Fonds-Check – Hannover-Leasing Fonds „Die Direktion“ in Münster

Die Direktion in Münster

Die Direktion in Münster

Bei der WDR-Hitliste „Die beliebtesten Städte in Nordrhein-Westfalen“ landete nicht Köln auf Platz eins, auch nicht Düsseldorf, sondern Münster. Stadt des westfälischen Friedens und der Wiedertäufer, der Fahrradfahrer und Studenten, des Allwetterzoos und des Prinzipalmarkts mit seinen mittelalterlichen Giebelhäusern und Bogengängen. Eine lebens- und liebenswerte kleine Stadt, aber auch ein attraktiver Bürostandort? Natürlich, meint Hannover Leasing. Das Emissionshaus startet den Vertrieb des Publikumsfonds „Die Direktion, Münster“.

 

Objekt: Die Direktion, ehemaliger Sitz der Bundesbahn, befindet sich direkt am Hauptbahnhof. Wie in nahezu allen Metropolen punktet die Gegend mit Zentralität, aber nicht unbedingt mit Schönheit. Das Objekt stammt aus dem Jahr 1957 und wurde in den Jahren 2011 bis 2013 vom damaligen Eigentümer Aurelis umfassend revitalisiert. Dabei wurde unter anderem die Fassade mit 1.700 Fenstern komplett erneuert. Nach eigenen Angaben hat Aurelis rund 20 Millionen Euro in das Projekt investiert. Die Immobilie befindet sich auf einem knapp 9.500 Quadratmeter großen Grundstück und bietet 24.000 Quadratmeter Büro- und Ladenfläche, wobei Büros mit knapp 21.000 Quadratmetern den Löwenanteil stellen. Hannover Leasing hat 43,2 Millionen Euro für das Gebäude gezahlt, auf Basis der Mieteinnahmen ein Faktor von 14,9. Die Gesamtinvestition endet bei knapp 51 Millionen Euro, was einen Faktor von 17,6 bedeutet.

 

Standort: Münster zählt nicht nur zu den schönsten, sondern auch zu den reichsten B-Städten des Landes. Ein Streber in fast allen Klassen: Höheres Bruttoinlandsprodukt, niedrigere Arbeitslosenquote, überdurchschnittlich hoher Kaufkraftkennziffer pro Einwohner, hohe Umsatz- und Zentralitätskennziffern.  Dazu ein Büroleerstand, der mit 3,2 Prozent halb so hoch ist wie in vergleichbaren Standorten. Die gesamte Bürofläche kommt in Summe auf 2,3 Millionen Quadratmeter. Rund 60.000 Studenten machen die Universitätsstadt zu einem Ort mit einem hohen Anteil junger Menschen – logisch. Die Beschäftigtenzahl an dem Dienstleistungsstandort ist seit Anfang der 90-er Jahre kontinuierlich gestiegen. Viele Münsteraner arbeiten in der Gesundheitswirtschaft, der öffentlichen Verwaltung, bei Sozialversicherungsträgern und in der Kommunikationstechnologie.

Kalkulation: Grund und Boden sind teuer in Münster. Das gilt nicht nur für die Villen im Stadtteil St. Mauritz, sondern für nahezu das gesamte Stadtgebiet. Für das Fondsobjekt weist die Bodenrichtwertkarte 1.800 Euro aus. Daraus ergibt sich alleine aus dem Grundstückswert ein Anteil von 80 Prozent der gesamten Fremdfinanzierung. Das Darlehen ist rund 21,3 Millionen Euro schwer und verzinst sich bis September 2024 zu 2,93 Prozent. Die annuitätische Tilgung beginnt bei 1,5 Prozent. Private Kapitalanleger bringen in Summe 28,2 Millionen Euro auf, und zwar über Tickets zu mindestens 10.000 Euro plus Agio. Das gestattet die BaFin doch nur bei Diversifikation! Richtig. In diesem Fall genügt offenbar die Vielzahl verschiedener Mieter.

 

Mieter: Größter Nutzer ist die Deutsche Bahn: Sie mietet rund 5.700 Quadratmeter in der Direktion an. Die Bundespolizei, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, die Deutsche Rentenversicherung und das Bauunternehmen Ibau stehen ebenfalls auf der Liste mit den wichtigsten Mietern. Die gewichtete Restlaufzeit aller Verträge liegt bei neun Jahren.

Der Ertrag für den Fonds summiert sich auf 2,9 Millionen Euro. Bis zum geplanten Verkauf nach zehn Jahren steigt die Gesamtmiete rechnerisch um zwölf Prozent. Dem zu Grunde liegt eine erwartete Inflationsrate von 1,75 Prozent. Aktuell sind wir von solch einer Preissteigerungsrate weit entfernt, doch das wird sich auch wieder ändern. Büronutzer zahlen im Schnitt 9,25 Euro im Fondsobjekt. Und damit ungefähr die Durchschnittsmiete in der Stadt.

 

Prognose: Anleger sollen jährliche Ausschüttungen von fünf Prozent bekommen. Die Gesamtausschüttung bis zum geplanten Verkauf der Immobilie im Jahr 2025 liegt bei 161 Prozent, ein Plus von 56 Prozent vor Steuern also. In seinem Verkaufsszenario rechnet Hannover Leasing mit einem Verkaufsfaktor von 13,8 Jahresmieten und Nachvermietungskosten in Höhe von einer Million Euro. Das kann genügen, muss aber nicht. Wer will das jetzt wissen?

 

Kosten: Die anfänglichen Fondskosten zum Beispiel für Konzeption, Vertrieb, Verkaufsunterlagen und Platzierungsgarantie betragen rund 15 Prozent des Eigenkapitals inklusive Agio. Das ist in Ordnung.

 

Steuern: Anleger erzielen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die jährlichen, steuerlichen Ergebnisse liegen im Schnitt zwischen vier und fünf Prozent und müssen vom Fondszeichner mit seinem individuellen Satz versteuert werden.

 

Anbieter: Hannover Leasing zählt zu den anerkannten Emissionshäusern für geschlossene Publikumsfonds. Die Performance der bislang aufgelegten 57 Immobilienfonds liegt bei 4,6 Prozent – ein gutes Ergebnis. Größter Anteilseigner ist die  Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale. Geschäftsführer Andreas Ahlmann musste das Unternehmen vor wenigen Wochen verlassen. Verantwortlich für das Publikumsgeschäft ist Michael Ruhl. Er war zuvor bei der Deutschen Fonds Finance (DFH).

 

Meiner Meinung nach… Ein Immobilienfonds als unternehmerische Beteiligung. Die Westfalen-Metropole Münster ist ein viel versprechender Standort. Die Immobilie wurde von Aurelis als Verkäufer auf den neuesten Stand gebracht und erfolgreich wieder am Markt positioniert. Die Vielzahl an Mietverträgen macht das Gebäude zu einem managementintensiven Objekt. Nahezu alle nennenswerten Verträge laufen Ende 2023 aus. Im Vorfeld muss das Management beweisen, dass es sein Geschäft versteht. Darauf verlassen sich die Anleger ebenso wie darauf, dass die Immobilie dann noch in einem guten Zustand ist. Die jüngste Renovierung kostete fast die Hälfte des Verkaufspreises. ¨

 



Über den Autor

Markus Gotzi

Chefredakteur „Der Fondsbrief“
Tel.: +49 (0) 221 – 97 58 97 75
E-Mail: redaktion@markusgotzi.de

Er ist Träger des Deutschen Journalistenpreises und des Deutschen Preises für Immobilienjournalismus. Viele Jahre lang verfasste der Diplom-Journalist Artikel zu allen Themen rund um die Immobilie und andere Sachwerte in der Financial Times Deutschland. Zudem war Markus Gotzi vier Jahre als Redakteur für das Wirtschaftsmagazin Capital tätig.

Aktuell publiziert er unter anderem in überregionalen Blättern wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und in Branchenmagazinen wie dem Immobilien-Manager. Zudem ist Markus Gotzi Chefredakteur des Fachmediums »Der Fondsbrief«, dem bundesweit auflagenstärksten Newsletter mit Schwerpunkt geschlossene Beteiligungsmodelle und Sachwertinvestitionen.