Corona und Politik nehmen kurzatmigen Vermietern die Luft

Überraschend ist die Kurzatmigkeit der Vermieter. Für die Generation derjenigen, für die Immobilien, die keine 5% Kapitaldienst erwirtschaften, sowieso keine Anlageimmobilien sind, lebte die Niedrigzinsgenaertation im dazu noch längsten Zyklus der Nachkriegsgeschichte im Paradies. Jetzt stellt sich heraus, dass auch paradisische Zustände von der Excel-Generation ausgereizt werden. Bereits jetzt geraten Vermieter spürbar unter Druck, berichtet eine Umfrage von Rueckerconsult. Drei zahlungsfreie Monate bei nur 10% der Mieten bringen viele Vermieter an die Leistungsgrenze. Bei Mietnachzahlungserwartungen leben Vermieter noch im Traumland. 

Wenn die Umfrage von Rueckerconsult belastbar ist, dürfte die Situation problematischer sein, als „Der Immobilienbrief“ eigentlich erwartet. Wer im professionellen Geschäft die letzten 10 Jahre nicht genutzt hat, Liquiditätsreserven aufzubauen, war eigentlich absehbar spürbar optimistisch. Dass die Zykluswende kommen würde, war eigentlich absehbar. Die Länge des Zyklus hatte schon viele überrascht. Die Flaute der Industriekonjunktur war schon da. Lediglich Timing und Grund waren offen. Umso unverständlicher sind die Rückerconsult-Ergebnisse. Oder die Befragten ziehen eine Show ab, um die Politik zu bremsen.

Bereits kurzfristig sehen sich Vermieter unter zum Teil existenziellem Druck. Dabei dürften viel Mieter noch die März-Miete bezahlt haben, so dass faktisch noch kaum Rückstände bestehen. Lediglich die Konsequenzen des verlängetren Corona-Shutdown mit der Möglichkeit der Mietmoratorien ist bei weitem noch nicht absehbar. Hotels, Gastronomie, manche Sportanlagen und großflächiger Einzelhandel dürften nach der Verlängerungsentscheidung von Mittwoch sicherlich schnell die Mietzahlungen einstellen. Selbst nach vollständiger Öffnung mit Kontaktbeschränkungen dürfte es länger dauern, bis viele Betroffene überhaupt wieder ihre Mieten verdienen können.

Der Einzelhandel war sowieso auf der schiefen Ebene und bekommt jetzt einen Tritt. Büros ermöglichen das komplette Szenarion von Mehrbedarf durch virensichere Bestuhlung bis deutlichem Nachfragerückgang. Veranstaltungsräume dürften dieses Jahr zu Möbellagern werden. Gewohnt wird zum Glück immer – bezahlt aber nicht. Insofern wären aus Autorensicht viele Vermieter aufgefordert, ihre Liquiditätsplanungen längerfirstig anzupassen. Hinzu kommt, dass ähnlich wie bei den staatlichen Zuschüssen Trittbrettfahrern die Tür geöffnet wurde. Während bei den Staatshilfen aber immer die Sanktion des Subventionsbetruges bei falschen Angaben im Raum steht, ist der Vermieter eher hilflos. Außer Forderungen, die oft in „Titel ohne Mittel“ münden können, bleiben ihm wenig Chancen. Zudem ist zu befürchten, dass einige Unternehmen die Corona-Chance nutzen, um sich zu Lasten der Vermieter, der Mitarbeiter, der Gläubiger oder sogar der Steuerzahler vom Ballast der Vergangenheit wie z. B. Doppelstrukturen bei sportlichen Übernahmen zu befreien. Vapiano oder Galeria KK werden zeigen, wie das geht (vgl.Editorial Nr. 471 v. 6.4.20).

55% der Vermieter beklagen bereits Corona-Mietrückgänge

Nach Umfrage von Rueckerconsult sind die Auswirkungen der Corona-Krise bis zu den Ostertagen schon deutlich in der Vermieterlandschaft zu spüren. 55% der Eigentümer verzeichnen bereits pandemiebedingte Rückgänge bei den Mieteingängen, obwohl Märzmieten eigentlich noch gezahlt sein sollten. Dies träfe vor allem Eigentümer von Gewerbeflächen, meint Rückerconsult. Nur etwa 30% der Mietrückgänge werden aus dem Wohnungsbereich gemeldet. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Krise in vielen Arbeitnehmerbudgets durch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit würden erst später sichtbar.

Aus „Der Immobilienbrief“-Sicht überraschend ist die geringe Belastbarkeit der Vermieter. Historisch niedrige Zinsen scheinen nicht geeignet zu sein, Liquiditätspolster zu halten. Die Belastungsgrenzen werden auch heute ausgetestet. Bei 8% der Befragten sei schon bei maximal 10% Einnahmerückgang in den nächsten 3 Monaten das Ende der Leistungsfähigkeit erreicht, berichtet Rückerconsult. Rund die Hälfte würde Mietausfälle von 30% verkraften, wenn nach drei Monaten sich die Situation wieder normalisiere.

Dabei gehen die Eigentümer intellektuell doch eher überraschend von einer raschen Nachzahlung gestundeter Mieten aus. 34% „wünschen“ eine Überweisung ausstehender Zahlungen bereits nach 6 Monaten, weitere 28% innerhalb eines Jahres. Woher allerdings Mieter, die bereits nach 3 Wochen Shutdown nicht mehr bezahlen können, bei einer erwartungsgemäß langsamen Rückkehr zur Normalität in dieser Phase schon das Geld für nachzuzahlende Mieten nehmen sollen, ist schwer nachvollziehbar. Normalerweise lernt man im Alter von 6 Jahren, dass Wünsche oft unerfüllbar bleiben. Da dürften einige Anfragen auf den Tischen höflich lächelnder Bankmanager landen. Lediglich 16% der Befragten erwarten die zurückgestellte Miete dann, wenn die wirtschaftliche Lages des Mieters es erlaube.

Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Mieter wird von den Eigentümern aktuell durchaus differenziert bewertet. 69% der Eigentümer erwarten, dass Büromieter coronabedingte Schwierigkeiten aus eigener Kraft werden meistern können. Einzelhandelsfilialisten und Wohnungsmietern wird das noch zu 45% beziehungsweise 49% zugetraut. Mit erhöhter Sensibilität dürfen offenbar auch Restaurants und Inhaber von Einzelhandelsgeschäften rechnen. Nur 2% bzw. 4% der befragten Eigentümer gehen davon aus, dass Restaurants bzw. Einzelhandelsgeschäfte den Einnahmeausfall kompensieren und ihre Mieten nachzahlen können. Kündigungen seien wenig sinnvoll, denn es könne Monate dauern, bis ein neuer Mieter gefunden ist. 74% der Vermieter sind bereit, kleinen Einzelhändlern Mietzahlungen gegebenenfalls auch ganz zu erlassen. Bei Restaurants und Cafés wären noch 64% zu diesem Schritt bereit.