Fonds-Check: Wölbern Invest finanziert Neubau in Rotterdam

Wenn am kommenden Sonntag die Finalisten der Fußball-Europa-meisterschaft in Kiew vor den Ball treten, muss ein selbst ernannter Favorit zuschauen: Die Holländer – vor zwei Jahren bei der Weltmeisterschaft noch im Endspiel – haben sich mit null Punkten aus der Vorrunde früh verabschiedet.

Wölbern Fondsobjekt in Rotterdam

Wölbern Fondsobjekt in Rotterdam

Stabiler als die Leistung auf dem Platz ist die niederländische Wirtschaft. Kein Wunder, dass Holland-Immobilien bei deutschen Investoren gefragt sind. Im vorigen Jahr legten sie knapp 200 Millionen Euro im Nachbarland an. Wölbern Invest bietet mit dem „Holland Fonds 72“ die Beteiligung an einem Green Building in Rotterdam an. Ein Konzept mit Alleinstellungsmerkmal.

Objekt: Der Fonds hat das Neubauprojekt zum Preis von knapp 15,5 Millionen Euro gekauft. Das entspricht bei der kalkulierten ersten Jahresmiete von gut einer Million Euro einem Faktor von rund 15,4 oder als Kehrwert davon einer Rendite von 6,5 Prozent. Mitte September 2012 soll die Immobilie fertig gestellt sein und dann eine Nutzfläche von 5.562 Quadratmetern und 134 Stellplätze bieten. Sie entsteht auf einem Erbbau-Grundstück auf dem Gelände des größten Hafens Europas. Das Gebäude ist als Green Building konzipiert. Es soll dem Standard von mindestens 201 Punkten auf einem Umwelt-Index entsprechen und damit einem GreenCalc C-Level.

Lage: Derzeit ist das Waalhavengebiet vor allem durch Industrie geprägt. Doch die Stadt strebt einen Wandel an. Das Entwicklungsprojekt „Stadshavens“ soll mit Wohn- und Bürogebäuden aufgewertet werden.

Markt: Zwar hat Holland die internationale Krise vergleichsweise gut überstanden. Doch ohne Blessuren kommt niemand davon. So hat der Immobilienberater Jones Lang LaSalle im vergangenen Jahr weniger als fünf Milliarden Euro Umsatz ermittelt, deutlich weniger als in den Jahren zuvor. Die Mieten stagnieren landesweit. Die Leerstandsquote liegt bei rund 14 Prozent. Das ist viel, allerdings sind darunter zahlreiche Gebäude, die nicht mehr zu vermieten sind. Sie machen ein Drittel des leer stehenden Bestandes aus.

Rotterdam: Die Stadt stellt mit 4,6 Millionen Quadratmetern nach Amsterdam und Den Haag den drittgrößten Markt der Niederlande. Das durchschnittliche Niveau liegt bei 135 Euro Jahresmiete pro Quadratmeter. Aktuell stehen hier knapp 15 Prozent der Büros leer. Das niederländische Immobilienunternehmen Bouwfonds Real Estate Investment Manager geht von einem deutlichen Rückgang bis 2014 aus. Verantwortlich dafür ist die Zurückhaltung der Entwickler. Verschiedene Neubau-Projekte wurden vorläufig ausgesetzt oder komplett abgeblasen. Die typische Bürolage befindet sich auf der anderen Seite der Maas. Zeichner spekulieren daher darauf, dass das Konzept „Stadshavens“ mit seinem Wandel zu einem alternativen Dienstleistungsstandort aufgeht.

Mieter: Cofely Nederland hat einen Vertrag über 15 Jahre unterschrieben. Das Unternehmen bietet technische Dienstleistungen im Bereich Anlagen- und Kältebau. Es gehört zur GDF SUEZ-Gruppe, einem der weltweit führenden Energieanbieter. Größter SUEZ-Aktionär ist der französische Staat mit 36 Prozent. Cofely zahlt 152 Euro pro Quadratmeter und Jahr und dazu 800 Euro für jeden Stellplatz. Die Miete liegt über dem Rotterdamer Durchschnitt und muss sich am Standort erst durchsetzen.

Investition: Der Fonds kommt inklusive aller Kosten auf ein Investitionsvolumen von knapp 18 Millionen Euro. Anleger sind ab 25.000 Euro plus fünf Prozent Agio mit insgesamt rund elf Millionen Euro dabei. Sieben Millionen Euro muss der Fonds bei einer Bank aufnehmen und rechnet mit über Swaps gesicherte Zinsen von 4,2 Prozent. Die Tilgung beginnt bei 0,75 Prozent – etwas mager, aber bei einem Fremdkapitalanteil von 39 Prozent zu verkraften.

Kalkulation: Wie nahezu alle Immobilienbeteiligungen ist auch dieses Angebot auf unbestimmte Zeit konzipiert. Tatsächlich will Wölbern die Immobilie schon nach gut sechs Jahren wieder verkaufen. In seiner Prognoserechnung kommt der Initiator auf jährliche Ausschüttungen von 5,5 Prozent vor Steuern und einen Verkaufserlös in Höhe von 104 Prozent. Macht im Prospekt-Szenario ein Ergebnis von 138,5 Prozent vor Steuern.

Exit: Beim Verkauf rechnet Wölbern mit dem Faktor 15,38. Der liegt damit leicht unter dem Einkaufsfaktor. Dafür ist die Miete in der Prognose um rund zwölf Prozent gestiegen. Dem liegt eine Inflationserwartung von 2,25 Prozent zu Grunde.

Anbieter: Wölbern Invest ist ein alter Hase im Geschäft mit Hollandfonds. Beleg dafür ist die laufende Nummer 72. Insgesamt hat das Emissionshaus 1,9 Milliarden Euro in niederländische Immobilien investiert, davon 950 Millionen von Anlegern. Anfang des Jahres hat Wölbern darüber abstimmen lassen, die freie Liquidität der Fonds in einem Pool zusammenzufassen und daraus Darlehen für einzelne Gesellschaften auszuzahlen. Der Plan fand nicht bei allen Anlegern Zustimmung. Auch der aktuelle Fonds Nummer 72 wird an dem Liquiditätspool teilnehmen.

Steuern: Der holländische Fiskus besteuert eine fiktive Rendite von vier Prozent. Hierzulande kassiert das Finanzamt 25 Prozent Abgeltungssteuer.

Weiche Kosten: Sie summieren sich auf rund 18 Prozent des Eigenkapitals inklusive Agio oder gut elf Prozent der Gesamtinvestition. Das ist in Ordnung.

Meiner Meinung nach… Green Building Neubau mit 15 Jahres-Mietvertrag in Rotterdam. Die Kalkulation ist nachvollziehbar, der Initiator ein Experte in Sachen Hollandimmobilien. Wölbern will den Fonds nach sechs Jahren wieder auflösen und das Gebäude mit Gewinn verkaufen. Damit die Rechnung aufgeht, muss sich der Standort am Waalhaven vom Industriestandort zur Bürolage entwickeln. In diesem Fall kann das Objekt mit gut acht Jahren Restmietlaufzeit für Käufer interessant sein.



Über den Autor

Markus Gotzi

Chefredakteur „Der Fondsbrief“
Tel.: +49 (0) 221 – 97 58 97 75
E-Mail: redaktion@markusgotzi.de

Er ist Träger des Deutschen Journalistenpreises und des Deutschen Preises für Immobilienjournalismus. Viele Jahre lang verfasste der Diplom-Journalist Artikel zu allen Themen rund um die Immobilie und andere Sachwerte in der Financial Times Deutschland. Zudem war Markus Gotzi vier Jahre als Redakteur für das Wirtschaftsmagazin Capital tätig.

Aktuell publiziert er unter anderem in überregionalen Blättern wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und in Branchenmagazinen wie dem Immobilien-Manager. Zudem ist Markus Gotzi Chefredakteur des Fachmediums »Der Fondsbrief«, dem bundesweit auflagenstärksten Newsletter mit Schwerpunkt geschlossene Beteiligungsmodelle und Sachwertinvestitionen.