Auf ein Wort: „Slow-Steamer“ schleichen auf den Ozeanen

 Schiffsexperte Nicholas Teller von Nordcapital bleibt in der Krise gelassen
 

Nicholas Teller ist CEO bei Nordcapital und dort zuständig für das Schiffsgeschäft. Außerdem war er bis 2008 Vorsitzender des Aufsichtsrats der Deutschen Schiffsbank AG, einer führenden Bank in der Schiffsfinanzierung.

 Der Fondsbrief: Erste Anzeichen sprechen dafür, dass die Weltwirtschaft wieder anspringt. Wann wird sich das auf den Schiffsmärkten bemerkbar machen?

Nicholas Teller: Im Containerbereich gehen wir erst ab dem Jahr 2011 von einer leichten Markterholung aus. Ein gesundes Marktgleichgewicht von Angebot und Nachfrage wird sich jedoch erst später einstellen.

FB: Zurzeit liegen rund zehn Prozent der weltweiten Containerflotte ohne Beschäftigung vor Anker. Andere Schiffe verdienen gerade einmal genug, um die Betriebskosten zu decken. Gleichzeitig kommen bis Ende 2012 hunderte Neubauten auf den Markt. Verschärft das die Lage nicht noch mehr?

Teller: 2010 wird auf jeden Fall ein sehr schwieriges Jahr. Das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) prognostiziert langfristig jedoch ein Wachstum von jährlich sechs Prozent. Für etwas Entspannung könnten Veränderungen in den Orderbüchern sorgen. Ausschlaggebend ist, wie viele der in Auftrag gegebenen Schiffe tatsächlich auf den Markt kommen. Auch die Verschrottungsaktivitäten führen zu einer Reduzierung der Schiffe: Nach Angaben des Schiffsmaklers Braemar wurden allein in diesem Jahr bisher 152 Containerschiffe mit ca. 280.000 TEU verschrottet. Hinzu kommt, dass viele Werften, insbesondere in China, bisher nur auf dem Papier existieren (Greenfield Yards). Es ist fraglich, ob sie tatsächlich ihre Arbeit aufnehmen.

FB: Mit welchen Konzepten können die Beteiligten auf das Überangebot reagieren?

Teller: Viele Linienreedereien setzen auf „slow steaming“, also auf langsam fahrende Schiffe. Das hat zwei Vorteile: Sie können – um den Fahrplan des Liniendienstes einzuhalten – weitere Schiffe in den Dienst aufnehmen und sparen gleichzeitig enorme Bunkerkosten. Um Überkapazitäten aus dem Markt zu nehmen, entscheiden sich einige Marktteilnehmer für das Auflegen ihrer Schiffe. Andere Linien liefern ihre gecharterten Schiffe zurück und verschrotten Schiffe, die über 20 Jahre alt sind.

FB: Zahlreiche Fonds haben Schiffe zu Höchstpreisen gekauft. Warum sollte ich mich als Anleger an diesen Modellen beteiligen?

Teller: Nicht nur die Kaufpreise waren hoch, auch die zu dieser Zeit vereinbarten langfristigen Charterraten. Kosten und Einnahmen stehen somit in einem entsprechenden Verhältnis zueinander. Genau das sollten Anleger im Einzelfall prüfen. Ein zu Höchstpreisen erworbenes Schiff, das keinen langfristigen Chartervertrag bei einem guten Charterer vorweisen kann, ist sicherlich kein gutes Investment.

FB: Was geschieht mit diesen Angeboten?

Teller: Initiatoren können die Schiffe alternativ auf die eigenen Bücher nehmen oder andere Investoren suchen. Im Prinzip müssen solche Angebote auf eine Erholung der Märkte warten. Oft haben sie lange Charterverträge, so dass sie nach einer Erholung noch immer über durchaus lang laufende Charterverträge verfügen und somit dann ein attraktives Investment sein können.

FB: Gibt es Alternativen zum KG-Modell??

Teller: Selbstverständlich. Unsere zur Gruppe gehörende Reederei E.R. Schiffahrt hat immer auch eigene Schiffsinvestments getätigt, die nicht über eine KG finanziert wurden. Institutionelle Investoren entdecken das Schiffsinvestment gerade in Zeiten niedrigerer Schiffspreise zunehmend. Einige Reeder haben über in den USA börsennotierte Unternehmen frisches Kapital eingesammelt. Es gibt also eine Vielzahl von Kapitalquellen.

FB: Nordcapital setzt mit Plattformversorgern und Ankerziehern auf kleine Nischen. Ist der Markt nicht zu volatil und damit zu unsicher für typische Privatinvestoren?

Teller: Der Offshore-Markt ist volatiler als die Handelsschifffahrt. Dennoch können gerade deshalb attraktive Renditen erzielt werden. Um im Rahmen eines Schiffsfonds für mehr Stabilität zu sorgen, haben wir verschiedene Maßnahmen umgesetzt. Bei den Plattformversorgern wurde eine Erstbeschäftigung für drei Jahre gesichert. Die Ankerzieherschlepper fahren in einem Einnahmepool von vier Schwesterschiffen. Dadurch gleichen wir die Ratenschwankungen bei den einzelnen Schiffen aus. Wir planen, einen Teil der Schiffe längerfristig zu beschäftigen, den anderen Teil im chancenreichen Spotmarkt fahren zu lassen. Infolge der Marktentwicklung haben wir uns bei den Ankerziehern für eine hohe Liquiditätsreserve und eine nachrangige Eigenbeteiligung entschieden. Bei beiden Schiffstypen ist der Anteil der Fremdfinanzierung zudem niedriger als bei klassischen Schiffsbeteiligungen. Hinzu kommen geplante Sondertilgungen, wenn die Auszahlungen eine bestimmte Höhe erreicht haben.



Über den Autor

Markus Gotzi

Chefredakteur „Der Fondsbrief“
Tel.: +49 (0) 221 – 97 58 97 75
E-Mail: redaktion@markusgotzi.de

Er ist Träger des Deutschen Journalistenpreises und des Deutschen Preises für Immobilienjournalismus. Viele Jahre lang verfasste der Diplom-Journalist Artikel zu allen Themen rund um die Immobilie und andere Sachwerte in der Financial Times Deutschland. Zudem war Markus Gotzi vier Jahre als Redakteur für das Wirtschaftsmagazin Capital tätig.

Aktuell publiziert er unter anderem in überregionalen Blättern wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und in Branchenmagazinen wie dem Immobilien-Manager. Zudem ist Markus Gotzi Chefredakteur des Fachmediums »Der Fondsbrief«, dem bundesweit auflagenstärksten Newsletter mit Schwerpunkt geschlossene Beteiligungsmodelle und Sachwertinvestitionen.