Fonds-Check: Lloyd Fonds finanziert Neubau für niederländische Berater

 

Fragezeichen nach zehn Jahren

 Deutsche Immobilieninvestoren haben großes Vertrauen in die niederländische Wirtschaft. Feri RatingServices listet Hollandfonds in seiner Studie der Beteiligungsmodelle 2010 im Kapitel Auslandsfonds auf Position eins. Knapp 230 Millionen Euro legten die Anleger vergangenes Jahr im platten Land an. Und auch 2011 liegen die Hollandfonds vorn. Aktuelles Beispiel ist das Angebot „Holland Utrecht“ von Lloyd Fonds. Zeichner finanzieren einen Neubau, der zehn Jahre lang von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte genutzt wird. Was danach geschieht, ist Spekulation.

Objekt: Zum Preis von 24,7 Millionen Euro ohne Nebenkosten hat Lloyd Fonds das Projekt im Utrechter Stadtteil Papendorp gekauft. Das entspricht einem Faktor von 16,23 Jahresmieten oder als Kehrwert davon eine Objektrendite von 6,16 Prozent. Die Anschaffungsnebenkosten erhöhen den Preis auf 26,9 Millionen Euro, was einer Rendite von 5,66 Prozent entspricht. Im April kommenden Jahres soll das Bürogebäude mit sieben Geschossen und rund 7.000 Quadratmetern Fläche fertig sein. Wie für einen Neubau üblich, soll auch das Fondsobjekt ein Green-Building-Zertfikat bekommen. Lloyd Fonds strebt mindestens das Energielabel B nach niederländischem Standard an. Solch ein Zertifikat ist in Holland für neue Gebäude verpflichtend.

Markt: Der niederländische Immobilienmarkt ist überschaubar. Mit 47 Millionen Quadratmetern Bürofläche bietet er fünf Millionen Quadratmeter weniger als die Region Paris. Deutsche geschlossene Fonds zählen zu den stärksten Investoren. Sie legten im vergangenen Jahr knapp 460 Millionen Euro im Nachbarland an. Das entspricht mehr als einem Drittel des gesamten Transaktionsvolumens von rund 1,3 Milliarden Euro. Rund 14 Prozent aller Büros in Holland stehen leer. Während einer Fahrt auf den Autobahnen begeleiten einen die „Te huur“-Schilder. Ein Großteil der Immobilien macht dabei den Eindruck, als würden sie dem aktuellen Standard nicht mehr entsprechen. Ein charakteristisches Merkmal des niederländischen Immobilienmarktes ist die enge Kooperation zwischen Bauträgern und Mietern. Die Unternehmen ziehen häufig in neue, extra für sie erstellte Neubauten. Der typische Mietvertrag hat dabei eine Laufzeit von zehn Jahren.

Standort: Utrecht ist Teil der Randstad, der wirtschaftsstarken Region rund um Den Haag, Rotterdam und Amsterdam. Die Stadt mit 300.000 Einwohnern ist vor allem für ihre Universität bekannt. Die Hochschule aus dem Jahr 1636 belegt regelmäßig vordere Plätze in der europäischen Uni-Rangliste. Insgesamt zwölf Nobelpreisträger waren hier immatrikuliert, unter anderem Wilhelm Conrad Röntgen. Die Stadt Utrecht liegt gemäß einer Studie der Europäischen Kommission zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Regionen unter 271 Standorten auf Platz eins, gefolgt von Kopenhagen, der Region Noord Holland, London und Stockholm. Rund ein Drittel aller Büroflächen in Utrecht wird von der öffentlichen Hand oder Non-Profit-Organisationen genutzt. Gut zehn Prozent aller Büros stehen leer. Die Spitzenmiete im Zentrum liegt bei 200 Euro pro Quadratmeter und Jahr.

Lage: Papendorp ist Teil des Erschließungsgebietes „Leidsche Rijn“. Im Westen Utrechts soll ein neuer Stadtteil mit Wohnungen für 80.000 Menschen und 40.000 Arbeitsplätzen entstehen. Alleine in Papendorp sind 340.000 Quadratmeter Bürofläche geplant, 180.000 Quadratmeter davon sind bereits gebaut. Zu den wichtigsten Unternehmen dort zählen unter anderem Mercedes und Hewlett Packard. Sie haben in Papendorp ihren niederländischen Hauptsitz.

Mieter: Zehn Jahre lang nutzt die Deloitte Holding B.V. die gesamte Fläche. Das internationale Beratungsunternehmen zählt 170.000 Mitarbeiter in 140 Ländern. Alleine in den Niederlanden ist Deloitte an 19 Standorten vertreten. Im Fondsobjekt will das Unternehmen 375 Menschen beschäftigen. Es soll die neue „Meeting-Europazentrale“ bilden. Deloitte zahlt eine jährliche Quadratmetermiete von 187 Euro – ein Preis am oberen Ende des üblichen Marktniveaus. Auf Grundlage der erwarteten Inflationsrate von durchgehend 2,25 Prozent pro anno steigt die Miete innerhalb von zehn Jahren um 22 Prozent.

Kalkulation: Der Fonds hat ein Gesamtinvestitionsvolumen inklusive aller Kosten und Gebühren in Höhe von 30,3 Millionen Euro. Anleger beteiligen sich ab 10.000 Euro plus fünf Prozent Agio mit insgesamt knapp 16,3 Millionen Euro daran. Den Rest finanziert der Fonds über ein Darlehen. Die Zinsen sind zunächst bis 2019 fix und liegen bei nominal 3,5 Prozent. Allerdings hat Lloyd Fonds ein Disagio in Höhe von acht Prozent vereinbart, was gut 1,1 Millionen Euro bedeutet. Die Tilgung beginnt erst 2015 und ist mit einem Prozent nicht gerade hoch. Läuft die Zinsfestbindung aus, hat der Fonds gemäß seiner Prognose gerade einmal gut die Hälfte des Disagios zurückgeführt. Das ist mager. Anschließend rechnet der Initiator mit Zinsen von fünf Prozent weiter. Das kann angesichts steigender Konditionen und der erwarteten Inflationsrate etwas optimistisch sein.

Gewinn-Szenario: Geht die Kalkulation auf, bekommen Anleger Ausschüttungen von durchgehend sechs Prozent. Inklusive Verkaufserlös kommen sie auf ein Plus von gut 66 Prozent vor Steuern, was rund 55 Prozent nach Steuern bedeutet. Beim Exit geht Lloyd Fonds davon aus, dass ein Käufer erneut einen Faktor von 16,23 zahlt – bezogen auf die gestiegene Jahresmiete.

Weiche Kosten: Die fondstypischen Nebenkosten summieren sich auf rund 15 Prozent des Eigenkapitals inklusive Agio oder acht Prozent der Gesamtinvestition. Hinzu kommen die vergleichsweise hohen Finanzierungskosten. Die Liquiditätsreserve in Höhe von 765.000 Euro verzehrt sich im Laufe der Zeit nahezu komplett, um die kalkulierten Ausschüttungen von sechs Prozent aufzufüllen.

Steuern: Die Besteuerung in den Niederlanden erfolgt nach einem komplizierten System. Dabei wird zwischen drei „Boxen“ unterschieden, die jeweils verschiedene Einkunftsarten umfassen. Unter dem Strich reduzieren sich die aufs Jahr umgerechneten Einnahmen um rund einen Prozentpunkt. In Deutschland fallen auf Grund des Doppelbesteuerungsabkommens keine Abgaben an den Fiskus an.

Anbieter: Lloyd Fonds ist ein an der Börse gelistetes Emissionshaus. Rund 53.000 Anleger haben unter anderem 72 Schiffsfonds und zwölf Immobilienfonds gezeichnet. Das Investitionsvolumen aller Beteiligungsangebote liegt bei 4,7 Milliarden Euro. Im Zuge der Finanzkrise hat Lloyd Fonds vor allem wegen seiner Schiffsfonds stark gelitten. Im vergangenen Jahr erzielte das Unternehmen nach zwei Verlustjahren wieder einen Konzerngewinn von 2,7 Millionen Euro. Vorausgegangen war eine mit den Banken ausgehandelte Enthaftung aller Bürgschaften und Garantien. Die Pipeline bestellter Schiffe für geplante Fonds wurde im Zuge dieser Vereinbarung komplett aufgelöst.

Meiner Meinung nach… Beteiligung an einem Büroneubau im niederländischen Utrecht. Die Zahlungsfähigkeit des Mieters sollte keinen Zweifel lassen – Ratingunternehmen vergeben Deloitte gute Noten. Der Neubau ist auf dem neuesten Stand, Standort und Lage sind O.K. Läuft der Mietvertrag aus, wird es spannend. Beratungsunternehmen sind in Holland keine besonders treuen Mieter. Entscheidend wird es daher sein, dass es Lloyd Fonds gelingt, den Vertrag vorzeitig auf Grundlage attraktiver Konditionen zu verlängern oder einen Nachmieter zu finden. Nur dann dürfte sich ein Käufer für die Immobilie interessieren. An manchen Stellen rechnet der Initiator etwas optimistisch.



Über den Autor

Markus Gotzi

Chefredakteur „Der Fondsbrief“
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Er ist Träger des Deutschen Journalistenpreises und des Deutschen Preises für Immobilienjournalismus. Viele Jahre lang verfasste der Diplom-Journalist Artikel zu allen Themen rund um die Immobilie und andere Sachwerte in der Financial Times Deutschland. Zudem war Markus Gotzi vier Jahre als Redakteur für das Wirtschaftsmagazin Capital tätig.

Aktuell publiziert er unter anderem in überregionalen Blättern wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und in Branchenmagazinen wie dem Immobilien-Manager. Zudem ist Markus Gotzi Chefredakteur des Fachmediums »Der Fondsbrief«, dem bundesweit auflagenstärksten Newsletter mit Schwerpunkt geschlossene Beteiligungsmodelle und Sachwertinvestitionen.