Steuern: Wenn Anleger selbst mit dem Fiskus streiten

Erkennt die Finanzverwaltung die von der Fondsgesellschaft in Ihrer Erklärung über den Jahresgewinn oder -überschuss deklarierten Steuerregelungen nicht an, wird das im Feststellungsbescheid klar gestellt.

Meist erfolgt dies erst im Nachhinein, etwa wenn die Betriebsprüfung zuvor zu Besuch war, und dann rückwirkend für die Vergangenheit. So kann es dazu kommen, dass

– plötzlich zugewiesene Fondsverluste gar nicht mehr oder nur zum Teil zählen,

–  der Gewinn höher ausfällt

– die Beamten ein Konzept doch als schädliches Steuerstundungsmodell einstufen

– der Fonds gewerblich anstatt wie ursprünglich angenommen vermögensverwaltend tätig sein soll

– die Fondsgesellschaft beim Erlass des aktuellen Bescheids gar nicht mehr existiert, weil sie längst aufgelöst ist.

Über diese und ähnliche Punkte wird dann über den anschließenden Einspruch heftig gestritten, aber ohne Beteiligung der Anleger. Die bekommen nur die Aufforderung, ehemalige Erstattungen zurückzuzahlen oder noch mehr Steuern zu überweisen. Um eine Klärung des Sachverhaltes sowie um einen Aufschub kann sich wiederum nur die Fondsgesellschaft bemühen, die ihrerseits Einspruch einlegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt. Der einzelne Sparer ist also von den Argumenten und der Strategie der Geschäftsführung abhängig und kann nur abwarten.

 

Geht es um die Fondsanlage, müssen Steuerzahler nämlich um die Ecke denken. Haben sie Streit mit dem Finanzamt wegen ihres Arbeitszimmers, können sie das direkt mit einem Einspruch gegen den Steuerbescheid klären lassen. Bei geschlossenen Fonds hingegen besteht dieser Kontakt zwischen der Fondsgesellschaft und dem Fiskus – bei der Steuererklärung und auch dem anschließenden Rechtsstreit. Die Einkünfte der einzelnen Anleger werden auf Fondsebene einheitlich und gesondert festgestellt und dann den Sparern entsprechend ihrer Beteiligungsquote zugewiesen. In diesem Verfahren wird gemeinsam für alle Anleger entschieden, wie hoch die Einkünfte ausfallen, und ob Verluste überhaupt anzuerkennen sind.

 

Dieser positive oder negative Betrag wandert dann automatisch und ohne Prüfung in die persönlichen Einkommensteuererklärungen der Anleger. Einwände hiergegen sind nur über den Fonds möglich, der eigene Einspruch bringt hier gar nichts. Beim Wohnsitzfinanzamt wegen Unzuständigkeit sowieso nicht und bei der für den Fonds zuständigen Behörde auch nicht. Denn einen Rechtsbehelf darf laut Gesetz nur der zur Vertretung berufene Geschäftsführer des Fonds einlegen. Eine Ausnahme gilt hier, wenn der Anleger schon ausgeschieden ist. Denn dann erhält er als Ex-Gesellschafter den Feststellungsbescheid ebenfalls und kann sich direkt dagegen wehren.

 

Sofern es sich um pfiffige und sachkundige Initiatoren handelt, hat die formale Zuständigkeit eher Vorteile. Denn die Finanzbeamten oder anschließend die Kollegen von der Betriebsprüfung vor Ort verwenden neuere Urteile und Erlasse sowie wenig bekannte Gesetzespassagen gegen die Fondsgesellschaft. Um sich erfolgreich gegen diese Spitzfindigkeiten wehren zu können, müsste jeder einzelne Anleger einen Steuerberater einschalten, was zusätzlich kostet. Da ist es effektiver, wenn dies gleich in einem Rutsch von den Experten der Fonds erledigt wird – aus Gründen der Effektivität und Kostenersparnis. Dies ist auch der Hauptgrund dafür, warum die Abgabenordnung dieses einheitliche und gesonderte Feststellungsverfahren für gewerbliche und vermögensverwaltende Personengesellschaften vorsieht. Hierbei wird übrigens die Metzgerei-KG um die Ecke nicht anders behandelt als der global agierende Leasingfonds.

 

Urteil klärt Vorgehensweise liquidierter Fonds

 

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundregeln hat der Bundesfinanzhof (BFH) aktuell in einem Ende Juli veröffentlichten Urteil (Az. IV R 20/10) über den Wegfall der Klagebefugnis einer Personengesellschaft (wie die Rechtsform eines geschlossenen Fonds) nach Vollbeendigung entschieden. Ihre Befugnis, für ihre Beteiligten Rechtsbehelfe gegen Gewinnfeststellungsbescheide einzulegen, erlischt mit deren Vollbeendigung. Die Klagebefugnis lebt insoweit für die einzelnen Fondsanleger wieder auf. Widerspruch gegen Bescheide vom Finanzamt ist bereits im Zeitpunkt der Zustellung der Post an eine vollbeendete Personengesellschaft unzulässig.

Im zugrunde liegenden Fall ging es um eine KG – die übliche Form von geschlossenen Fonds. Sie ist grundsätzlich als Personengesellschaft befugt, für ihre Beteiligten und vertreten durch ihre Geschäftsführer Einspruch und Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid zu erheben, obwohl der sich inhaltlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die Anleger als Einkommensteuerpflichtige richtet.

 

Doch daneben können einzelne Gesellschafter unter besonderen Voraussetzungen selbst zum Widerspruch gegen Post vom Fiskus befugt sein, betont der BFH. Erlischt nämlich eine Personengesellschaft durch Vollbeendigung oder wird sie – bei geschlossenen Fonds eher die Ausnahme – in eine GmbH formwechselnd umgewandelt, kann ein Gewinnfeststellungsbescheid nur noch von den früheren Gesellschaftern – also den Fondsanlegern – angefochten werden, deren Mitgliedschaft die Zeit berührt, die der angefochtene Gewinnfeststellungsbescheid betrifft. Die Befugnis der Fondsgesellschaft, für ihre Beteiligten Rechtsbehelfe gegen die einheitliche und gesonderte Feststellungsbescheide bezüglich des Gewinns (gewerblich wie der Solarfonds) oder des Überschusses (wie der Immobilienfonds) einzulegen, ist mit deren Vollbeendigung daher erloschen, stellten die Richter klar.

 

Als Folge aus dieser Ausnahmeregelung lebt das bis zum Zeitpunkt der Vollbeendigung überlagerte Recht der einzelnen Gesellschafter zur Gegenwehr gegen den Fiskus wieder auf. Diese Befugnis geht deshalb auch nicht auf die durch den Formwechsel entstandene GmbH über, die neue Gesellschaft hat nichts mit den strittigen Steuerthemen des Ex-Fonds zu tun. Dies gilt unabhängig davon, dass der Rechtsformwechsel von der Personen- zur Kapitalgesellschaft unter dem Regime des Umwandlungssteuergesetzes zivilrechtlich keine Rechtsnachfolge bewirkt, sondern der identische Rechtsträger nur sein Kleid wechselt. Diese spitzfindigen Erläuterungen des BFH sollten Anleger aber gar nicht irritieren. Für sie ist nur wichtig, dass sie ab der Liquidation das Heft genauso selber in die Hand nehmen müssen, als wenn sie aus einem noch aktiven Fonds frühzeitig ausgestiegen sind. Merkposten: Werden in diesen Ausnahmefällen vom Fonds materiell-rechtliche Mängel geltend gemacht, ist der Widerspruch als unzulässig abzuweisen, so der BFH.

 

Zwar hatte der BFH die namens einer vollbeendeten KG erhobene Klage als Widerspruch des ehemaligen Beteiligten ausgelegt. Diese Auslegung aus dem Jahre 2009 knüpfte allerdings auch daran an, dass dem Fonds die Prozessvollmacht von einem der ehemaligen Gesellschafter erteilt worden ist. Daran fehlt es bei einer vollbeendeten Fondsgesellschaft wie der KG, wenn Bescheide vom Finanzamt an den Rechtsnachfolger adressiert wurden. Auch wenn die jetzt eine Vollmacht hat, stammt die nicht von einem ehemaligen Anleger der KG, sondern in der Regel vom Ex-Geschäftsführer. Zum Zeitpunkt der Ausstellung der Prozessvollmacht waren die ehemaligen Fondsgesellschafter aber nicht mehr am geschlossenen Fonds beteiligt.