Hohe Hürden auf dem Weg zur Straffreiheit

 Gesetzentwurf verschärft Vorschriften für die Selbstanzeige von Steuersündern

 Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, und der Fiskus macht im Kampf gegen Steueroasen erfolgreich mobil. Flankiert wird dies jetzt durch eine Verschärfung bei der strafbefreienden Selbstanzeige. Das betrifft den Bäckermeister mit unversteuerten Betriebseinnahmen und den Sparer mit Schwarzgeld in der Schweiz genauso wie den Anleger in geschlossene Fonds. Zwar kann der Fondssparer seine Beteiligungseinkünfte kaum vor dem Finanzamt verheimlichen, denn die von den Gesellschaften aufgestellten Daten aus den Feststellungserklärungen über Gewinne und Überschüsse wandern automatisch an die Wohnsitzfinanzämter der einzelnen Anleger.

Doch sollen Steuersünden gebeichtet werden, lässt sich die erwünschte Steuerfreiheit nur noch dann erreichen, wenn alle Taten auf den Tisch des Finanzamts kommen. Durch den Gesetzesplan ist es nicht mehr möglich, dass beispielsweise der Fondssparer die bislang unversteuerten Mittel für die Investition in eine Fondsbeteiligung angibt, nicht aber die geheimen Schwarzeinkünfte aus seinem Unternehmen.

Auch für Fondsgesellschaften können die geplanten Neuregelungen relevant sein. Das gilt insbesondere für die Geschäftsführung in Hinsicht auf die erstellten Steuererklärungen. Gibt es hier eine leichtfertige Steuerverkürzung etwa durch schlampige Buchführung, stellt das eine Ordnungswidrigkeit dar. Derzeit konnten die Fehler noch berichtigt werden, bis die Betriebsprüfung vor der Tür steht. Künftig schließt sich das Fenster bereits, wenn die Prüfungsanordnung vom Finanzamt ins Haus flattert. Gründe genug, sich mit den in Kürze anstehenden Änderungen bei der Selbstanzeige zu beschäftigen, die Fondsanleger über ihre Beteiligungen hinaus tangieren.

Das neue Gesetz

Der Regierungsentwurf zum Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung – kurz: Schwarzgeldbekämpfungsgesetz – will die Regeln für eine strafbefreiende Selbstanzeige verschärfen, indem Strafbefreiung künftig nur noch dann gewährt wird, wenn der Sünder dem Fiskus umfassend alle Hinterziehungssachverhalte mitteilt, die strafrechtlich noch nicht verjährt sind.

Damit ist eine Teilselbstanzeige, bezogen auf bestimmte Sünden, sowie einzelne Kreditinstitute oder Länder, nicht mehr möglich. Auslöser für dieses Vorhaben ist insbesondere das taktische Verhalten der Hinterzieher, nachdem CDs mit Bankdaten über deutsche Kunden aus der Schweiz und Liechtenstein aufgetaucht waren. Viele Betroffene erstatteten noch schnell Selbstanzeige, bevor die Beamten die CDs auswerten konnten. Dabei war aufgefallen, dass sich die Meldungen häufig ausschließlich auf das durch Medienveröffentlichungen bekannt gewordene Herkunftsland der Datenträger sowie die dort genannten Geldinstitute beschränkten. Der Unternehmer hatte also beispielsweise sein Schwarzgeld aus Vaduz komplett nacherklärt, nicht aber die hinterzogene Umsatzsteuer aus seiner heimischen Firma oder das in einen

Fonds investierte Geld von den Bahamas.

Mit dem Gesetz werden insbesondere zwei Ziele verfolgt:

1. Straffreiheit entfällt bei der bewussten gestückelten Teilselbstanzeige je nach Entdeckungsrisiko. Erforderlich ist, dass die Sünden aller in Frage kommenden Steuerarten zutreffend nacherklärt werden, und zwar für sämtliche strafrechtlich bisher noch nicht verjährten Zeiträume. Die Strafverjährung bei Steuerhinterziehung beträgt im Regelfall fünf Jahre, daher müssen sämtliche Verfehlungen aus diesem vergangenen Zeitrahmen nacherklärt werden, um mit der Selbstanzeige Straffreiheit erlangen zu können.

2. Der Zeitpunkt, ab wann eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich ist, wird nach vorne gezogen. Sobald die Anordnung über eine Betriebsprüfung dem Täter oder seinem Vertreter bekannt gegeben wird, kann es keine Selbstanzeige mehr geben. Derzeit wird auf das Erscheinen des Prüfers abgestellt. Da der Beamte in der Praxis frühestens vier Wochen nach Ankündigung kommt, hatten Fondsgesellschaften, Selbstständige und vermögende Privatanleger noch ausreichend Zeit, ihre Steuerangelegenheiten zu sichten und zu korrigieren. Das können sie zwar künftig auch noch, aber ohne Aussicht auf Straffreiheit.

Dieser geänderte Zeitfaktor sowie der Ausschluss für die Teilselbstanzeige gelten auch für eine leichtfertige Steuerverkürzung. Hier werden nicht bewusst und vorsätzlich Abgaben hinterzogen, sondern durch mangelhafte Organisation oder schlampige Vorgehensweise zu geringe Steuerbeträge in Kauf genommen. Dies geht aber über das eigentliche Gesetzesziel hinaus, das Taktieren mit dem Entdeckungsrisiko zu unterbinden. Denn einer leichtfertigen Steuerverkürzung kann keine bewusste Hinterziehungsstrategie zugrunde liegen. Hat beispielsweise die Fondsgesellschaft in der Buchführung einige Mängel und erkennt sie die, nachdem die Prüfungsanordnung in der Post liegt, kann sie das künftig nicht mehr ohne Sanktionen für die zuständigen Personen gerade biegen. Das Gesetz tritt allerdings nicht mehr 2010 in Kraft. Daher lassen sich strafbefreiende Selbstanzeigen nach den derzeitigen Regeln zumindest noch im Januar 2011 stellen.

Praktische Hinweise

Das Kontrollnetz des heimischen Fiskus wird immer dichter, und die bislang eher verschwiegenen Steueroasen wollen jetzt Auskünfte über steuerliche Angelegenheiten geben. Damit werden Anleger immer gläserner und denken verstärkt über eine Selbstanzeige beim Finanzamt nach. Das betrifft auch Fondsanleger, weil die Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen IZA alle Daten über Auslandsbeteiligungen säuberlich sammelt, auf die auch die Wohnsitzfinanzämter zugreifen können. Zudem ist der Betriebsprüfer bei den Fondsgesellschaften turnusmäßig zu Besuch und ebenfalls bei den Anlegern, wenn sie entweder selbstständig tätig sind oder als Privatier ein Einkommen ab einer halben Million aufwärts vorweisen.

Wer erfolgreich das Mittel der Selbstanzeige nutzt, geht straffrei aus und muss weder Geldstrafen noch Gefängnis fürchten oder sich einem Gericht stellen. Die Strafen für Steuerhinterziehung jedoch wurden zuletzt deutlich verschärft. Das resultiert aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az. 1 StR 416/08), wonach Betroffene bei hinterzogenen Steuern in Millionenhöhe in aller Regel nicht mehr auf Bewährung davon kommen. Nunmehr ist nur noch bis 50.000 Euro eine Geldstrafe die Regel und bei größeren Steuerhinterziehungen kann schon eine Freiheitsstrafe zu verhängen sein. Bei Beträgen ab 100.000 Euro kommt es zu einer Freiheitsstrafe zur Bewährung zwischen sechs Monaten und bis zu zwei Jahren. Ab einer Million kommt sogar eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr in Betracht. Bewährung ist dann nicht mehr möglich.

Wer dem Fiskus zu geringe Einnahmen oder überhöhte Ausgaben deklariert hat, und dies im Nachhinein über die Selbstanzeige korrigieren will, kann diese freiwillige Meldung beim Finanzamt formlos erledigen. Sie muss aber die Vergehen detailliert beschreiben, damit das Finanzamt im Prinzip in die Lage versetzt wird, ohne weiteren Ermittlungsaufwand geänderte Steuerbescheide erlassen zu können. Notwendig sind also in der Praxis genaue Zahlenangaben, die durch Unterlagen belegt werden.

Dabei sollte die Selbstanzeige nicht ohne die Hilfe kundiger Experten vorgenommen werden. Denn die Strafverfolgungsbehörden sind grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, nach Eingang einer Selbstanzeige ein Strafverfahren zum Zwecke der Prüfung der Straffreiheit einzuleiten. Dies hatte jüngst der Bundesfinanzhof entschieden (Az. VIII R 5/06). Daher kann es bei ungünstigem Verlauf im Nachhinein dazu kommen, dass wider Erwarten wegen formaler Fehler keine Straffreiheit eintritt und neben Steuernachzahlung und Hinterziehungszinsen auch noch Geldbußen anfallen.