zinswende-Thesen damals (siehe auch oben): 1. Wenn die Zinswende kommt, kommt auch die Immobilienwende. 2. Wenn die Zinswende wirklich kommt, kommt sie schneller und stärker als wir denken. 3. Der Immobilienmarkt ist im Zyklus immer weiter als die Statistik rechnet. Fazit: Wir haben mit Blick auf Zinseffekte und ESG noch einen weiten Bewertungsweg von uns.
Zurück zu den JLL-Zahlen. Allein die fehlende weitere positive Unterstützung der Mietmärkte ließ den JLL Victor Prime Office in Q2 2023 im mittlerweile 5. Quartalsrückgang in Folge um weitere 4,8% auf 185,8 abstürzen. Mit einem Negativrekord seit Beginn der Victor-Berechnung Anfang 2004 sacken die errechneten Werte um -19,4% ab. Das senkt Niveau auf den Stand von Q2 2018. Das dürfte aus Sicht von „Der Immobilienbrief“ aber nicht reichen, da 2018 schon von weit niedrigerem Zinsniveau geprägt war als heute. Die Mietrendite von 2,7% lässt immer noch die 37-fache Bewertung berechnen. Allerdings ist nicht klar, ob da die 20% Abwertung schon berücksichtigt sind. Am Rande bemerkt, in den Ankaufsrenditen sind die Erwerbsnebenkosten nicht enthalten.
Der Performancerückgang resultierte dabei wie schon in Q1 2023 überwiegend aus der Nachjustierung der Spitzenrenditen (siehe Tabelle). Generell sei das Transaktionsgeschehen nach wie vor äußerst gering und es gäbe kaum Klarheit über das aktuelle Preisgefüge, so Ralf Kemper, Bewertungs-Chef von JLL Germany. Kaufpreisfaktoren seien im aktuell volatilem Zins- und Finanzierungsumfeld nach wie vor nicht zuverlässig greifbar. In Bezug auf die Wertänderung hat es Berlin und Frankfurt mit -21,1% und Hamburg mit 19,6% besonders hart getroffen. München und Düsseldorf lagen bei gut -17%. Auf die möglichen 30% oder mehr, die „Der Immobilienbrief“ schon im Q3 letzten Jahres überschlug, fehlt nicht mehr viel.
JLL rechnet im weiteren Jahresverlauf mit weiter steigenden Renditen, der vorsichtigen Formulierung für fallende Preise, wenn die Mieten nicht mehr gegenläufig nachhelfen. Die geäußerte Erwartung, dass der Absturz jetzt langsamer wird, ist angesichts des Basiseffektes auch kein Hexenwerk. Es bleibe abzuwarten, so JLL, ob der Refinanzierungsdruck angesichts fallender Werte und zunehmender Anforderungen von Banken z.B. hinsichtlich Deckungsquoten steige und zu größerer Verkaufsbereitschaft führe oder ob Verkäufer die derzeitige Preisentwicklung nur als temporäre Delle sehen. „Der Immobilienbrief“ kann bei der Beantwortung der Frage gerne mit Erfahrung und betriebswirtschaftlichem Know-how aushelfen. Der Verkaufsdruck der Banken geht jetzt erst los. Regelmäßig resultiert daraus auch eine Überzeichnung der Preisentwicklung, deren Rückfederung dann die Fachleute wieder als Markterholung interpretieren werden. □