Editorial aus „Der Immobilienbrief“ Nr. 542 v. 21.12.22

221221 Editoral aus der Immobilienbrief Nr 542

Sehr geehrte Damen und Herren,

es weihnachtet. Ich war am Wochenende 1 Stunde spazieren. Nach einer halben Stunde wurde mir kalt. Das machte mich mit Blick auf die gezielte Zerstörung der zivilen Infrastruktur in der Ukraine sehr nachdenklich. Als Bundeswehr-Soldat habe ich auch Übungsnächte im Harz bei minus 10 Grad im offenen Unimog-Führerhaus verbracht und die Offiziers-Idioten verflucht, die vergessen hatten, uns mitzuteilen, dass die Übung in der Nacht neutralisiert war. Ich bin nun wirklich kein Pazifist und halte eine schlagkräftige Armee für den besten Friedensgaranten. Aber anders als damals, als wir noch Statistik-Witze über unsere Überlebenschance der Täuschungseinsätze unserer kleinen Spezialtruppe der Psychologischen Verteidigung machten, vergeht mir heute schon das Lächeln, wenn ich kleine Panzer im Technikmuseum sehe und mir vorstelle, daneben her zu laufen.

Ich schrieb Ihnen schon länger vor der Ukraine-Krise, dass ich in unserem Gutmenschentum, der unbelehrbaren Welt klare Kante zu zeigen, den Eindruck hätte, unsere Schwarm-Erinnerung an die Leiden des Weltkrieges seien in Vergessenheit geraten. Bei aller Logik, dass der Ukraine-Krieg keinen Gewinner sehen kann und sich irgendwo in einer Bundesrepublik-/DDR- oder Nord-/Südkorea-Lösung totlaufen wird, darf es eigentlich nicht sein, dass personifizierbare Willkür ungestraft davonkommt. Die Ukraine führt uns neben den anderen Konflikten, die weiter weg sind, wieder vor Augen, dass Geschichte, Leid und genozidiales
Gedankengut sich immer wiederholen wird, solange Menschen Gruppen bilden. Dennoch müssen wir den Völkern, die heute ins Unrecht geleitet werden, irgendwann wieder die gleichen Chancen geben, die Deutschland nach dem 2. Weltkrieg hatte.

Sehr geehrte Damen und Herren, zurück zu Weihnachten: Unsere gefühlten Welten spalten sich in der Zeitenwende. Wenn wir ehrlich sind, ist es den meisten von uns im letzten Jahr gut gegangen. Ausnahmen, wie Adler, die gerade doch wieder huddeln müssen, Corestate oder Vonovia bestätigen die Regel. Sie werden nicht die einzigen bleiben. Die meisten ökonomischen Verluste, die wir persönlich erlitten haben, sind Verluste unseres Wohlfühlvermögens des letzten Jahreswechsels auf der Basis von nicht realisierten Wohlfühlgewinnen. Das ist besonders für Leute wie mich ärgerlich, die den Wahnsinn der Bewertungen erkannten, altersbedingt in der Realisierungsphase sind und sich dann auf Leute verließen, die der Prägung des Goldilocks-Zyklus unterlagen. Vorab: Anlageimmobilien sind heute bereits deutlich weniger wert als vor einem Jahr. Ich will Ihnen nicht schon wieder Mathematik vorkauen. Zinsmathematik bleibt unbestechlich. „Normalisierungshoffnungen“ ohne Zinsreduktion sind nur Zeitgewinn bis belastbare Marktentwicklungen die Bewertungen erreichen.

„Friede auf Erden“ ist die Weihnachtsbotschaft schlechthin. Das bleibt eine Utopie. Wir können uns nur ehrlich freuen, dass es uns besser geht als fast allen anderen. Wir leben in der besten Gesellschaftsform der Welt, der Demokratie, die nur den Nachteil hat, dass man sich in ihr im Kooptationsprinzip („gleich zu gleich gesellt sich gern“) hochnetzwerken kann. Vielleicht wird mancher auch aus Mitleid gewählt. Selbstergänzung politischer Parteien führt fast nie zur Wahl der Besten. Ökonomisch geht es uns gut. Über Krisen, die sicherlich lästig sind, lässt sich auf hohem Niveau gut jammern. Bedenken Sie auch, wir sind die ersten Generationen, die vollständig ohne Kriegserfahrungen leben. Die Utopie der Modern Monetary Theory, dass der Staat unseren Wohlstand drucken kann, überholt sich allerdings im Moment durch die
EZB-Entscheidungen. Der Beweis, dass sie nicht funktioniert, ist gerade deshalb aber empirisch noch nicht erbracht worden. Entsprechend wird sie irgendwann wieder aus der Kiste springen.

Wo wir gerade bei Utopien sind, zurück zur Immobilienwirtschaft. Wir werden derzeit von mehr oder minder berufenen Prognosen und Rückblicken erschlagen, die meist einzyklische PR-Berater für ihre meist einzyklischen Kunden mit hoffnungsvollem Blick auf Herausforderungen, die meist andere betreffen, da man selber sehr gut aufgestellt sei, erstellen. Es folgt meist der positive Blick auf eine Repricing-Findungsphase, die neue Chancen böte. Aber es finde alles im beherrschbaren Rahmen statt. Die professionellen Kollegen machen dann noch eine „Wenn … /Dann … Analyse“ auf, dass wohl alles gut gehen werde, wenn es nicht doch schlechter kommen sollte. Und manche Kollegen kennen die Zukunft auf die Kommastelle genau. Sie kennen das: Herausforderungen sind Chancen. Die Zukunft bietet viele Chancen – und weiß es auch besser. Natürlich bietet jede neue Situation neue Möglichkeiten. Auf den Opfern der früherer Angriffswellen lassen sich Gräben überwinden. Problem ist nur, die frühere Welle sind WIR. Paradigmenwechsel wie die Rückkehr des Zinses als wichtigstes volkswirtschaftliches Steuerungsinstrument sind nicht nur richtig und alternativlos, sondern sie werden auch Opfer finden. Dafür boomen dann NPL’s.

Die fließenden Grenzen zwischen Genie und Wahnsinn bzw. Multispezialist und Universaldilettant führt uns gerade Elon Musk vor. Überraschend ist das eigentlich nicht. Was ich schon früh in meiner wenig überzeugenden Karriere in der Bearbeitung notleidender Immobilienengagements lernte, war: „Dieselben Eigenschaften, die Leute reich machen, machen sie am Ende wieder arm“ – wenn sie nicht früh genug aufhören. In klassischer Selbstüberschätzung versuche ich es auch einmal mit einer zweigeteilten Prognose. Diesmal denke ich ganz einfach volkswirtschaftlich über das nach, was uns bestimmt und was davon bleibt. Das ist natürlich Hybris, aber ich habe mit PLATOW über eine Dekade Konjunkturprognosen gemacht, die sich über ein Jahrzehnt jedes Jahr auf der Goldwaage der Realität bewähren mussten. Bis heute sehe ich aus dieser Erfahrung keinen Anlass, meine Überlegungen nicht ernst zu nehmen. Ihr gutes Recht und Ihre Verpflichtung ist, die Überlegungen aus Ihrer Sicht zu justieren. Und wenn Sie Recht und ich Pech habe, geht’s uns gut und wir haben ein paar Jahre wieder was zu lachen.

Die volkswirtschaftlichen Trends – ROHMERT’s Glaskugel 2023 bis 2030

Das Imperium der Hoffnungswerte bricht zusammen

Ehrlich gesagt, mir steht eine Menge Neusprech-Geschwafel ebenso im Hals wie Scheingenauigkeit. Über viele Prognose-Jahre kann ich meistens die Vergangenheit erfassen, Trends herausbilden und dann hochrechnen. Das hilft regelmäßig ganz gut weiter. Paradigmenwechsel bzw. „Zeitenwenden“ kommen nicht so oft, sind meistens sowieso nicht vorhersehbar und sind deshalb auch entschuldbar. Mangels Editorial- Platz teile ich die Vorausschau zum Jahreswechsel in Volkswirtschaft und immobilienwirtschaftliche Generalaussagen und steige zum Jahresbeginn noch einmal intensiver in die immobilienwirtschaftlichen Trends ein.

Vor einem Jahr hätte ich Ihnen mit Blick auf die Immobilie sicher geschrieben: Die Wende kommt bestimmt. Aber ich kenne weder den Auslöser noch den Zeitpunkt. Aber wenn sie kommt, kommt sie schneller, als man vorhersieht. Dass der Schwarze Schwan nur Wochen später aus der Ukraine einfliegen würde und im Schlepptau die ganzen eingesperrten Geister vergangener Weihnachten mitbringen würde, hätte ich auch nicht erwartet, ebenso wenig wie die Geschwindigkeit des Anflugs. Das ist auch entschuldbar. Blöd wird es allerdings, wenn die Zeitenwende dann da ist, immer noch in die Vergangenheit zu schauen, Trends festzustellen und weiter in die Zukunft zu extrapolieren. Genauso blöd ist es, aus einer Krisensituation auf eine langfristige und schwere Zukunft zu schließen.

Das aktuelle Krisenpotpourri brauche ich Ihnen nicht mehr vorzustellen. Alles ist einzeln beherrschbar. In der Summe wird es zur Herausforderung. Die Frage ist, was davon eine Krise ist, was uns langfristig begleiten wird und was davon für uns und was gegen uns ist. Gleichzeitig basiert jede Prognose, die sich messen lassen will auf Prämissen. Aber ich will mich nicht auf die Komma-Stelle messen lassen. Die Frage, ob wir alle Wohnungsbestände der großen AG’s, der Genossenschaften oder von Family Offices im Vergleich zu den realistischen Werten des Herbstes vergangenen Jahres um 20% oder 30% abwerten müssen, ist müßig. PE Fonds stehen an der Seitenlinie und erwarten manche Übertreibungen in NPL-Portfolios auch für wenig mehr als die Hälfte kaufen zu können.

Ansonsten werden wir das bestenfalls bei den AG’s, die in den letzten Jahren noch kräftig Bewertungsluft geatmet haben, überhaupt nur ansatzweise sehen. Vieles wird im Beharrungsvermögen der Bewertungen, die in weiten Bereichen das letzte Aufbäumen der Welle nicht mehr mitgenommen haben, wie auch im Nachlauf der Abwärtsbewegungen verschwinden. Korrekturen im nicht bilanzierten Wohlfühlvermögen des letzten privaten Status interessieren auch niemanden. Was man vor 10 oder 15 Jahren für die 13-fache gekauft hat, sich mit der 22-fachen zum Jahreswechsel in der Tasche gehofft hat und jetzt realistisch für die 16-fache verkauft oder neu einwertet, macht noch kein immobilienwirtschaftliches Drama. Die Bewertung alleine macht auch noch kein Geschäftsmodell kaputt. Das ist eher „Aufgabe“ der Zinsen, der Banken und der Nutzer.

DIE VOLKSWIRTSCHAFTLICHEN PRÄMISSEN

Wie hart wird die Rezession? Die Volkswirte geben derzeit eher Entwarnung. Die rote Null mit Wintertendenz nach unten ist Mainstream. Das überrascht auch nur wenig. Warum sollte eine Volkswirtschaft, die vor 2 Jahren noch 3 Monate mit hohem Zusatzsparen von über 1.000,- Euro pro Kopf stillgelegt war und nur ein
BIP-Minus von 5% zeigte, jetzt bei voller Funktion dramatisch abstürzen? Das Beharrungsvermögen einer reifen Volkswirtschaft wird immer unterschätzt. Das gilt übrigens auch für den Bau und teilweise für die Immobilienwirtschaft. Wahrscheinlich 80% der Bevölkerung geht Konjunktur am Rücken vorbei. Das sind nicht nur Beamte, Rentner und Transferempfänger, sondern in einer Voll-beschäftigungssituation auch Angestellte, Arbeiter und Dienstleister.

                Außerdem überschätzen Medien und Politik immer die BIP-Schwankungen. Wenn wir im Vergleich zum Vorjahr 102% machen, schwelgen wir im Boom. Wenn wir zwei Quartale nur 99,8% machen, haben wir Rezessionspanik und Zukunftsängste. In beiden Fällen geht es uns aber gut. Problematisch ist die Hebelwirkung. Mit Blick auf den Staatsanteil hatte ich Ihnen letztes Jahr ausgerechnet, dass der Corona-BIP-Einbruch von 5% de facto je nach Zurechnung der Fördermaßnahmen einen Einbruch der privaten Wirtschaft um 15 bis 20% ausmachte. Der Staat lebt aber nur und ausschließlich von den Steuern und sonstigen Abgaben der Privatwirtschaft. Er zieht sich nur in Sondersituationen durch Unterstützungsmaßnahmen an Private mit an den eigenen Haaren aus dem Sumpf. Geld, dass der Staat vorher verteilt und sich dann in Teilen wieder als Steuern zurückholt, bringt keinen wirtschaftlichen Erfolg. Der Staat hat am Ende nur zwei Geldquellen: Die Steuern der Privatwirtschaft und Verschuldung.

                Die volkswirtschaftlichen Prämissen: Die Inflation sinkt über Basiseffekt sowie über Energie- und Rohstoffpreise zum kommenden Jahresende 2023 Richtung 4%. Über Zweitrundeneffekte und die vielen „D‘s“ bleibt der Inflationsdruck über längere Zeit weit über 2%. „3 bis 4% Inflation“ könnte für eine Dekade die Richtlinie werden. + + + Eine leichte Rezession wird wohl unvermeidbar. Die große Gefahr ist einfach eine tote Dekade auf der „Nullinie plus Potentialpfad“. Wir haben, wie schon oft dargestellt, keine Schockkrise, sondern eine langjährige Anpassungsphase an neue Realitäten vor uns. + + + Die Verschuldungskrise geht weiter. Die versprochene Einhaltung der Schuldenbremse ist Betrug. Von Pensionsverpflichtungen und Renten- und Sozialversicherungsgefahren will ich gar nicht sprechen. Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) bzw. Sondervermögen wurden im laufenden Jahr mit Notlagenkrediten für die Energiekrise um 200 Mrd. Euro aufgefüllt. Die Sondervermögen Bundeswehr, Klima und Fluthilfe verfügen zusammen über Defizitspielräume von weiteren rund 200 Mrd. Euro. Damit belaufen sich die Defizitspielräume der genannten Sondervermögen für die kommenden Jahre auf eine Größenordnung von insgesamt 400 Mrd. Euro oder rund 10% des BIP. Dies entspricht gut vier Fünfteln des gesamten Bundeshaushalts im kommenden Jahr. Die Bundesfinanzen werden zunehmend intransparent. (Quelle: Bundesbank Monatsbericht November 2022) è In der Folge der Verschuldungsspielräume federt der Nanny-Staat konjunkturelle Risiken weitgehend ab. Die Volkswirte werden von  „überraschend positiver“ Entwicklung sprechen.

Die Frage ist aber: Was geht und was bleibt?

Krisen kommen und gehen. Das hat für den Blick voraus positive Effekte. Der Ukraine-Krieg läuft sich in den nächsten 18 Monaten wahrscheinlich tot. Der Wiederaufbau wird Europas Industrie und Bau pushen. Offen ist nur, wer bezahlt. Die Erfahrung sagt: WIR. Die Dramatik der Energiekrise ist Mitte des Jahres heraus. Was bleibt, ist eine stabile Verdoppelung der Energiekosten der Haushalte und der Industrie, wobei ich da eher Spielräume nach unten sehe. Inwieweit das Geschäftsmodelle obsolet macht, weiß ich nicht. Im Umfeld der Klimakrise macht das aber nachdenklich. Kurzfristig dürfte es nach einem kleinen Absturz, wenn die Kriseneffekte im Winter wirksam werden, wieder leicht auf Erholungskurs gehen.

Der Zins ist gekommen, um zu bleiben. Das wird die Volkswirtschaft neu aufstellen und das volkswirtschaftliche Vermögen neu bewerten. Die Folgen der unbestechlichen Mathematik habe ich Ihnen schon mehrfach vorgerechnet. „Excel-Kapitalanlagen“ bei Gewerbe und Wohnen werden sich sicherlich mit 15 bis 30% Korrekturbedarf auseinandersetzen müssen. Im Privatbereich passiert immer vergleichsweise wenig. Der Deutsche zahlt und hofft. Allerdings werden viele Greenhaushalte der Niedrigzinsphase ausfallen. Bauen in klimaregulatorischem Umfeld geht erstmal nur noch in geförderten oder regionalen Sonderfällen. Die Immobilienwirtschaft ist in der Zeitenwende. Dazu auf Basis der Prämissen im Januar mehr. Der Nutzer wird es retten, oder?

Die Zukunfts-„D’s“: Deglobalisierung, Demographie, Dekarbonisierung, Digitalisierung, Defense, Demobilisierung, Deindustrialisierung sowie Demontage von Infrastruktur und Bildung

Unsere Zukunft wird durch viele „D’s“ bestimmt: Demographie, Deglobalisierung, Dekarbonisierung, Digitalisierung, Defense, Demobilisierung, Deindustrialisierung und Demontage der Infrastruktur und des Bildungssystems.

Demographie: Das sind Wohn-Demographie, Infrastruktur-Demographie, Büro-Demographie, Einkaufs-Demographie, Bildungs-Demographie und Sozial-Demographie. Das lässt sich nicht über einen Kamm scheren. Über Demographie schreibe ich seit 30 Jahren. Es kam nie so schlimm wie befürchtet. Beachten Sie aber: Gelebt und gewohnt wird länger als eingekauft und länger als gearbeitet. Immobilienwirtschaftlich interessiert uns im Schwerpunkt die Büro-Demographie. Im Handel sind Digitalisierung und Demographie lästig, aber weitgehend eingepreist. Alters- und Sozialimmobilien haben Rückenwind. Bildungsnivellierung ist ein separates Thema. Über den Wohnungsbedarf am unteren Ende der Mietskala wird seit langem und mit zunehmender Vehemenz philosophiert. Lästig wird die mittelfristige Entwicklung der Büro-Demographie. Die Baby-Boomer gehen ab nächstes Jahr in Rente. Bestehende Zuwanderung geht am Bürobedarf vorbei. Nachfrage-Effekte dauern Jahrzehnte. Die gewünschte Zuwanderung Hochqualifizierter wird es nicht geben. Die sind englischsprachig und ziehen in anglophile Länder. Außerdem ist Deutschland viel zu bürokratisch. Büros werden ab jetzt unvermeidbar demographisch leiden. Neue Nischen braucht die Kapitalanlage. è Demographie ist gegen uns!

 Deglobalisierung: Deutschland ist das international vernetzteste bzw. abhängigste Land der Welt – weit vor Südkorea, Japan, China oder den USA. Ich beschrieb Ihnen das vor wenigen Wochen nach der Handelsblatt-Tagung auf Basis eines Vortrages von Prof. Rürup. Von Moralexport können wir nicht leben. Viele ethisch sicherlich schätzenswerte Entwicklungen in Jugend, Gutbürgern und Politik sind nicht geeignet, unsere Stärken zu betonen. Manches ist einfach krank. è Deglobalisierung wird die Inflation pushen und ist im Wettbewerb gegen uns!

Dekarbonisierung: Dekarbonisierung ist unvermeidlich. An der Verringerung des deutschen CO2-Ausstoßes im kleinsten Prozent-Bereich wird die Welt aber nicht genesen. Forschen statt Dämmen und Regulieren kann nur die Devise sein. In den kommenden Jahren wird sicherlich eine Neuorientierung vieler illusorischer Politik-Einfälle stattfinden. Unser derzeitig angestrebtes Vorbild-Ziel wird unsere Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen. Wenn wir nicht auf Forschung umschwenken gilt è Dekarbonisierung wird die Inflation pushen und ist gegen uns!

Digitalisierung: Davon verstehe ich zu wenig. Digitalisierung wird aber zur unabweichlichen Nebenbedingung des Erfolgs. Wir hängen hier sichtbar zurück. Die Frage ist, ob es einen Aufholschub geben kann oder ob die Schere immer größer wird. Immobilienwirtschaftlich beschäftigen uns eher die Nachfragewirkungen durch neue oder wohnumfeldnähere Arbeitsformen. Das hatte ich Ihnen schon vor 25 Jahren vorhergesagt. Jetzt kommt es. Nicht dramatisch, aber sicher. Die Mühlen des gesunden Menschenverstandes mahlen manchmal langsam. è Digitalisierung spricht im Moment nicht für uns!

Defense: Verteidigungsausgaben werden die Nachfrage ankurbeln und damit aber auch die Inflation treiben. Im neuen geopolitischen Umfeld ist eine schlagkräftige Verteidigung unvermeidbar. Die Friedensdividende steht zur Rückzahlung an. è Defense wird die Inflation pushen, ist aber bei global gleichgelagerten Problemen neutral. Profitieren werden die USA.

Demobilisierung und Deindustrialisierung: Hier geht alles ineinander über und trifft unsere Gesellschaft im Kern. Demobilisierung mit der vorlaufenden Stufe der Elektrifizierung der Mobilität trifft unseren industriellen Kern. Das Gespenst der Deindustrialisierung wird derzeit überall an die Wand gemalt. Irgendjemand muss aber Dinge produzieren, die konsumiert werden. Dafür braucht man Maschinen. Die kann niemand besser bauen als wir. Aber wir brauchen eine neue Agenda. Wenn sich die aktuellen gesellschaftlichen Trends fortsetzen müssen wir einkalkulieren: è Demobilisierung und Deindustrialisierung sind richtig gegen uns!

Demontage von Infrastruktur und Bildung: Die Stärken Deutschlands sind Geschichte. In der Nullzins-Ära haben wir die Infrastruktur vergammeln lassen. Wie dämlich kann man sein? Zum Bildungsthema möchte ich mich eigentlich mit Rücksicht auf Jüngere nicht äußern. Ovid hatte da schon seine Probleme. Ich habe nur das Gefühl, als würden wir im Wettbewerb derzeit von anderen Nationen insbesondere in Asien im Bildungsbereich überholt. Gleichzeitig verschiebt sich Bildung bei uns in Bereiche, deren volkswirtschaftliche Relevanz sich im internationalen Wettbewerb noch beweisen muss. Ich befürchte: è Demontage von Infrastruktur und Bildung sprechen im Moment auch nicht für uns!

Zusammenfassend ist die aktuelle Polykrise sicherlich nicht gerade für uns, wird sich aber in ein oder zwei Jahren ausbrennen. Problematischer ist der längerfristige Blick nach vorne. Das wird nicht an der Immobilienwirtschaft vorbeigehen. Schlimmer als ein aktuell durchaus zu befürchtender Einbruch – den bestätigen auch die Vielzahl der Stimmungsbilder hier in diesem eher stimmungsinversen Weihnachtsbrief, sind die längerfristigen Perspektiven.

Wenn wir uns nicht zu einer neuen „AGENDA 2040“ entscheiden, die über Dekarbonisierung hinaus geht, wird Deutschland Durchschnitt. Andererseits bin ich nicht pessimistisch. Selbst wenn wir Deutschland derzeit als „Safe Haven“ in der Pfeife rauchen können, die Politik derzeit keinen Anlass zur Hoffnung auf Rückkehr zu einer wirtschafts- und immobilienfreundlichen Haltung gibt, und die Friedensdividende Kredit und kein Verdienst war, bleibt immer noch die Sicherheit der deutschen Tugenden. Wenn es eng wird, gibt es wieder eine Agenda. Wir haben einfach nur 20 Jahre auf volkswirtschaftlichem Friedenskredit gelebt und marktwirtschaftliche Steuerungen u.a. durch den Zins, durch planwirtschaftliche, vielleicht importierte Regulierungskaskaden ersetzt. .

Sehr geehrte Damen und Herren, meine Kollegen bremsen mich jetzt aus. Ich muss Schluss machen. Richtig weihnachtlich ist die Stimmung der Immobilienwirtschaft nicht. Die Zeitenwende kommt an, ist aber noch nicht da. Machen Sie sich ein schönes Weihnachten. Es kommt nicht so schlimm, wie die Branche denkt. Es kommt schlimmer und tut länger weh, als wir glauben. Die meisten von uns haben sich aber trotz der Verführungen des Niedrigzinses auf dem Boden der Realität gehalten. Die werden das durchstehen. Andererseits wird es eine Reihe Leistungssportler der Nullzinsphase zerreißen. Dafür werden neue Heuschreckenschwärme einfallen. Die stabile Nutzernachfrage ist auf unserer Seite. Der „neue“ Neubau pausiert. Jetzt wird aber noch fertig gebaut, was den ökonomischen point of no return überschritten hat. Das hält uns anständig über Wasser. Das ist aber alles nur gesund und macht uns härter – nur nicht lustig.

Ich möchte mich aber an dieser Stelle bei unseren langjährigen, treuen Partnern bedanken, die unser kostenloses Erscheinen und damit unsere große Reichweite ermöglichen. Der Umgang auch mit unseren kleinen Turbulenzen im immobilienwirtschaftlichen Mainstream bestätigt für uns immer wieder eindrucksvoll, dass die Immobilienwirtschaft inzwischen professionell, selbstbewusst und weit besser als ihr Ruf ist. Ich bedanke mich auch bei meinen Kollegen, unseren externen Autoren, unserem Aufsichtsrat und Freunden.

Persönlich wünsche ich Ihnen schöne Weihnachtstage, einen guten Rutsch und viel Erfolg im neuen Jahr. Ich freue mich auf 2023.

Ein erfolgreiches Neues Jahr
wünschen Ihnen

Werner Rohmert