Deutsche Annington wird Deutschlands größter Vermieter – Übernahme nur noch Formsache

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Werner Rohmert, Herausgeber „Der Immobilienbrief“; Immobilienspezialist „Der Platow Brief“

 

Am vergangenen Montag teilten die beteiligten Unternehmen Deutsche Annington Immobilien SE (DA) und GAGFAH S.A mit, dass sie zukünftig gemeinsam als Deutschlands größter Vermieter mit einem kombinierten Portfolio von rund 350.000 Wohnungen auftreten werden. Die Genehmigungen des geplanten Zusammenschlusses durch die Aktionäre und Kartellbehörden werden wohl eher als Formsache gesehen.

 

Im September überreichte Platow DA-Chef Rolf Buch, der in einem Jahr einen Parforceritt mit Börsengang, Milliarden-Nachfinanzierung, Kursfeuerwerk, Anleiheemission zu Topkonditionen, Gesellschafteraustausch, Investitionsprogramm, Aufbau einer eigenen technischen

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Mannschaft mit 1.500 Mitarbeitern und verstärkter Mieterorientierung vorgelegt hatte, den „PLATOW IMMOBILEN AWARD WOHNIMMOBILIEN“. Da dürfte die Jury wohl einen guten Riecher gehabt haben.

 

Hauptziel des Zusammenschlusses sei die Nutzung von Skaleneffekten. Mit einem kombinierten Portfoliowert von rund 21 Mrd. Euro werde es das zweitgrößte börsennotierte Immobilienunternehmen in Kontinentaleuropas. Die Gremien beider Unternehmen haben bereits die zentralen Eckpunkte der zukünftigen Zusammenarbeit in einer Grundsatzvereinbarung geklärt. Die Deutsche Annington bietet Aktionären der Gagfah 122,52 Euro in bar sowie 5 neue Aktien der DA je 14 Gagfah-Aktien. Damit errechnet die DA eine Prämie von 16,1% auf den Schlusskurs der Gagfah am 28.11.2014. Die Vereinbarung sieht vor, dass Rolf Buch Vorstandsvorsitzender bleibt. Stellvertretender Vorsitzender werde Gagfah-Chef Thomas Zinnöcker. Der Vorstand des gemeinsamen Unternehmens werde von drei auf fünf Personen erweitert. Gerald Klink ziehe ebenfalls in den Vorstand ein. Die Anzahl der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat werde auf zwölf Mitglieder erweitert. Die Portfolios beider Unternehmen seien komplementär. Ein Integrationsausschuss verantworte die Umsetzung des Zusammenschlusses. Die gemeinsame Zentrale des zusammen geschlossenen Unternehmens liege in der Nähe der bisherigen Hauptverwaltungen in NRW. Der gemeinsame Vorstand werde sich zur gegebenen Zeit über einen neuen Namen des Unternehmens verständigen.

 

Rolf Buch verspricht, einen fairen und partnerschaftlichen Prozess zu führen, der für Mieter und Aktionäre gleichermaßen attraktiv sei. Durch die Kombination wollen beide Unternehmen innerhalb der kommenden beiden Jahren Kostenvorteile von insgesamt rund 84 Mio. Euro durch die Hebung von Synergien erzielen. Synergien resultierten aus dem finanziellen Bereich durch besseres Rating und besseren Kapitalmarktzugang und aus dem operativen Bereich bei Bewirtschaftung, Einkauf, Bestands-Management und wohnungsnahen Dienstleistungen. Buch sieht das neue Unternehmen als Innovationsführer der Deutschen Wohnungswirtschaft. Thomas Zinnöcker weist darauf hin, dass die Gagfah in den vergangenen 18 Monaten ihre operative und finanzielle Performance signifikant verbessert habe. Gagfah werde alle abgeschlossen Vereinbarungen einhalten. Die gemeinsame Gesellschaft werde sich an ihrem Anspruch als sozial verantwortlicher Vermieter messen lassen.

 

Für „Der Immobilienbrief“ ist bei Fusionen dieser Größenordnung, die ja bei Industrieunternehmen und Finanzkonzernen nicht immer eine Erfolgsstory schrieben, die Gefahr existent, dass zunehmende Komplexität die Synergie-Effekte überkompensiert. Der Zusammenschluss zweier gewachsener Kulturen ist auch oft schwierig. Mitarbeiter übernommener Unternehmen geraten oft in den Zustand innerer Kündigung. Wie der schnelle Erfolg beider neuer Vorstandsvorsitzender aufzeigte, hatten und haben beide zuvor Private Equity beherrschte Unternehmen erhebliche operative und strategische Aufholpotentiale. Bei der Gagfah sollten erhebliche Mehrwertsteuervorteile noch realisierbar sei. Die Frage ist, ob die Synergie-Effekte im oerativen Bereich nicht überwiegend auch als „Sowieso-Effekte“ bei den beiden Großunternehmen realisierbar gewesen wären. Interessant könnte dagegen ein verbessertes Kreditprofil nach Zusammenschluss sein. Standard & Poors sehe den Zusammenschluss als vorteilhaft an.

 

Vorteilhaft könnte auch aus unserer Sicht die Börsenorientierung der beiden VV sein. Zinnöcker kann auf stärkere wohnungswirtschaftliche Kompetenz aufbauen, während Buch zuvor ein Unternehmen mit 60.000 Mitarbeitern geführt hat. Bei beiden Unternehmen haben die früheren PE-Investoren Terra Firma und Fortress 2014 ihre Anteile vollständig abgegeben. Dies ermögliche eine langfristige Strategie, die von einer inzwischen breit gestreuten Investorenbasis getragen werde, lassen die Unternehmen selber verlautbaren. In Summe würden beide Unternehmen im kommenden Jahr rund 500 Mio. Euro in Instandhaltung und Modernisierung des Wohnungsbestandes investieren. Vorteilhaft ist aus unserer Sicht, dass die Wohnungswirtschaft auch in den kommenden Jahren und zunehmend auch in Sekundärlagen vom gesamtwirtschaftlichen Umfeld profitieren wird. Allerdings sehen wir durchaus die Gefahr, dass die Wohnungswirtschaft in einer 5- bis 10-Jahresperspektive vom Markt eingeholt wird. Nach wie vor ist es für uns nicht einfach zu rechnen, wie die Durchschnittsmieten der überwiegenden Problemstandorte der beiden Unternehmen auf zu erwartender Mietbasis bei hoher Fremdfinanzierung, deren Zinsen auf absehbare Zeit kaum noch sinken können, für energetische Nachinvestitionen, Instandhaltung, Verwaltung, Leerstandskosten und –management  und nicht umlagefähige Nebenkosten ausreichen sollen. Positiv aus Branchensicht ist, dass hier ein gewichtiger politischer Gesprächspartner entsteht.

 

Andererseits ist evident, dass bei geringen Wohnungsrenditen der Verkauf von Wohnungen wichtiger Bestandteil sein wird. Dies betrifft dann nicht nur Portfoliobereinigungen, sondern auch Gewinnmitnahmen an prosperierenden Standorten. Dies dürfte zu schlechter Presse führen. Zwar werden sicherlich alle Verträge eingehalten, so dass Mieter nicht zusätzlich über sowieso vorgesehene Ertragsmaßnahmen hinaus betroffen sein werden, jedoch schließt der Mieterbund lt. Stern langfristige Folgen nicht aus. Wohnungen würden zur zinsgetriebenen Handelsware, monieren Mietervertreter. Aus dem Zielkonflikt zwischen Renditeerwartung und Mietererwartung ermittelt der Stern mit fehlende Investitionen während der PE-Herrschaft, steigenden Nebenkosten, steigenden Mieten durch gezielte Modernisierung und staatliche Mieten allerdings Risikopunkte für den Mieter, die von der Fusion unabhängig sind und im Zuge öffentlicher Dominanz bei steigenden Nebenkosten und energetischem Gesellschaftskonsens von der Fusion nicht verstärkt werden. Damit bleibt für uns das unternehmerische Hauptrisiko begrenzter Mietpotentiale bei steigenden Kosten und Anforderungen. (WR)